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Russlands Präsident Wladimir Putin

© Grigory Sysoev/Sputnik/Reuters

Tag 208 der Ukraine-Invasion: Putin könnte in erwarteter Rede Mobilmachung verkünden

Nach der Ankündigung von Scheinreferenden in der Ukraine sollte Russlands Präsident noch am Dienstag zum Volk sprechen. Die Rede wurde nun offenbar verschoben.

| Update:

Dienstag war ein Tag, der im Rückblick zu einem der entscheidendsten im Krieg Russlands gegen die Ukraine werden könnte. Alle von Russland noch besetzten Gebiete oder Teilgebiete in der Ukraine (Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja) haben angekündigt, schon ab Freitag Abstimmungen zum Beitritt zu Russland abzuhalten.

Das Ergebnis steht dabei eigentlich jetzt schon fest: Sie werden den Anschluss an Russland wünschen, Russlands Parlament wird ihn zeitnah gewähren. Das ist zumindest aktuell das wahrscheinlichste Szenario.

Für Dienstagabend um 20 Uhr war dazu eine Rede des russischen Präsidenten erwartet worden. Auch Verteidigungsminister Shoigu sollte sprechen. Bis zum späten Abend hatte die Ansprachen aber immer noch nicht stattgefunden, bis es Berichte gab, wonach die Rede auf Mittwoch verschoben wurde. Die Gründe sind unklar. 

Beobachter gehen davon aus, dass Putin in der Rede auch eine Mobilmachung verkünden oder andeuten könnte. Dafür müsste Russlands allerdings offiziell der Ukraine den Krieg erklären, oder sich als im Krieg befindend erklären. Den Vorwand für eine Kriegserklärung könnten die Annektierungen der besetzten Gebiete liefern. Putin hatte kürzlich erklärt, dass das Land noch lange nicht alle seine militärischen Kräfte in der Ukraine nutze. 

Kiew reagierte eher gelassen auf die Ankündigungen und nannte sie ein weiteres Indiz für Russlands Verzweiflung. In der Tat rücken die ukrainischen Truppen sowohl im Osten als auch im Süden immer noch vor. Ein kompletter Zusammenbruch der russischen Front ist zumindest nicht mehr ausgeschlossen. Würde der verzögert oder verhindert, wenn die besetzten Gebiete Russland beitreten? Das wird die entscheidende Frage nach diesem möglicherweise entscheidenden Tag sein.

Redaktioneller Hinweis/Update: Putin hat am Mittwochmorgen eine Teilmobilmachung verkündet, nicht wie gestern Abend noch vermutet worden war eine Generalmobilmachung. Alle Informationen dazu finden Sie an dieser Stelle. Die Überschrift dieses Artikels wurde entsprechend geändert.

Die wichtigsten Nachrichten des Tages im Überblick:

