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In der Schule der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin diskutierten der Lehrer Volker Wagner, Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und der Rabbiner Yehuda Teichtal (hinten v.l.) mit Kindern und Jugendlichen.

© Cay Dobberke

„An bestimmte Orte in Berlin geht man nicht mehr“: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas besucht jüdischen Campus

Schüler aus der Chabad-Gemeinde sprachen am Montag mit Bärbel Bas. Von der Bundestagspräsidentin wollten sie unter anderem wissen, wie sie sich gegen Antisemitismus wehren können.

Viele jüdische Kinder und Jugendliche erleben einen zunehmenden Antisemitismus in Deutschland – besonders seit dem Beginn des Nahostkriegs nach dem Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel. Das zeigte sich am Montag, als Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) mit Kindern und Jugendlichen in der Schule der Jüdischen Gemeinde Chabad Berlin sprach.

In der Öffentlichkeit fühle er sich „eingeschränkt“, beklagte ein Junge. Ein anderer sagte, er wolle ohne Furcht „selbst entscheiden“, wann er seine Kippa trage. „An bestimmte Orte in Berlin geht man nicht mehr“, fügte ein Mädchen hinzu. Sie berichtete von einem Zwischenfall in der Sächsischen Schweiz: Bei einer Gruppenwanderung hätten Unbekannte ihr und anderen Kindern den Hitlergruß gezeigt. Auch Bärbel Bas sagte, nach ihrem Eindruck sei „der Antisemitismus sprunghaft gestiegen“.

In einem Zusammenhang damit stand auch der Ort der Diskussion, die anlässlich des internationalen Tags des Gedenkens an die Opfer des Holocaust am 27. Januar stattfand. Ursprünglich war ein Treffen im Deutschen Bundestag geplant. Doch es gab die Sorge, dass die Sicherheit der Schüler gefährdet sein könnte, falls sie in öffentlichen Verkehrsmitteln zum Reichstagsgebäude fahren und durch ihre Schuluniformen oder Kippas und Unterhaltungen in hebräischer Sprache als Juden identifizierbar wären.

Juden fühlten sich alleingelassen.

Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) zu den Reaktionen auf den Hamas-Terror gegen Israel

Mit diesen Bedenken wandte sich der Lehrer Volker Wagner, der auch Jugendarbeit im Bundestag organisiert, an dessen Präsidentin. Daraufhin bot Bärbel Bas an, den Chabad-Campus zu besuchen, der im Sommer 2023 in Wilmersdorf eröffnet hat. Der Rabbiner und Gemeindevorsitzende Yehuda Teichtal rief die Schüler dazu auf, sich als „Botschafter“ des jüdischen Lebens und „nicht als Opfer“ zu betrachten. Außerdem „beantworten wir Hass mit Liebe“ und „bringen Licht in die Dunkelheit“, sagte er.

Schüler wollten wissen, wie sie sich gegen Hetze in sozialen Online-Netzwerken wehren können. Bärbel Bas empfahl Strafanzeigen: Für manche Täter sei es „ein heilsamer Schock, wenn die Polizei vor der Tür steht“. Löschungen antisemitischer Kommentare könne man beispielsweise im Videoportal TikTok leider oft nicht durchsetzen, weil es von China aus betrieben werde.

Auf Fragen zum Gedenken an den Holocaust antwortete sie, dabei spiele der Staat eine wichtige Rolle. Am kommenden Mittwoch finde die diesjährige Gedenkveranstaltung des Bundestags mit der Holocaust-Überlebenden Eva Szepesi sowie dem Sportjournalisten Marcel Reif als „Vertreter der zweiten Shoah-Generation“ statt. Dabei gehe es nicht nur um Erinnern. Man müsse immer auch „in die Zukunft blicken“. Außerdem sei sie froh über die jüngsten Demonstrationen Hunderttausender Menschen für Demokratie sowie gegen Antisemitismus und andere Diskriminierungen.

Nach dem Angriff der Hamas auf Israel sei es in Deutschland lange „zu leise geblieben“, sagte die Bundestagspräsidentin. „Juden fühlten sich alleingelassen.“ Auch den Rechtsextremismus benannte sie als großes Problem. In diesem Zusammenhang sprach Bas die Debatten um ein eventuelles Verbot der AfD an. Parteienverbote seien „nicht leicht“ und nur bei eindeutiger Beweislage möglich, erklärte sie den Schülern.

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