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Der Kleine Fuchs (Aglais urticae) ist ein Beispiel einer Insektenart, die früher lokal sehr häufig vorkam und deren Anzahl zurückgegangen ist.

© U. Dreiucker

Häufige Arten am stärksten von Insektensterben betroffen: Was bedeutet das für das Ökosystem?

Ehemals häufige Arten von Insekten sind vielerorts zahlenmäßig weniger geworden. Forschende haben nun eine weitere Entwicklung nachgewiesen, die zum Insektensterben beiträgt.

Der Rückgang der Insekten ist vor allem auf Verluste bei lokal häufigeren Arten zurückzuführen. Das zeigt eine neue Studie, die in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht wurde. Forschende werteten dafür Studien aus, die an 923 Standorten weltweit durchgeführt worden waren.

Das Team des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg stellte dabei zwei Tendenzen fest: Die Zahl der bekannten, lokal mit vielen Individuen auftretenden Arten etwa von Käfern, Motten und Heuschrecken sind stärker zurückgegangen als seltene. Zudem sind die Zunahmen mancher anderer Arten zu gering, um früher beobachtete Häufigkeiten von Insekten zu erreichen.

1,5
Prozent beträgt der Rückgang bei der Zahl von Insekten in den ausgewerteten Studien pro Jahr.

Die Ergebnisse der Studie stellen infrage, dass Veränderungen in der Artenvielfalt von Insekten vom Rückgang seltener Arten dominiert werden. „Die Nahrungsnetze müssten sich als Reaktion auf den Rückgang der am häufigsten vorkommenden Arten bereits erheblich verändert haben“, erklärt Roel van Klink, Hauptautor der Studie. Diese Arten seien für viele andere Organismen und das Funktionieren des Ökosystems „äußerst wichtig“.

Das Team um van Klink hat 106 Studien an Insektengemeinschaften ausgewertet, die über Zeiträume von neun bis 64 Jahren liefen. Insgesamt ging die Zahl der Landinsekten um 1,5 Prozent pro Jahr zurück. Bei den Arten, die zu Beginn der Zeitreihen am häufigsten vorkamen, waren es im Durchschnitt etwa acht Prozent pro Jahr.

Zu den Insektenpopulationen mit den stärksten Bestandsrückgängen gehören nützliche, wie etwa der räuberische Käfer Poecilus versicolor.

© F. Vassen

Dass die Verluste der zuvor dominierenden Arten nicht durch die Zunahme anderer ausgeglichen werden, hat weitreichende Folgen: Arten, die im Überfluss vorhanden sind, sind eine Hauptnahrungsquelle für Vögel und andere insektenfressende Tiere und erfüllen somit eine lebenswichtige Funktion im Ökosystem.

Allerdings erleiden auch weniger häufige und seltene Arten Verluste, was zu einem Rückgang der lokalen Artenvielfalt führt. Die Studie zeigt einen leichten Rückgang der Gesamtzahl der Arten um knapp 0,3 Prozent pro Jahr. Einige neu eingewanderte Arten wie etwa der invasive Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) haben sich dagegen als Teil der lokalen Gemeinschaften etabliert. Die meisten Neuzugänge bleiben lokal jedoch vergleichsweise selten.

Die Autorinnen und Autoren benennen vom Menschen verursachte Veränderungen wie den Klimawandel und die Urbanisierung als Hauptursachen für den Verlust der biologischen Vielfalt. „Insekten scheinen stärker davon betroffen zu sein als viele andere Arten“, erklärt Co-Autor Jonathan Chase.

Da die Studien überwiegend in Nordamerika und Europa durchgeführt wurden, sind die Ergebnisse nicht global übertragbar. Zudem liefen die Langzeitstudien meist in Gebieten, die ökologisch weitgehend intakt blieben. Die beobachteten Muster des Insektensterbens könnten also noch vergleichsweise günstige Entwicklungen kennzeichnen.

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