  • Russland hat laut der britischen Geheimdienste seine U-Boote der Kilo-Klasse von der annektierten ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel Krim abgezogen. Der Grund: Die Ukrainer könnten inzwischen besser über große Distanz angreifen. Mehr dazu lesen Sie hier.
  • Der türkische Präsident hat sich in einem Interview mit dem US-Sender PBS zum Ukraine-Krieg geäußert. Recep Tayyip Erdogan betont, dass alle von Russland besetzten Gebiete zurückgegeben werden müssen – auch die Krim. Was außerdem in dem Interview stand, erfahren Sie hier.
  • Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck stellt laut einem Bericht die Gasumlage infrage. Dies habe Habeck in einer internen Sitzung der Grünen in der vergangenen Woche deutlich gemacht, berichtete das ARD-Hauptstadtstudio. Mehr dazu hier.
  • In Russland sollen verschiedene Vergehen von Soldaten künftig schärfer geahndet werden. Das russische Unterhaus, die Duma, verabschiedet in zweiter und dritter Lesung ein Gesetz, das härtere Strafen für Desertieren, Ungehorsam und Beschädigung militärischer Einrichtungen vorsieht. Mehr dazu in unserem Newsblog.
  • Die Deutsche Bahn hilft der ukrainischen Eisenbahn (UZ) beim Wiederaufbau. Beide Seiten haben dazu eine Absichtserklärung in Berlin unterzeichnet, wie die Bahn (DB) mitteilt. Der Vertrag sichere der UZ Hilfeleistungen beim Wiederaufbau nach dem Krieg zu und die Zusammenarbeit beim Ausbau von Güterverkehrskorridoren und sogenannten Terminalkapazitäten. Vorgesehen seien zudem Beratungsleistungen bei der Einführung europäischer Standards für Bahnbetrieb und Management.
  • Der Machthaber von Belarus, Alexander Lukaschenko, hat vor dem Hintergrund des russischen Krieges gegen die Ukraine eine Mobilmachung aller Sicherheitsorgane und eine weitere Verschärfung der Gesetze angeordnet. „Wenn wir eine Militäreinheit nach den Kriegsgesetzen in Alarmzustand versetzen müssen, dann müssen wir das tun“, sagte Lukaschenko der staatlichen Minsker Nachrichtenagentur Belta zufolge am Dienstag bei einem Treffen mit dem Sekretär des nationalen Sicherheitsrats Alexander Wolfowitsch. 
  • Im Falle einer großen Annexion ukrainischer Gebiete durch Russland hält der estnische Präsident eine Debatte über weitere Lieferungen schwerer Waffen wie Kampfpanzer für nötig. Eine versuchte Einverleibung der „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk im Osten der Ukraine sowie des Gebiets Cherson „ändert wahrscheinlich auch die Situation in Europa und das Verständnis, was wir tun sollten“, sagte Staatsoberhaupt Alar Karis am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. 
  • Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat nach eigenen Angaben keine Möglichkeit, die Berichte über mutmaßliche russische Kriegsverbrechen in der ostukrainischen Stadt Isjum zu überprüfen. Hintergrund sei, dass das Verteidigungsministerium in Kiew der Organisation die Akkreditierung entzogen habe, teilte ein Amnesty-Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag mit.
  • Angesichts der Funde zahlreicher Leichen in der Ukraine hat sich UN-Generalsekretär António Guterres besorgt gezeigt. „Die jüngsten Berichte über Grabstätten in Isjum sind äußerst beunruhigend“, sagte Guterres am Dienstag zum Auftakt der 77. Generaldebatte der UN-Vollversammlung. 
  • Vor ihrer Rede bei der UN-Generalversammlung hat die britische Premierministerin Liz Truss der Ukraine für nächstes Jahr Militärhilfe in Höhe von mindestens 2,3 Milliarden Pfund (2,6 Mrd Euro) versprochen. Die britische Unterstützung werde mindestens dieselbe Summe wie in diesem Jahr erreichen, kündigte sie an.
  • Außenministerin Annalena Baerbock macht Russland für den Raketenangriff auf ein ukrainisches Atomkraftwerk verantwortlich. Vor ihrer Abreise zur UN-Vollversammlung sagte sie, es werde um die Lage der ukrainischen Meiler gehen, „die Russland als Faustpfand in diesem Krieg einsetzt“. 
  • Die russischen Ermittlungsbehörden haben einem Bericht zufolge den Direktor eines großen Rüstungsbetriebs wegen Betrugsverdacht festgenommen. „Juri Schumski, Generaldirektor des Staatsbetriebs ‚Swerdlow-Werk‘, eines der landesweit größten Unternehmen zur Herstellung von Sprengstoff, wurde festgenommen“, schrieb die Tageszeitung „Kommersant“. 
  • Trotz der Ende August eingestellten Gaslieferungen aus Russland sind die deutschen Gasspeicher mittlerweile zu mehr als 90 Prozent gefüllt. Das geht aus am Montagabend veröffentlichten Daten der europäischen Speicherbetreiber hervor.

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