zum Hauptinhalt
Die Ökonom:innen des IMK glauben es braucht mehr Geld für den Strukturwandel.

© dpa/Patrick Pleul

Stagnation verhindern: Ökonomen fordern mehr Spielraum für Investitionen

Kein Institut lag mit seinen vergangenen Prognosen so genau wie das IMK. Nun fordern die Düsseldorfer: Damit die deutsche Wirtschaft 2024 wieder durchstarten kann, muss der Staat jetzt die richtigen Weichen stellen.

Deutschland hat ein wirtschaftlich herausforderndes Jahr hinter sich. Die Industrie litt unter hohen Energiepreisen und nachfragearmen Weltmärkten, der Bausektor unter hohen Zinsen und die Menschen konnten sich infolge der Teuerung weniger leisten. Der Großteil der Wirtschaftsprognosen rangierte zwischen Abstieg und Untergang. Am Ende des Jahres stand ein Minus von 0,3 Prozent.

Am präzisesten vorhergesagt von den Forschenden des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK). Dem ehemaligen „Financial Times Deutschland“-Chefökonomen Thomas Fricke zufolge lagen die Düsseldorfer Fachleute bei der Vorhersage der Entwicklung von Exporten, Investitionen und Konsum so genau wie kein anderes Institut. Am Montag stellte das Team um IMK-Chefprognostiker Sebastian Dullien seinen wirtschaftspolitischen Ausblick für das Jahr 2024 vor.

Die Wirtschaftspolitik selbst droht eine Belastung für die Wirtschaft zu werden.

Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK

Leichte Rezession setzt sich fort

Demnach könnte die deutsche Wirtschaftsleistung erst Ende 2024 wieder auf ihr Vor-Corona-Niveau zurückkehren. Auf das Gesamtjahr gesehen erwarten die Fachleute auch dieses Jahr einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,3 Prozent. Das IMK blickt damit deutlich weniger optimistisch in die Zukunft als die Bundesregierung selbst. Offiziell erwartet man in Berlin 1,3 Prozent Wachstum (Stand Oktober). Würden private Haushalte und Unternehmen ihre Investitionen aufschieben, könnte sich das erstmals stärker auf den aktuell noch robusten Arbeitsmarkt auswirken. Das IMK rechnet für 2024 mit 2,85 Millionen Arbeitslosen – 430.000 mehr als noch 2022.

„2024 sollte das Jahr sein, in dem wir aus der akuten Krise herauskommen“, so Dullien. Die Bundesregierung habe die Folgen der Coronapandemie sowie der Energiekrise erfolgreich abgefedert. Doch durch die finanzpolitische Reaktion auf das Karlsruher Haushalts-Urteil drohe „die Wirtschaftspolitik selbst eine Belastung für die Wirtschaft zu werden“.

Mehr Mittel und Akzeptanz für Strukturwandel

Das Urteil offenbare „die eklatanten Schwächen der Schuldenbremse, die nicht mehr in unsere Zeit passt“, erklärte Dullien. „Sie verhindert eine dingend notwendige, entschiedene Investitionswende“. Es brauche mehr Geld, dass die Transformation zur Klimaneutralität unter Wahrung des wirtschaftlichen Wohlstands gelinge.

Das umfasse zum einen die Modernisierung der bestehenden Infrastruktur im Verkehrs- und Bildungsbereich. Zum anderen aber auch Investitionen in den Ausbau neuer Technologien – etwa zur Speicherung erneuerbar erzeugter Energie oder CO₂-armen Produktion. Auch die Unterstützung für private Haushalte werde angesichts steigender CO₂-Preise wichtiger. Dabei gehe es nicht nur um die Auszahlung des im Koalitionsvertrags vereinbarten Klimagelds, sondern auch um eine stärkere Finanzierung des ÖPNV.

In der Analyse machen die IMK-Forschenden zwei Vorschläge, um die Schuldenbremse zu reformieren. Eine Rückkehr zur „Goldenen Regel“, der zufolge Investitionen von der Schuldenbremse ausgenommen werden würden. Oder ein kreditfinanziertes Sondervermögen wie für den 100-Milliarden-Topf für die Bundeswehr. Beide Vorschläge sind nicht neu und nur durch eine Zweidrittelmehrheit in Bundestag und Bundesrat umsetzbar. Da es dafür ohne die Stimmen der Unionsparteien keine Mehrheit gibt, seien kurzfristig auch andere Reformoptionen denkbar.

Demnach sei es für den Übergang gerechtfertigt, für 2024 erneut die Notlage zu erklären – wie es die SPD zu Jahresbeginn forderte. Alternativ könne man, wie es Finanzminister Christian Lindner (FDP) vor Weihnachten vorschlug, auch die Konjunkturkomponente anpassen, um in wirtschaftlich schwächeren Phasen mehr Kredite aufnehmen zu können.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false