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Albert Einstein gehörte zu den Unterzeichnern des Schreibens, das Präsident Roosevelt von einem Atombomben-Forschungsprogramm überzeugen sollte. 

© dpa/Uncredited

Heute vor 84 Jahren: Warnung vor der Atombombe

1939 erfährt der Physiker Leó Szilárd, dass die Nazis bald Atombomben besitzen könnten. Gemeinsam mit Albert Einstein überzeugt er Präsident Roosevelt, ihnen zuvorzukommen – und bereut seine Entscheidung am Ende fürchterlich.

Eine Kolumne von David Will

Am 2. August 1939 reift in der New Yorker Stenotypisten Janet Coatesworth die Erkenntnis, dass sie heute für einen Verrückten arbeitet.

Seltsam genug, dass ihr dieser Mann einen Brief an den Präsidenten der USA diktiert, in dem von „extrem mächtigen Bomben neuer Art“ die Rede ist. Doch als er seinen Brief mit den Worten „Yours very truly, Albert Einstein“ beschließt, ist sie sich sicher: Der Mann hat nicht mehr alle Tassen im Schrank.

In Wahrheit sah Leó Szilárd, so sein echter Name, die Dinge klarer als viele seiner Kollegen. Als Physiker forschte er seit Jahren daran, wie man sich Nuklearenergie zunutze machen könnte. Die Idee soll ihm gekommen sein, nachdem er Anfang der 30er Jahre den Science-Fiction-Roman „Befreite Welt“ von H.G. Wells gelesen hatte, in dem genau das gelingt.

Auf jeden Fall teilte er die Sorge des Autors vor der Zerstörungskraft, die der Menschheit damit in die Hände fallen würde. Seine ersten Aufzeichnungen darüber, wie man eine nukleare Kettenreaktion bewerkstelligen könnte, hatte er 1935 dem britischen Militär übergeben, um sie vor den Nazis geheim zu halten.

Ein Atompilz steigt nach der Explosion einer Atombombe über dem Testgelände in der Wüste von Nevada auf. (Undatiert).
Ein Atompilz steigt nach der Explosion einer Atombombe über dem Testgelände in der Wüste von Nevada auf. (Undatiert).

© dpa/dpa-Bildfunk

Doch Anfang 1939 bestätigten sich seine schlimmsten Befürchtungen. Über Niels Bohr erfuhr Szilard, dass es den deutschen Physikern Otto Hahn und Fritz Strassmann gelungen war, Uran zu spalten.

Szilard setzte daraufhin alle Hebel in Bewegung, um den Deutschen zuvorzukommen. Er überzeugte seinen alten Bekannten Albert Einstein, seinen guten Namen unter einen Brief zu setzen, der Präsident Roosevelt von einem Atombomben-Forschungsprogramm überzeugen sollte.

Am 2. August 1939, heute vor 84 Jahren, diktierte Szilárd der völlig entgeisterten Stenotypisten Jane Coatesworth schließlich jene Worte, die den Lauf der Geschichte verändern sollten.

Der Brief sorgte dafür, dass die US-Regierung noch im selben Jahr ein Forschungsprojekt ins Leben rief, das schließlich zur Entwicklung der ersten Atombombe führte und dessen Geschichte gerade in dem Blockbuster „Oppenheimer“ verfilmt wurde. 

Über seinen Erfolg war Szilard vor allem entsetzt. Er warnte zuletzt eindringlich davor, die Bombe wirklich einzusetzen, initierte sogar einen offenen Protestbrief. Doch vergeblich: Im August 1945 werfen die US-Amerikaner Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki ab. Mindestens 100.000 Menschen sterben.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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