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Eine junge Frau steht in einem Frauenhaus. (Symbolfoto)

© dpa/Peter Steffen

„An Weihnachten steigen die Fallzahlen“: Berliner Organisationen warnen vor häuslicher Gewalt an den Feiertagen

Die Gewalt gegen Berliner Frauen ist in diesem Jahr gestiegen. Die Zeit am Jahresende führe zu einem zusätzlich erhöhten Risiko, warnen Organisationen und Politik.

Stille Nacht, heilige Nacht? Für manche Menschen bedeuten die Weihnachtstage stilles Leid. Hilfsorganisationen warnen davor, dass insbesondere Frauen an Feiertagen verstärkt dem Risiko häuslicher Gewalt ausgesetzt sind. „An den Weihnachtstagen ist es immer so, dass die Fallzahlen ansteigen“, sagt Manfred Nowak, Vorsitzender des Awo-Kreisverbands Berlin-Mitte.

Sein Kreisverband betreibt eins der sieben Berliner Frauenhäuser. Die besondere Situation an den Feiertagen führe dazu, dass es in manchen Haushalten zu emotionalen und gewalttätigen Ausbrüchen komme, sagt Nowak. Inzwischen hätten die Frauenhaus-Mitarbeitenden für diese Zeit „eine gewisse Routine“ erlangt. Zwar habe man das Personal dieses Jahr aufgrund der vielen Krankheitsfälle nicht aufstocken können, man sei aber gut aufgestellt.

Insgesamt ist die Gewalt gegen Berliner Frauen in diesem Jahr im Vergleich zu den Vorjahren gestiegen. Genaue Zahlen liegen zwar noch nicht vor. Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Gleichstellung hatte aber bereits im November in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage erklärt, für das Jahr 2022 zeichne sich ein Anstieg der Anzahl weiblicher Opfer aller Altersgruppen im Vergleich zum Vorjahr ab. 2021 wurden nach Angaben der polizeilichen Kriminalstatistik 31.372 Frauen in Berlin Opfer von Straftaten.

Für das Weihnachtsfest warnt auch die frauenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Bahar Haghanipour, vor einer Zuspitzung der Lage. „Stress und Anspannung entladen sich in Übergriffen, wenn zum Jahresende Bilanz gezogen wird“, sagt sie. Dabei schlage häusliche und partnerschaftliche Gewalt in den allermeisten Fällen dort zu, wo Frauen sich am sichersten fühlen sollten, nämlich im eigenen Zuhause.

Haghanipour sieht derzeit ein erhöhtes Risiko: „In diesem Jahr ist die Lage besonders bedrohlich; die aktuellen Krisen wirken wie ein Nährboden.“ Sie bittet alle Berlinerinnen und Berliner, an den Feiertagen auf ihr Umfeld zu achten, Betroffene in einem ruhigen Moment anzusprechen und die Angebote des Hilfesystems zu nutzen.

Um von häuslicher Gewalt betroffene Frauen gezielter unterstützen zu können, hat der Berliner Senat im November die Einrichtung einer App angekündigt. Über die App sollen Betroffene rund um die Uhr auf Informationen und Beratungsangebote zugreifen können. Außerdem soll es die Möglichkeit geben, ein gerichtsfestes Gewalttagebuch anzulegen und Hilfsstellen zu kontaktieren. Anfang 2023 soll die App zunächst als Pilotprojekt starten, bevor sie langfristig digitale Hilfe bietet.

Für Frauen, die über Weihnachten auf Hilfe angewiesen sind, kommt diese digitale Unterstützung zu spät. Der Awo-Kreisvorsitzende Manfred Nowak appelliert an Personen, die unmittelbar betroffen sind, sich direkt zu melden und bestehende Hilfe in Anspruch zu nehmen. Diejenigen, die entsprechende Beobachtungen machten, sollten nachbarschaftliche Unterstützung anbieten und auf die vorhandenen Hilfsangebote aufmerksam machen.

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