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Hermann Bach

© Hedwig Frazier-Bach/Carolyn Paulson

Vor 80 Jahren in Berlin von der Gestapo ermordet: Erinnerung an den innovativen Chemiker Hermann Bach

Für die Emschergenossenschaft im Ruhrgebiet erfand er bis heute Wichtiges zur Abwasser-Reinigung. Von den Nazis wurde er als Jude verfolgt. In Berlin erinnern Stolpersteine an Hermann Bach und seine Familie.

Von Markus Hesselmann

Nach Berlin kamen die Bachs, um weiterer Verfolgung durch die Nazis zu entgehen, weil man sie hier trotz früherer familiärer Bindungen nicht kannte. Dass diese Hoffnung trog, belegen fünf Stolpersteine, die an der Barbarossastraße 52 in Schöneberg an Familie Bach erinnern:

Hier wohnte Dr. Hermann Bach, Jg. 1875, Berufsverbot 1935, verhaftet 7. 1. 1944, Sammellager Große Hamburger Straße Berlin, ermordet 7. 1. 1944.

Hier wohnte Margareta Bach, geb. Völker, Jg. 1892, ausgegrenzt/drangsaliert, tot 2. 4. 1944.

Hier wohnte Anneliese Bach, verh. Richards, Jg. 1917, ausgegrenzt/drangsaliert, überlebt.

Hier wohnte Gertrud Bach, verh. Holsinger, Jg. 1919, ausgegrenzt/drangsaliert, überlebt.

Hier wohnte Hedwig Bach, verh. Frazier, Jg. 1920, ausgegrenzt/drangsaliert, überlebt.

„Hermann Bach war ein Visionär“, sagt Uli Paetzel, Präsident der Deutschen Wasserwirtschaft und Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft im Ruhrgebiet, über deren einstigen Chefchemiker. „Er erkannte schon Ende der Zwanzigerjahre, dass die Industrie sehr wenig Interesse an kostspieliger Abwasserreinigung habe und nur unter Druck handele.“ Deshalb schlug Bach vor, deutschlandweit Genossenschaften mit klarer Zuständigkeit für Gewässer zu gründen.

Vierzehn Patente reichte Hermann Bach zwischen 1922 und 1933 unter anderem zur Abwasser-Reinigung ein. Die Emschergenossenschaft, für die Bach seit 1907, also bald nach deren Gründung 1899, tätig war, hatte im Industriegebiet die Zuständigkeit für einen Fluss, der zur offenen Kloake umfunktioniert worden war. Erst seit 2022 ist die Emscher, dieser über Jahrzehnte verschmutzte Nebenfluss des Rheins, wieder abwasserfrei.

Hermann Bachs Sicht der Dinge klingt aktuell: Abwasserreinigung sei „Sache des öffentlichen Anstandes“ und für den Abwassererzeuger „Sache der Selbstachtung und der Rücksichtnahme auf die berechtigten wirtschaftlichen, hygienischen und ästhetischen Belange der Mitbürger“, zudem „Angelegenheit des Naturschutzes“.

Hermann Bach war Protestant, aber Sohn jüdischer Eltern. Deshalb wurde er 1935 zwangsweise in den Ruhestand versetzt. Familie Bach musste aus ihrer Dienstwohnung ausziehen, die drei Töchter wurden der Schule verwiesen. Nachzulesen ist dies in einem von der Emschergenossenschaft herausgegebenen, hier herunterladbaren Sonderdruck. Recherchiert und verfasst hat den kenntnisreichen Artikel die Journalistin Martina Gorlas, deren Vater Johannes bei der Emschergenossenschaft gearbeitet und durch Zeitzeugen von Hermann Bach gehört hatte.

Als Ehemann einer Nichtjüdin wurde Hermann Bach, der 1936 mit der Familie nach Berlin gezogen war, von Deportationen verschont, 1943 aber für mehrere Tage unter anderem in der Rosenstraße inhaftiert und am 7. Januar 1944 von der Gestapo in die Große Hamburger Straße verschleppt. Dort starb er noch am selben Tag, aller Wahrscheinlichkeit nach aufgrund von Misshandlungen. Die genauen Umstände sind unklar, die von den Nazis behauptete Todesursache Herzinfarkt wirkt aber wie in ähnlichen Fällen vorgeschoben.

Margareta Bach, inzwischen schwer erkrankt, starb drei Monate nach ihrem Mann. Die Töchter Anneliese, Gertrud und Hedwig Bach überlebten und wanderten in die USA aus.

Auch in Essen erinnert ein Stolperstein an Hermann Bach, am Sitz der Emschergenossenschaft, die zudem in Berlin einen Grabstein auf dem Jüdischen Friedhof Weißensee für ihren innovativen einstigen Chefchemiker stiftete.

Hier im ausführlichen Interview erläutert Uli Paetzel, was darüber hinaus zur Erinnerung an Hermann Bach von der Emschergenossenschaft unternommen wurde und was weiterhin geplant ist.

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