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Das Potsdamer Rathaus

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

Update

Forderungen an den Oberbürgermeister: Potsdams rot-grün-rotes Bündnis will millionenschwere Mehrausgaben

Billigere Monatskarten für Schüler, kostengünstigeres Schulessen, mehr Klimaschutz: Die Rathauskooperation hat eine lange Wunschliste – trotz des Rekorddefizits.

| Update:

Ein auf neun Euro verbilligtes Schülerticket für den öffentlichen Nahverkehr, einen Preisdeckel für Schulessen, mehr Grünflächenpflege und mehr Schulsozialarbeit: Trotz einem drohenden Rekorddefizit für die Potsdamer Stadtverwaltung will die rot-grün-rote Rathauskooperation der Stadtspitze eine millionenschwere Wunschliste vorlegen. Das machten führende Bündnisvertreter am Freitag bei einer Pressekonferenz im Rathaus deutlich - bei der Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) nicht zugegen war.

Die Liste der Forderungen ist lang, es geht um etwas mehr als zwölf Millionen Euro extra. So geht es ab 2024 allein um 7,5 Millionen zusätzlich für den Sozial- und Jugendbereich. So wolle man - nach der Nachricht über hungernde Kinder im Stadtteil Schlaatz - das kostenlose Frühstücksangebot an einzelnen Grundschulen auf all diese Einrichtungen ausweiten, sagte Sozial.Linke-Fraktionschef Stefan Wollenberg. Zudem soll das Schulessen, für das die Kosten flächendeckend gestiegen waren, auf Summen zwischen drei und vier Euro gedeckelt werden. Auch mehr Sozialarbeit an Schulen und Kitas ist vorgesehen. Gerade Kinder, Jugendliche und Familien hätten in der Pandemie besonders gelitten - daher stelle man deren Belange nun in den Mittelpunkt, hieß es unisono.

Die Vertreter der Rathauskooperation bei der Pressekonferenz (v.l.): Babette Reimers und Pete Heuer (beide SPD), Saskia Hüneke und Gert Zöller (beide Grüne), Stefan Wollenberg und Sigrid Müller (Sozial.Linke).
Die Vertreter der Rathauskooperation bei der Pressekonferenz (v.l.): Babette Reimers und Pete Heuer (beide SPD), Saskia Hüneke und Gert Zöller (beide Grüne), Stefan Wollenberg und Sigrid Müller (Sozial.Linke).

© Ottmar Winter/ PNN

Radwege sollen schneller gebaut werden

So will die Kooperation das aktuell noch mit rund 25 Euro pro Monat zu Buche schlagende Schülerticket Potsdam AB auf nur noch neun Euro verbilligen. Es gehe dabei auch darum, die Zielgruppe bereits an den öffentlichen Nahverkehr zu gewöhnen, machte Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke deutlich. Den Klimaschutzförderfonds will man von 50.000 Euro auf 200.000 Euro erhöhen. Mehr Geld müsse es auch für den Bauerhalt und die Grünpflege geben. „Was wir dort jetzt nicht investieren, wird in Zukunft noch deutlich teurer“, sagte Grünen-Fraktionschef Gerd Zöller. Auch schon länger geplante Radwege müssten schneller kommen, ebenso die längst beschlossene Fahrradstaffel des Ordnungsamts.

Schon dieses Jahr will die Kooperation auch 1,3 Millionen Euro für die Kultur zusätzlich ausgeben. Es gehe dabei um einen Inflationsausgleich für freie Träger, aber auch um die Fortführung kleinerer Projekte wie der Inselbühne. Nicht zuletzt will man auch eine im Bürgerhaushalt von tausenden Teilnehmern geforderte Jugendaktionsfläche im Nuthepark am Hauptbahnhof durchsetzen - wogegen sich Finanzdezernent Burkhard Exner (SPD) bisher vehement gewehrt hatte, eben aus Kostengründen.

Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD).
Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD).

