zum Hauptinhalt
Neubau Knesebeckbrücke

© Boris Buchholz

Zwischen Teltow und Zehlendorf: Bei der Knesebeckbrücke wird um die Breite der Radwege gestritten

Die wichtige Verbindung zwischen Berlin und Brandenburg soll ersetzt werden. 2028 soll der Neubau fertig sein. Doch noch sind viele Fragen offen.

Die einen wollen 2,50 Meter, die anderen 1,50, die dritten zwei Meter: Seit Jahren steht der Neubau der Knesebeckbrücke über den Teltowkanal zwischen Teltow (Potsdam-Mittelmark) und Berlin-Zehlendorf auf der Hier-müssen-wir-ran-Liste des Wasserstraßen-Neubauamts Berlin. Doch waren bisher immer andere Brücken baufälliger – erst die Rammrathbrücke (eine Brücke nach Westen; ist seit 2021 fertig), dann die Bäkebrücke (drei Brücken nach Osten; wird von 2024 bis 2026 erneuert). Ab 2026 wird dann die viel befahrene Knesebeckbrücke an die Neubau-Reihe kommen.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Da sich der Neubau der Bäkebrücke verzögert, hinkt auch der Neubau der Knesebeckbrücke dem Zeitplan schon wieder ein Jahr hinterher, frühestens 2028 wird sie fertig sein. Außerdem kann das Wasserstraßen-Neubauamt (WNA) die Planungen aktuell nicht voranbringen. Denn Teltow und Berlin haben unterschiedliche Vorstellungen davon, wie breit die Brücke sein soll.

Hauptstreitpunkt sind die Breiten der Radwege. Das WNA hatte Radwege mit einer Breite von 1,50 Meter vorgeschlagen, die Fußwege auf beiden Seiten sollten 2,25 Meter breit sein, die zwei Fahrbahnen 3,25 Meter. Mit Schutzstreifen ergab sich eine Brückenbreite von 15,51 Meter – was fünf Meter breiter ist als der seit 1990 genutzte Behelfsbau (10,24 Meter).

Dem Berliner Senat waren die Rad- und Fußwege zu schmal. Im März wies die Senatsverkehrsverwaltung das WNA darauf hin, dass nach dem Berliner Mobilitätsgesetz Radfahrer und Fußgänger jeweils eine Wegbreite von 2,50 Meter benötigen. Die Brücke, die der Senat sich wünschte, war 18,50 Meter breit. Drei Meter, könnte man meinen, sind nicht die Welt. Allerdings kam das WNA in einer Schätzung zu dem Ergebnis, dass sich die Mehrkosten für die Verbreiterung auf etwa 1,16 Millionen Euro belaufen würde – zusätzlich zu den je nach Inflationsentwicklung sieben bis neun Millionen Euro Basis-Baukosten für die 15,51-Meter-Variante. Die Mehrkosten müssten sich Berlin und Teltow teilen.

 1,16
Millionen Euro sollen die Mehrkosten betragen.

580.000 Euro zusätzlich? Dazu ist Teltow nicht bereit. In einer ersten Vorlage an die Stadtverordnetenversammlung empfahl Teltows Bürgermeister Thomas Schmidt (SPD), bei der vom WNA vorgeschlagenen Maßen und der Breite von 15,51 Meter zu bleiben. Dann besserte die Stadtverwaltung nach: Zwar soll die Brücke nicht breiter werden, aber die Rad- und Fußwege könnten auf eine Breite von zwei Metern anwachsen. Dafür würden die Fahrbahnbreiten je um 25 Zentimeter schrumpfen; sie wären dann drei Meter breit. „Diese Fahrbahnbreite wurde auch auf der Rammrathbrücke gewählt und hat sich dort als funktional erwiesen“, wird argumentiert. Außerdem könnte auf einen Sicherheitstrennstreifen zwischen Rad- und Fußweg verzichtet werden, was eine weitere Breiteneinsparung von einem Meter bringt.

