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Das Klinikum Ernst von Bergmann in Potsdam ist eines der wichtigsten Krankenhäuser in Brandenburg.

© dpa/Monika Skolimowska

Folgen der Infektionswelle: Potsdamer Kinderklinik spürt „hohe Belastung“

Die vielen Atemwegsinfekte sind längst auch in der Landeshauptstadt angekommen. Am Klinikum rechnet man bis mindestens Januar noch mit Problemen. 

Die deutschlandweite Welle von Atemwegsinfekten ist auch im Potsdamer Bergmann-Klinikum zu spüren. „Wir sehen aktuell eine sehr hohe Auslastung aller Betten in der Kinderklinik“, teilte das kommunale Unternehmen am Freitag auf PNN-Anfrage mit. Diese hohe Belastung werde vermutlich bis in den Januar oder Februar anhalten. „Wir befinden uns in enger Abstimmung mit benachbarten Kinderkliniken/-abteilungen, um die steigende Zahl von RSV-Fällen weiterhin bestmöglich zu behandeln.“, sagte Thomas Erler, Chefarzt und Ärztlicher Direktor des Klinikums.

Durch die enge Abstimmung mit benachbarten Kinderkliniken sorge man dafür, dass die Kinder ihre medizinisch notwendige Versorgung erhalten, hieß es weiter. „Wir stimmen uns in der Fläche ab. Das reicht bislang noch aus“, sagte Erler. Zur Frage, ob schon Kinder in andere Kliniken verlegt werden mussten, weil zu wenig Betten frei waren, erklärte das Gesundheitsunternehmen: „Auch im ‘normalen’ Alltag kommt es immer wieder zu Verlegungen von Patient:innen, wenn vorübergehend keine Betten frei sind.“

Thomas Erler, der Ärztliche Direktor der Kinder- und Jugendklinik des Bergmann-Klinikums.
Thomas Erler, der Ärztliche Direktor der Kinder- und Jugendklinik des Bergmann-Klinikums.

© Andreas Klaer

Klinik in Brandenburg an der Havel sieht sich am Limit

Wie berichtet, mussten in Brandenburger Kinderkliniken bereits Patienten aus Berlin aufgenommen werden, weil dort keine Krankenhausbetten mehr frei waren. „Wir sind tagtäglich am Limit bei der Aufnahme von Patienten“, sagte Chefarzt Hans Kössel der Deutschen Presse-Agentur. Er leitet seit mehr als 20 Jahren die Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am Klinikum Westbrandenburg in Brandenburg an der Havel. „Wir haben im Augenblick eine heftige RSV-Welle.“

Der gefährliche Erreger RSV – das Respiratorische Synzytial-Virus – hat die Lage in Kinderkliniken deutschlandweit verschlechtert. Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) sprach zuletzt von einer „katastrophalen Lage“ auf den Kinder-Intensivstationen.

Zwei Drittel der Betten in seiner Kinderklinik seien mit Patienten mit schweren Atemwegsinfektionen belegt, sagte Kössel. Viele der behandelten Kinder bräuchten Sauerstoff. „Das ist nicht der Standard.“ Teils gebe es über Stunden keine freien Betten mehr. Auch an der Kinder- und Jugendklinik am Standort Potsdam hieß es: Bis zu 80 Prozent der Patient:innen auf der Kinderstation seien aufgrund einer RSV-Infektion in Behandlung. 

Am Standort Brandenburg an der Havel nahm die Klinik Kössel zufolge zehn bis 15 Patient:innen aus Berliner Kliniken auf. Krankenhäuser in der Hauptstadt seien offenbar zu sehr „auf Kante genäht“ und hätten keine Reserven eingeplant, meinte er. In der Kinderheilkunde gebe es stets starke Schwankungen bei der Belegung: Im Sommer gebe es freie Kapazitäten, im Winter liefen Kinderkliniken über. Auch im vergangenen Jahr habe es eine heftige RSV-Welle gegeben, die jedoch relativ kurz gewesen sei.

Die Berliner Charité hatte am Donnerstag angekündigt, angesichts der angespannten Situation ein Netzwerk für Kindermedizin mit den anderen Kinderkliniken Berlins einzurichten. „Auch wir müssen aus unserer Notaufnahme Kinder in andere Kliniken in Berlin und Brandenburg verlegen, was sich aufgrund der allgemein angespannten Situation jedoch oftmals schwierig gestaltet“, hieß es aus der Charité.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat rasche Unterstützungsmaßnahmen für akut überlastete Kinderkliniken angekündigt. Unter anderem soll Pflegepersonal aus Erwachsenen- in Kinderstationen verlegt werden.

Nach den Gesetzesplänen der Bundesregierung soll es außerdem für Kinderkliniken in Deutschland in den Jahren 2023 und 2024 jeweils 300 Millionen Euro mehr geben. Die Finanzspritze sei sicher eine große Hilfe für viele Kliniken, sagte Kössel in Brandenburg/Havel. In dieser Zeit sollte dann überlegt werden, welche strukturellen Veränderungen für Kinderkliniken nötig seien. (mit dpa)

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