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Kopflose Immobilienpolitik? Oder sollten Vermieter einen Kopf kürzer gemacht werden? Die SPD will stärker gegen steigende Mieten vorgehen und fordert einen bundesweiten Mietenstopp. 

© imago/IPON

Vorstoß der SPD-Fraktionsspitze: Ein Mietenstopp ist nur ein Irrweg mehr

Die SPD-Fraktion will nur noch Mieterhöhungen von sechs Prozent innerhalb von drei Jahren zulassen. Die Forderung überdeckt das komplette Versagen in der Wohnungspolitik. Ein Wutausbruch.

Ein Kommentar von Reinhart Bünger

Nun soll es ein Mietenstopp richten. Mangelverwaltung also. Geht’s denn noch? Die Vorschläge der SPD-Bundestagsfraktion, in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt nurmehr eine maximale Mietsteigerung von sechs Prozent in drei Jahren bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete zuzulassen, sind nicht einmal eine ernsthafte Diskussion darüber wert. Heute ist schon jeder Wohnungsmarkt angespannt, wenn es die Stadt oder Kommune nur laut genug behauptet. So kommen wir nicht weiter.

Da stellt die Ampel zunächst alle Signale auf Rot, wenn es um die breite Förderung von Wohnungsneubau geht. Da werden die wissenschaftlich fundierten Handlungsempfehlungen der Baukostensenkungskommission aus dem Bundesinnenministerium zur Erhöhung der Wirtschaftlichkeit des Bauens ignoriert, da werden seit Jahren die Landesbauordnungen nicht synchronisiert, da gehen die Grunderwerbssteuern durch die Decke.

Da werden Neubau-Anforderungen immer weiter verschärft. Da werden energetische Altbau-Anforderungen so hochgesetzt, dass Kleinvermieter schon zittern, wenn sie nur den Namen Robert Habeck hören. Da erreichen die Zahlen an Baugenehmigungen immer neue Tiefststände, dass selbst die notorisch rotwangigen Bauwirtschafter blass werden. Große Projektentwickler gehen in die Pleite, Unternehmen wie Adler und Vonovia streben keine Neubauprojekte mehr an.

Und was fällt uns als Ausweg aus diesem Labyrinth ein? Wir bauen einfach einen Irrweg mehr, bis schließlich niemand mehr weder ein noch aus weiß. Es wird zu wenig gebaut, also dürfen wir die Mieten nur noch minimal erhöhen. Ist doch logisch, oder?

Staaten und Bundesländer sind keine idealen Vermieter

Man wünscht sich Sozialdemokraten vom Schlage der West-Berliner Bürgermeister Ernst Reuter, Otto Suhr und Willy Brandt zurück. Schaut auf diese Stadt und seht, was ihr heute alles falsch machen könnt und nicht falsch machen dürft! Ihnen gelang noch der Ausbau des U-Bahn-Netzes und die Errichtung ganzer neuer Siedlungen.

Dabei waren es im Gegensatz zu heute wirtschaftlich erbärmliche Zeiten damals. Aber: Diese Herren hatten große Visionen und dachten global. Sie hatten ein Ziel, und es war nicht allein das, bei der nächsten Wahl zu reüssieren. Ob sie in der heutigen SPD noch jemand kennt?

Wenn man heute in der Wohnungs- und Immobilienpolitik auf Bundesebene etwas von Berlin lernen kann, dann dies: Wie man es nicht machen sollte. Staaten und Bundesländer sind keine idealen Vermieter. Allein deshalb schon sollte Enteignungsfantasien eine Absage erteilt werden.

Mietendeckel und Milieuschutzgebiete führten dazu, dass Mietwohnungen verkauft und in Eigentum umgewandelt werden. Auf sinkende Mieten folgt die Verwahrlosung von Wohnraum – eine Spirale, die zu ungesunden Verhältnissen führt. Und: Landeseigene Wohnungsgesellschaften können sich heute bereits kaum noch Neubau leisten, weil ihre Mieten schon gedeckelt sind.

Heute liegt die auf den Quadratmeter bezogene Bruttokaltmiete in Berlin mit 9,60 Euro über dem Bundesdurchschnitt von 8,60 Euro – gleich hinter München und Hamburg. Das ist das in aktuelle Zahlen des Mikrozensus gefasste Ergebnis der von Linken und SPD geführten Stadtentwicklungs- bzw. Bauverwaltungen der jeweiligen Landesregierung in den letzten Legislaturperioden.

Haben wir aber einen Mietmarkt, der von Verelendung geprägt ist? Laut Statistikamt Berlin-Brandenburg liegt die Mietbelastungsquote, also der Anteil des Haushaltsnettoeinkommens, welcher für die Bruttokaltmiete aufgebracht werden muss, 2022 in den Ländern Berlin und Brandenburg mit 27,2 Prozent bzw. 25,1 Prozent jeweils unter dem bundesweiten Durchschnitt von 27,8 Prozent. Und ist ein Drittel des Haushaltseinkommens zu viel für die Bruttokaltmiete?

Es ist ja richtig, was die wirtschaftsweise Ökonomin Veronika Grimm sagt: „Wohnraum wird knapper, die Konflikte um Wohnungen werden schärfer.“ Nur sollte das weitergedacht werden: Mit wem verschärfen sich denn die erwartbaren Konflikte, und was passiert, wenn Politiker weiterhin irrlichtern? Die AFD wird weiter Zulauf erhalten.

Denn die Konflikte zwischen Mietwohnungssuchenden und Asylbewerbern sowie Kriegsflüchtlingen werden bei weiter nachlassender Neubautätigkeit zunehmen. Gleichzeitig wird die Qualität des Wohnungsbestandes abnehmen. Fachkräfte der Bauindustrie werden sich umorientieren. Und der Haussegen in den Städten wird noch schiefer hängen: Die Kluft zwischen Mietern und Eigentümern wird sich verbreitern. Der soziale Frieden wird vorbei sein.

Schauen wir einmal, was der SPD-Bundestagsfraktion dann dazu einfällt: Vermutlich: Freibier für alle!

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