Die Teltower Seite ist nicht nur wegen der höheren Kosten für die Brücke selber besorgt. Denn würde die Brücke breiter werden, müsste auch die Straße breiter werden. Auf Teltower Seite wäre dann „mit erheblichen Eingriffen im Landschaftsschutzgebiet zu rechnen“, heißt es in der Beschlussvorlage. Sorge Nummer zwei: „Der vorhandene Kreisverkehr müsste aufwendig umgebaut werden im Bezug auf Fuß- und Radverkehr.“ Die Stadtverwaltung rechnet mit notwendigen Baukosten „sicherlich im siebenstelligen Bereich“.

Teltower Damm muss umgebaut werden

Diese Sorgen hat die Berliner Seite nicht – oder noch nicht. Klar ist Senat wie Bezirk, dass der Teltower Damm zwischen Teltowkanal und Beeskowdamm umgebaut werden muss. Doch wann und wie und wie teuer ist noch nicht definiert. Die Senatsverkehrsverwaltung verweist auf die Zuständigkeit des Bezirks. „Hier liegt noch keine konkrete Planung vor“, sagt Sprecherin Sara Lühmann auf Nachfrage des Tagesspiegels. „Der Zeitpunkt des Umbaus kann durch das Bezirksamt noch nicht definiert werden.“ Und Verkehrsstadtrat Urban Aykal (Grüne) sagt schlicht: „Für den Neubau des Teltower Damms, der erst nach dem Brückenbau erfolgen kann, muss ein Planfeststellungsverfahren durchgeführt werden.“

Was kommen wird – und das ist unabhängig von der Breite der Brücke –, scheint absehbar. Wenn die neue radfahrer- und fußgängerfreundliche Brücke 2028 hängt, wird der südliche Teil des Teltower Damms mehr oder weniger so sein, wie er heute ist – eine Zumutung für Radfahrende und Zufußgehende. Denn ein Planfeststellungsverfahren durchzuführen, wird Jahre dauern: Der bestehende Straßenraum ist schlicht zu klein für eine nach geltender Rechtslage zu bauenden neue Straße. Grundstücke müssen angekauft oder getauscht, andere umgewidmet werden, vielleicht kommt man auch an einer Enteignung nicht vorbei. Politische Entscheidungen, Gerichtsverfahren, Fachplanungen und die nötigen Bauarbeiten – der Umbau des Teltower Damms ist eine Mammutaufgabe, die Jahre benötigt. Und die noch nicht begonnen wurde.

Heute im Teltower Stadtparlament

Doch in der nahen Zukunft muss erst einmal die Breite der Brücke definiert und von allen Partnern beschlossen werden. 15,50 Meter versus 18,50 Meter: Einigen sich Berlin und Teltow nicht, „können wir nicht weiterplanen“, sagt Caroline Heine vom Wasserstraßen-Neubauamt Berlin am Telefon. Denn für die Ausführungsplanung sei es entscheidend, ob die Brücke drei Meter breiter oder schmaler sei. Die Frau vom WNA ist optimistisch: „Es wird irgendeine Lösung geben, da bin ich mir sicher.“

Wie die aussehen wird, ist unklar. Denn auch der Zwei-Meter-Kompromissvorschlag aus Teltow scheint für den Senat nicht gangbar. „Wir können derzeit nur an dem 2,50 Meter breiten Radwegausbau festhalten, da das Mobilitätsgesetz und die neuen Ausführungsvorschriften Geh- und Radwege nach wie vor Grundlagen für den Bau von Berliner Stadtstraßen sind“, sagt Sara Lühmann. Auch ob Berlin gegebenenfalls bereit wäre, Teltow finanziell unter die Arme zu greifen, ist unklar. „Bisher liegen uns weder Planungen noch Kostenschätzungen vor“, so die Sprecherin. „Wenn diese und die Stellungnahme der Stadt Teltow bekannt sind, können Verhandlungen zwischen den Kreuzungspartnern aufgenommen werden.“

In Teltow wird die Beschlussvorlage des Bürgermeisters in diesen Tagen in den Ausschüssen beraten; am heutigen Mittwoch entscheidet die Stadtverordnetenversammlung. Dann müssen Berlin und Teltow sich zusammensetzen und Klartext sprechen – vielleicht auf einer der Bänke am Uferweg des Teltowkanals mit Blick auf den Teltower Stadthafen, die St. Andreas-Kirche und den Verkehr auf der Knesebeckbrücke.

.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false