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Musikpädagogin Juliane Esselbach sucht noch Jugendliche für ein Musical über Anne Frank.

© Andreas Klaer

Musical über Anne Frank in Potsdam: Jugendliche für „Kitty – gegen das Vergessen“ gesucht

Die Gesangspädagogin Juliane Esselbach plant für den Herbst eine Neuauflage des Musicals „Kitty – gegen das Vergessen“. Dafür sucht sie noch spiel- und singfreudige Jugendliche.

Noch ist der Friedenssaal in der evangelischen Friedenskirchengemeinde Potsdam-Sanssouci leer, die Stühle gestapelt, der Vorhang zu. Ab nächster Woche beginnen hier die Proben für das Musical „Kitty – gegen das Vergessen“ im Herbst. Dafür werden noch Jugendliche zwischen 12 und 16 Jahren gesucht, die gern singen und Theater spielen oder in der begleitenden Band mitmachen möchten.

Gesangspädagogin Juliane Esselbach hat das Stück bereits 2013 in Potsdam auf die Bühne gebracht; ihre aktuellen Pläne sind eine Reaktion auf die heutigen rechtsradikalen und antisemitischen Entwicklungen und ihre Antwort auf die Frage, was man außer Demos noch tun kann. „Kinder und Jugendliche sind diejenigen, die in ein paar Jahren wählen gehen. Deshalb finde ich es wichtig, mit ihnen ins Gespräch zu kommen, sagt Esselbach.

Ich selber habe eine Friedenserziehung erlebt und dabei Werte wie Demokratie und Toleranz gelernt.

Juliane Esselbach, Gesangspädagogin

Sie arbeitet bereits seit 20 Jahren mit Kindern und Jugendlichen zusammen und leitet drei Chöre in der Friedenskirchengemeinde. „Ich selber habe eine Friedenserziehung erlebt und dabei Werte wie Demokratie und Toleranz gelernt“, erzählt sie. Auch die Ausläufer des Nationalsozialismus haben sie bis heute geprägt. Deshalb möchte sie den Jugendlichen zeigen, welche Auswirkungen eine politische Haltung hat. „In unserer Gemeinde sind viele intellektuelle, privilegierte Familien. Das ist nicht der Maßstab“, sagt Esselbach. Über eine durchmischte Gruppe an interessierten Jugendlichen würde sie sich freuen.

Die Tagebucheinträge des jüdischen Mädchens Anne Frank, das sich 1942 bis 1944 mit ihrer Familie und anderen in einem Amsterdamer Hinterhaus vor den Nationalsozialisten versteckte und mit 15 Jahren im Konzentrationslager Bergen-Belsen an Typhus starb, sind weltberühmt. Seit seiner Veröffentlichung 1947 wurde das Tagebuch in mehr als 70 Sprachen übersetzt.

Juliane Esselbach hat das Musical bereits 2013 in Potsdam aufgeführt.
Juliane Esselbach hat das Musical bereits 2013 in Potsdam aufgeführt.

© Alicia Rust

Das Musical mit seinen eingängigen Songs hat der Komponist Michael Schmoll bereits 2008 geschrieben; Auslöser war ein Hakenkreuz-Graffitti an einer Osnabrücker Schule. Esselbach hat die Tagebucheinträge in Spielsequenzen übersetzt. „In der Musical-Form fängt die Musik die Emotionalität der Texte ab“, so Esselbach. Die ist in der ganzen Bandbreite von Wut über Verzweiflung, Hoffnung und dem kleinen Glück im Stück vertreten. Das Thema ist intensiv, vor allem wegen seiner Aktualität.

Keine Vorkenntnisse nötig

Um Mitzuwirken sind keine Vorkenntnisse nötig; interessierte Jugendliche werden nach ihren Fähigkeiten eingesetzt. „Es ist sehr wertvoll gemeinschaftlich zu musizieren“, sagt sie. Im Schauspiel werden Jugendliche sich ihrer eigenen Wirkung bewusst, das Selbstbewusstsein wird gestärkt.

„Das Tolle ist, dass Anne Frank das Tagebuch geschrieben hat während sie zwischen 13 und 15 war. Sie wirft darin Fragen auf, die noch heute aktuell sind“, sagt Juliane Esselbach. „Kitty“ ist darin Anne Franks fiktive Freundin, an die sie ihr Tagebuch richtet. Passend zu einem Alter, in dem Jugendliche sich oft nach jemandem sehnen, der sie versteht.

Auch das Thema Zivilcourage spielt eine wichtige Rolle: Wäre beispielsweise die Sekretärin Miep Gies nicht gewesen, die die Familie in ihrem Versteck versorgte und später auch das Tagebuch fand, nicht gewesen, hätte die Familie wohl nicht so lange überlebt. Juliane Esselbach nutzt theaterpädagogische Übungen, um auf Zivilcourage im Alltag hinzuweisen: Wenn ich jemand in Not sehe: Helfe ich? Sage ich etwas? „Die Gesellschaft lebt doch von solchen Leuten!“

Jugendliche gehen in ein paar Jahren wählen. Wichtig, mit ihnen ins Gespräch zu kommen.

Gesangspädagogin Juliane Esselbach
Musicals "Kitty - Gegen das Vergessen" aus 2013, die für einen Aufruf zur Neuauflage genutzt werden. 
Musicals "Kitty - Gegen das Vergessen" aus 2013, die für einen Aufruf zur Neuauflage genutzt werden. 

© Alicia Rust

„Ich hoffe mit dem Musical Menschen im Innersten zu erreichen und sie betroffen zu machen, vielleicht zu schockieren. Ich befürchte allerdings, dass es nicht mehr schockiert, weil der Hass so unkommentiert bleibt“, sagt Juliane Esselbach. „Das Stück zeigt deutlich die Repressionen, die es Juden unmöglich machten ins Schwimmbad zu gehen oder Straßenbahn zu fahren, weil die Stimmen so laut werden konnten. So laut dürfen sie nie wieder werden!“

Jugendliche, die in der Band, dem Chor oder als Schauspielerinnen und Schauspieler mitwirken möchten, können sich unter juliane.esselbach@web.de bei der Gesangspädagogin melden. Musiker und Musikerinnen für die Band sollten Klavier, Querflöte, Saxofon, Gitarre, Bass oder Schlagzeug spielen können. Proben finden bis zur Aufführung am 5. Oktober in der Friedenskirche jeden Mittwoch von 17 bis 18:30 Uhr statt. Dazu kommen noch zwei bis drei Probenwochenenden.

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