zum Hauptinhalt
Einfahrt des Eurotunnels bei Calais, Frankreich

© imago images/sepp spiegl

Heute vor 33 Jahren: Eine fast unendliche Geschichte über den Eurotunnel

Der 50 Kilometer lange Eurotunnel ist eine wahre Meisterleistung. Er ermöglicht den Zug- und Autoverkehr zwischen England und Frankreich – und wurde privat finanziert. Für welche Verkehrsart wollen wir öffentliches Geld ausgeben?

Eine Kolumne von Stephanie Eichler

Wer schon einmal auf dem Spielplatz oder am Strand von zwei Seiten einen Tunnel gegraben hat, weiß, wie schwierig es ist, dass sich beide Tunnelenden exakt treffen. Beim Bau des Eurotunnels glückte es, weil computergesteuerte Bohrer zum Einsatz kamen. Mit großer Genauigkeit wühlten sie sich von englischer und französischer Seite aus in einer Tiefe von bis zu 75 Metern unterhalb des Meeresbodens durch das Gestein.

Nach drei Jahren gelang am 30. November 1990, heute vor 33 Jahren, ein erster Durchstich. Das Loch hatte einen Durchmesser von fünf Zentimetern, man konnte mit einem Auge durchsehen. Doch im Zuge der weiteren Bauarbeiten kam es zu technischen Schwierigkeiten. Außerdem änderten sich die Sicherheitsvorschriften häufig, sodass der Eurotunnel erst im Mai 1994 fertiggestellt und offiziell eröffnet wurde.

Strenggenommen besteht der Eurotunnel aus drei Tunneln: Aus zwei Eisenbahntunneln, die für Güter- und Personenzüge genutzt werden, sowie zur Beförderung von Reisenden in Autos und Lieferwagen, und einem Servicetunnel für Wartungsarbeiten und Notfälle. Und wie es bei großen Bauprojekten oft der Fall ist: Das Tunnelsystem wurde viel teurer als geplant. Die Kosten betrugen 15 Milliarden Euro.

Gut zu wissen: Die Steuerzahlenden wurden nicht belastet; das Projekt wurde privat finanziert. Das wirft die Frage auf, für welche Art von Verkehr wir öffentliches Geld ausgeben wollen. Wie wäre es mit dem Fußverkehr? 80 Prozent der Deutschen gehen gern oder sogar sehr gern zu Fuß. Es ist mit Abstand die beliebteste Verkehrsart in Deutschland.

Doch Gehwege sind oft zu schmal und das Überqueren vieler Straßen ist zu gefährlich, weil Zebrastreifen fehlen. Das liegt daran, dass in Deutschland hauptsächlich das Auto gefördert wird: Laut Umweltbundesamt wird es jährlich mit 17 Milliarden Euro subventioniert. Ist das noch zeitgemäß? Den Fußverkehr förderte das Bundesverkehrsministerium im laufenden Jahr hingegen erst zum zweiten Mal direkt mit zwei Millionen Euro.

Durch den Eurotunnel kommt man nicht zu Fuß. Das ist nicht weiter schlimm. Er ist zwar wichtig für Handel und Tourismus, wirkt aber genauso ansprechend wie jeder dunkle Tunnel.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der Tagesrückspiegel-Kolumne hier.

Anm.d.Red.: In einer vorherigen Version des Artikels stand, dass der Autoverkehr mit jährlich 17 Millionen Euro subventioniert wird. Es sind 17 Milliarden Euro. Wir haben den Fehler korrigiert.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false