© Ottmar Winter PNN/Ottmar Winter PNN

So geht Exner bis Ende 2027 von einem Defizit in Höhe von rund 200 Millionen Euro aus - damit wären die dreistelligen Millionenrücklagen, die Potsdam noch besitzt, voraussichtlich aufgebraucht. Grund sind unter anderem die mehrstelligen Millionenkosten für das Klinikum, die Tariferhöhung im öffentlichen Dienst, zusätzlich nötige Schulplätze und die geplanten Flüchtlingsunterkünfte. Deswegen planen Schubert und Exner, ab 2024 ein Sparprogramm aufzulegen, das einige Monate vor der Kommunalwahl im nächsten Frühsommer beschlossen werden könnte. Hier geht es um 24 Millionen Euro, die pro Jahr weniger ausgegeben werden sollen als bisher geplant.

Hingegen haben auch die Fraktionen aus der Opposition im Stadtparlament schon Mehrausgaben in Millionenhöhe angemeldet. Heuer machte deutlich, auch solche Wünsche aufgenommen zu haben - für einen mit Mehrheit getragenen Haushaltsbeschluss. Zu Schuberts Sparwillen hieß es, die Kooperation werde sich dabei einbringen.

Wir sind der Souverän.

SPD-Fraktionschef Pete Heuer zum Rollenverständnis der rot-grün-roten Rathauskooperation

Denn aus Sicht der Kooperation ist durchaus noch Geld vorhanden. So gehe man in Sachen Finanzierung von erwartbaren Haushaltsüberschüssen 2020 und 2021 aus, ebenso von Steuermehreinnahmen und höheren Erträgen aus Verwarn- und Bußgeldern. Aus dem Brandenburg-Paket für klamme Kommunen erwartet Heuer zweistellige Millionenbeträge - hier geht Exner nur von knapp zehn Millionen Euro aus. Außerdem müsse es laut Heuer eine Neukalkulation für die Unterbringung von Flüchtlingen geben - hier rechne Kämmerer Exner nur mit drei Jahren Abschreibung, üblich seien aber zehn Jahre. Damit würden die bisher angenommenen Millionenbeträge für diesen Etatposten deutlich sinken, so Heuer.

„Der Kämmerer hat natürlich immer Sorgenfalten - deswegen dürfen wir uns aber nicht die Handschellen anlegen lassen“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Babette Reimers. „Wir sind der Souverän“, sagte SPD-Mann Heuer. Nachdem überraschenden Wechsel an der Spitze der SPD-Fraktion vor einigen Wochen war bereits als Marschroute ausgegeben worden, die Fraktion müsse sich auch gegenüber dem Oberbürgermeister klarer profilieren. Die Liste sei Schubert bereits bekannt, hieß es aus der Kooperation.

Schubert selbst hatte diese Woche bereits angekündigt, er könne sich Einsparungen bei den Planungen für den Stadtkanal und für eine Holzbauinitiative vorstellen und diese um drei Jahre verschieben. Diese beiden Projekte nahm die Rathauskooperation in ihrer Pressemitteilung zur Wunschliste auf - als Beispiele für Vorhaben, wo nun die Spielräume geringer seien. Auch mit dabei in dieser Aufzählung: die von Schubert vorangetriebenen Umbaupläne für die defizitäre Biosphäre und das ebenso von ihm erdachte Forum an der Plantage zwischen Rechenzentrum und Turm der Garnisonkirche. Auf die Nachfrage, ob das ein Hinweis darauf sei, dass diese beiden Themen auch um Jahre verschoben werden sollten, sagte Sozial.Linke-Fraktionschefin Sigrid Müller vielsagend: „Es ist ein Hinweis.“

In einer ersten Reaktion auf die Pläne zeigte sich Schubert gesprächsbereit. Gerade bei der Entlastung von Familien sehe er sich nah bei seiner Partei, machte er deutlich. Das sei eine Prioritätensetzung - an anderer Stelle werde man dafür weniger ausgeben können. Man müsse sich gemeinsam beraten - auch mit den anderen Fraktionen im Stadtparlament. Er wolle weiter an einer stabilen Mehrheit für den Doppelhaushalt 2023/2024 und für das Stabilisierungsprogramm im nächsten Jahr arbeiten.

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