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Pal Dardai bleibt auch nach dem Abstieg Trainer von Hertha BSC und ist offensichtlich angriffslustig.

© imago/Matthias Koch/imago/Matthias Koch

Pal Dardai bleibt Trainer von Hertha BSC: Eine Konstante in unruhigen Zeiten

Die Weiterbeschäftigung von Pal Dardai passt in die aktuelle Personalpolitik von Hertha BSC. Doch es geht um mehr als die Befriedigung nostalgischer Gefühle.

Ein Kommentar von Stefan Hermanns

| Update:

In Ställen riecht es selten gut. Man könnte sogar sagen: Meistens stinkt es dort gewaltig. Trotzdem gilt Stallgeruch im Fußball immer noch als etwas Positives. Auch bei Hertha BSC. Oder besser: Ganz besonders bei Hertha BSC.

Zuletzt konnte man fast zu der Erkenntnis gelangen, dass die Zugehörigkeit zu Hertha BSC (im Zweifel auch die frühere Zugehörigkeit) als Nachweis ausreichender Qualität anerkannt wird. Die entscheidenden Positionen im Klub sind in den vergangenen Monaten mit Personen besetzt worden, die schon immer (oder früher mal) für Hertha tätig waren.

Kay Bernstein, der aktuelle Präsident, war Vorsänger in der Kurve. Geschäftsführer Tom Herrich gehörte lange der Geschäftsleitung ein. Sportdirektor Benjamin Weber hat die Nachwuchsakademie geleitet, und Andreas „Zecke“ Neuendorf, Leiter Akademie und Lizenzspielerbereich, war Spieler, Jugend- und Co-Trainer.

Pal Dardai passt ebenfalls bestens in diese Reihe: Er ist Rekordspieler des Klubs, war Trainer in der Jugend (zweimal), war Trainer der Profis (zweimal), ist auch im Moment wieder Trainer der Profis. Und wird es weiterhin bleiben. Das hat der Klub jetzt bekannt gegeben.

Hertha ist in der Lizenzfrage zuversichtlich

Die Nachricht kommt alles andere als überraschend. Schon seit einer Woche ist bekannt, dass Dardai bleiben wird, vorausgesetzt Hertha erhält die Lizenz für die Zweite Liga. Allein die offizielle Bekanntgabe fehlte noch. Dass die nun nachgereicht wurde, nur einen Tag, nachdem der Klub seine Lizenzunterlagen bei der Deutschen Fußball-Liga abgegeben hat, das darf man durchaus als Hinweis deuten. Als Hinweis darauf, dass Hertha die Lizenzerteilung nicht mehr ernsthaft in Gefahr sieht.

Die Nachricht von Dardais Bleiben löst unter Herthas Anhängern ganz sicher keinen großen Widerwillen hervor, selbst wenn mit seinem Namen künftig der Abstieg 2023 verbunden bleiben wird. Die Rettungsmission blieb erfolglos, die Schuld am Abstieg aber trägt der Ungar ganz sicher nicht.

Dardai ist nicht nur eine Vereinsikone, weil er dem Klub über Jahrzehnte die Treue gehalten hat. Er steht auch für eine bessere, erfolgreichere Zeit, die er selbst als Trainer entscheidend mitgestaltet hat. Der Dardai-Fußball mag nicht immer spektakulär ausgesehen haben, dafür waren es Herthas Platzierungen in der Tabelle, wenigstens aus heutiger Sicht.

Noch ist bei Hertha vieles in der Schwebe

Bei Dardais Weiterbeschäftigung geht es nicht um die Befriedigung nostalgischer Anwandlungen, auch wenn sich diese Personalie (siehe oben) perfekt in die aktuelle Vereinspolitik fügt. Die Entscheidung hat sich fast zwingend aus den Umständen ergeben, mit denen Hertha jetzt zurechtkommen muss. Gerade in diesen Wochen, in denen so gut wie nichts fix ist, ist es ein Segen, zumindest auf der Trainerposition eine Konstante zu haben.

Wenn Herthas Profis am 26. Juni mit der Vorbereitung auf die neue Saison beginnen, sind es gerade noch viereinhalb Wochen bis zum Punktspielstart. Selbst dann werden viele Personalien wohl noch nicht abschließend geklärt sein. Umso wichtiger ist es, in einer solchen Situation einen Trainer zu haben, der sich nicht erst eingewöhnen muss; der sich bewusst auf die schwierigen Begebenheiten einlässt, der den Verein in- und auswendig kennt – und vor allem die vielen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs.

Pal Dardai identifiziert sich mit Hertha BSC, und er identifiziert sich auch mit dem sogenannten Berliner Weg. Der Verein will nun wieder verstärkt auf Spieler auf dem eigenen Nachwuchs setzen. Angesichts der finanziellen Not ist das wohl alternativlos, und trotzdem bleibt es ein Wagnis. Die Zweite Liga ist nun mal nicht die U-19-Bundesliga. Da geht es anders zur Sache.

Dardai hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er Mannschaften stabilisieren kann. Auch die Transformation von Talenten zu gestandenen Profis ist ihm am ehesten zuzutrauen. Fordern und fördern: So hat er es immer gehalten.

Schon in den vergangenen Wochen hat sich der Ungar als entschiedener Vertreter der Jugend zu erkennen gegeben. Die Alternative zu einem Verbleib als Cheftrainer wäre daher die Rückkehr in die Akademie gewesen, in welcher Funktion auch immer. Auf der Trainerposition ist Pal Dardai bei Hertha BSC im Moment definitiv besser aufgehoben.

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