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Steffi Pyanoe

© Sebastian Gabsch/PNN

Mozart und die Deutsche Bahn : Warum es sich immer wieder lohnt

Die Sorge, zu spät zu sein, kann einem Nerven kosten. Manchmal ist am Ende alle Aufregung umsonst gewesen.

Eine Kolumne von Steffi Pyanoe

Unfreiwillige Urlaubsverlängerung und die Kolumne ist nicht fertig. Und ich bin ohne Rechner unterwegs. Ich muss nach Hause, denn die Kollegen warten auf den Text. Ich warte im Servicecenter der Deutschen Bahn auf das Ende der Raucherpause der Dame am Schalter. Denn ich brauche ein neues Ticket. Dann warte ich auf den Zug. Der Zug hat Verspätung, denn er wartet auf den Gegenzug. Ich bete, dass der Anschlusszug wartet. Die Durchsage erläutert den Reisenden höflich den Verspätungsgrund, aber nicht, ob der Anschluss gewährleistet ist. Prioritäten.

Im Zug lese ich. Vier Essays über das Warten. „Warten kann ein beharrlicher Kampf sein.“

Das letzte Mal habe ich diesen Kampf im Nikolaisaal gekämpft. Und es lag nicht an mir. Ich war extra zeitig losgefahren, mit einem dicken Puffer für alle Fälle. In diesem Fall: Eine Schlange vom Ticketschalter bis ins Foyer, fast bis an den Garderobentresen. Geben Sie doch schon Ihre Jacken ab, schlägt eine nette Hostess vor, aber das macht kaum einer, erstmal muss man schließlich eine Karte ergattern. Gibt es überhaupt noch welche? Die Schlange schleicht. Flankiert von weiteren Mitarbeiterinnen, die tiefenentspannt lächeln.

In mir bricht Panik aus, noch 20 Minuten, noch 10, dann beginnen Mozarts geniale Klavierwelten mit einem genialen russischen Pianisten und der Kammerakademie, da verbietet sich jedes zu späte Geklappere mit Saaltüren. Noch 5 Minuten. Ich habe mittlerweile freien Blick auf den Tresen und möchte mir die Haare raufen. Warum ist nur ein Rechnerarbeitsplatz besetzt? Warum kommt nicht eine der netten Damen aus dem Begleittross zur Hilfe? Oder ist der Rechner kaputt? Gestört? Virusopfer? Wir sind ja nun Kummer gewöhnt, aber doch nicht kurz vor Konzertbeginn!

Endlich flitze ich mit dem Ticket zur Garderobe, und die ist, wow, ohne Gebühr, als hätten sie geahnt, dass es eng wird. Halleluja und rein in den Saal. Ausatmen, in den bequemen Sitz sinken. Mozart. Erkenntnis: Das Orchester wartet natürlich, bis alle Ticketinhaber da sind, es ist wie im Flieger und wie mit dem Anschlusszug. Und wie mit den Kollegen.

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