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Die Hände sind blutverschmiert: pro-palästinensischer Protest an der Universität der Künste.

© Instagram: student_collective_berlin

„Extrem besorgniserregend“: Jüdische Studierende in Berlin haben Angst vor der eigenen Uni

Eine pro-palästinensische „Performance“ an der Universität der Künste wirft erneut ein Schlaglicht auf die Situation jüdischer Studierender. Berlins Antisemitismusbeauftragter warnt.

Bereits vor über zwei Wochen kamen im Foyer des Hauptgebäudes der Berliner Universität der Künste (UdK) bis zu 100 Personen zu einer spontanen Performance-Aktion zusammen. Viele von ihnen waren Studierende der renommierten Hochschule, einige Aktivisten von außerhalb. Schwarz gekleidet, die Hände blutverschmiert, wurden die Namen von getöteten Palästinensern aus Gaza vorgelesen. In ihrer Mitte war der Schriftzug „It’s not complicated“ zu lesen - „Es ist nicht kompliziert“.

Als Uni-Präsident Norbert Palz im Foyer eintraf, wurde er von der aufgebrachten Menge niedergeschrien, kam kaum zu Wort. Er solle den „Genozid“ verurteilen oder sich schämen. An den Berliner Universitäten herrscht seit dem 7. Oktober eine Art Stellvertreterkrieg, der parallel zur Eskalation in Nahost ausgebrochen ist. Mittendrin: die Universität der Künste.

Der Foyer-Vorfall von Mitte November bekam erst nachträglich Aufmerksamkeit. Ein Bericht der „Frankfurter Allgemeinen“ über die pro-palästinensische Performance, den niedergebrüllten Uni-Präsidenten und die Angst jüdischer Studierender vor dem Betreten ihrer eigenen Universität, sorgte für überregionale Berichterstattung und Bestürzung.

Der Berliner Staatssekretär für Wissenschaft und Forschung, Henry Marx, verurteilte die „aktuellen antisemitischen Vorfälle und Protestaktionen“ an Berliner Universitäten. Gleichzeitig lobte er das Engagement von Uni-Präsident Palz, der sich der „gewaltverherrlichenden Aktion entgegenstellte.“

Von Aktivisten niedergeschrien: UdK-Präsident Norbert Palz.
Von Aktivisten niedergeschrien: UdK-Präsident Norbert Palz.

© Instagram: student_collective_berlin

Vor allem die pro-palästinensische Fraktion an den Berliner Hochschulen ist mittlerweile hervorragend organisiert. Über den Instagram-Kanal „students_collective_berlin“ werden Videos und Fotos der zahlreichen Aktionen, Flashmobs und Demonstrationen verbreitet. Dazu kommen eigene Profile für die jeweiligen Lehreinrichtungen.

Auch am Mittwoch kam es wieder zu mehreren Aktionen an der Universität der Künste. Vorausgegangen war dem ein Aufruf, sich an einem studentischen Streik in Solidarität mit Palästina zu beteiligen. In einem Flyer heißt es, man habe sich dazu entschlossen, am internationalen Tag der Solidarität mit Palästina teilzunehmen. Auch die Islamisten der Hamas hatten für diesen Tag zu weltweiten Protesten aufgerufen.

Ein späterer Programmpunkt der UdK-Studierenden an diesem Tag, der ebenfalls in dem Mobilisierungshandblatt zu finden ist, macht die Verbindungen zu linken und linksradikalen Gruppierungen deutlich. Für Mittwochabend wurde zur Teilnahme an einer linken Demonstration gegen die „Berlin Security Conference“ aufgerufen.

Unterdessen berichten mehrere Medien von der Angst jüdischer UdK-Studierender vor weiteren Aktionen ihrer Kommilitonen. Uni-Präsident Palz warnte in der „NZZ“ vor einer dogmatischen Aufladung des künstlerischen Diskurses und bestätigte, dass einige jüdische Studierende Angst haben, die Universität zu betreten.

Als „extrem besorgniserregend“, bezeichnet Berlins Antisemitismusbeauftragter Samuel Salzborn die Lage an den Berliner Hochschulen und spricht von Antisemitismus, „der in die Breite getragen werden soll“. In einem „diffus antirassistischen Milieu“ von Studierenden werde um Unterstützung für Israelfeindlichkeit geworben, sagte Salzborn dem Tagesspiegel.

Nicht zuletzt aufgrund „mangelnden Wissens über Antisemitismus“ sei dieses Vorgehen „hoch emotionalisiert“ und führe besonders in Massensituationen schnell zu Eskalationen und „umfangreichen antisemitischen Verhetzungen“. Dazu käme laut Salzborn die besondere Rolle von „hochideologisierten“ Einzelpersonen, die Erfahrung mit antisemitischen Mobilisierungen besitzen und derzeit massiv an den Universitäten aktiv sind.

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