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Menschen stehen und sitzen vor eingestürzten Gebäuden in Golbasi. In der Region sollten erdbebensichere Bauten errichtet werden.

© dpa/Emrah Gurel

Das Türkei-Beben aus Sicht der Forschung: Die Expertise muss auch gehört werden

Bis heute kann die Wissenschaft Erdbeben nicht genau prognostizieren, auch Frühwarnung ist schwierig. Aber Risikoanalysen können helfen, betroffene Regionen sicherer zu machen.

Ein Kommentar von Jan Kixmüller

Die Katastrophe kam nicht unerwartet. Die Ostanatolische Verwerfung haben Wissenschaftler schon lange im Blick, die Arabische Platte quetscht von Süden die Anatolische Platte nach Westen. Dabei steigt die Spannung ständig – bis sie sich in einem gewaltigen Ruck löst.

Einschätzungen zu Erdbebenrisiken in der Türkei wurden 2013 nach oben korrigiert. Es war leider nur eine Frage der Zeit, bis sich ein solches Erdbeben ereignet.

Die tektonischen Platten in der östlichen Mittelmeerregion
Die tektonischen Platten in der östlichen Mittelmeerregion

© Grafik: Tsp/Bartel • Quelle: Helmholtz-Zentrum, GFZ

Durch die Verschiebung der Platten kann auch neuer Druck entstanden sein, der zu einem weiteren schweren Erdbeben führen kann. Wann und wo, das kann die Wissenschaft noch nicht genau sagen. Immerhin lässt sich aber feststellen, dass die Wahrscheinlichkeit dafür hoch ist.

Frühwarnsysteme noch nicht ausgereift

Die Forschung arbeitet an prognosebasierten Frühwarnsystemen, mit denen man eventuell schon vor einem Erdbeben erhöhte Warnstufen ausrufen könnte. Solche Systeme sind aber noch nicht ausgereift und hochkomplex.

Eine konkrete Vorwarnung war bei dem aktuellen Gaziantep-Beben nicht möglich, auch weil hier dicht besiedelte Gegend sehr nahe am Epizentrum des Bebens lag. So blieb kein Spielraum für eine mögliche Vorwarnung. Ein Frühwarnsystem hätte hier nur eine sehr begrenzte Wirkung gehabt.

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Aber das Wissen über das hohe Risiko einer Region kann genutzt werden, um die Folgen zumindest abzumildern. Mittlerweile haben die Ingenieurwissenschaften eine Vielfalt an Methoden für erdbebensichere Bauten entwickelt – maßgeschneidert für jedes einzelne Bauwerk. Erdbebensicheres Bauen oder das Verstärken von Bestandsbauten sei grundsätzlich immer möglich, heißt es.

Doch das hängt auch davon ab, ob Vorschriften auch exakt eingehalten werden. In der Türkei wurde 2004 nach den Verwüstungen durch das Erdbeben von Izmit 1999 ein neues Gesetz verabschiedet, wonach alle Bauarbeiten modernen erdbebensicheren Standards entsprechen müssen. Ob sie wirklich auch eingehalten wurden, muss nun unbedingt überprüft werden, fordern Katastrophenforscher.

Aus der Wissenschaft kommt reichlich Expertise auch zu wichtigen Fragen der Infrastruktur. Geoforscher haben auch für Deutschland eine Risikoanalyse vorgelegt. Aus ihr geht hervor, dass auch der Großraum Köln von einem starken Erdbeben betroffen sein könnte. Die Einschätzungen und Empfehlungen liegen vor. Man muss sie nur erhören.

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