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Eine Familie sieht sehnsüchtig einem Flugzeug hinterher. (Symbolbild)

© IMAGO/Political-Moments

Bis zum 28. Februar: Berlins Senat ordnet weitgehenden Abschiebestopp an

Die CDU wollte ihn nicht, die SPD pochte darauf: Als einziges Bundesland hat Berlin wieder einen Winterabschiebestopp. Nur Straftäter dürfen in ihre Heimat zurückgeschickt werden.

In Berlin wird es im Winter wieder einen Abschiebestopp geben, der nur einzelne Ausnahmen vorsieht. Das ist eine einsame Entscheidung unter allen Bundesländern. Vor wenigen Tagen erreichte die zuständigen Beamten in der Ausländerbehörde und den Polizeistationen ein Schreiben von Innenstaatssekretär Christian Hochgrebe (SPD), das dem Tagesspiegel vorliegt.

Darin heißt es, „vom 22. Dezember 2023 bis zum 28. Februar 2024“ seien die Bundesrichtlinien dahingehend „zu priorisieren“, dass nur bestimmte Personen abgeschoben werden: Zum einen Straftäter, deren Urteil oberhalb der Bagatellgrenze von 50 beziehungsweise 90 (im Fall aufenthalts- und asylrechtlicher Vergehen) Tagessätzen liegt.

Zum anderen Personen, gegen die in drei Fällen wegen eines Vergehens oder in einem Fall wegen eines Verbrechens ermittelt wird. Zudem dürfen auch Gefährder „zwangsweise zurückgeführt“ werden, wie es in dem Schreiben heißt, beispielsweise potenzielle Dschihadisten.

SPD setzt sich gegen CDU durch

Damit hat sich die SPD im Senat durchgesetzt, deren Vertreter stets für einen „Winterabschiebestopp“ plädierten. Von einzelnen Beamten hieß es am Donnerstag, man werde schauen müssen, ob auch Verdächtige aus der Bandenkriminalität von der Regelung profitieren – vorbestrafte Clan-Männer, gegen die derzeit eben nur wegen zwei Bagatellen ermittelt werde.

Im September hatte sich Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD) für den Winterabschiebestopp ausgesprochen.Berlin handelt humanitär, darum haben wir zu Recht einen Winterabschiebestopp“, sagte Kiziltepe und wandte sich damit gegen Überlegungen von Senatschef Kai Wegner (CDU).

Dieser hatte zuvor gesagt: „Wir müssen mit unserem sozialdemokratischen Koalitionspartner darüber sprechen, ob wir uns einen Winterabschiebestopp von Oktober bis April leisten können.“

Im schwarz-roten Koalitionsvertrag heißt es dazu vage: „Im Winter soll auf Abschiebungen verzichtet werden, wenn Witterungsverhältnisse dies humanitär gebieten.“

Der CDU-Abgeordnete Timur Husein übte Selbstkritik: „Als CDU haben wir uns gegenüber der SPD nicht durchgesetzt. Wir wollten den sogenannten Winterabschiebestopp für ausreisepflichtige Ausländer komplett streichen.“ Stattdessen gebe es nun einen Kompromiss: Die Beschränkung auf zwei Monate sei „immerhin ein Monat weniger als bisher“ unter Rot-Grün-Rot.

Winterabschiebestopps gab es auch schon in anderen Bundesländern, doch wegen stark gestiegener Asylzahlen verzichten sie bis auf den Weihnachtsfrieden nun darauf – nur Berlin trotz überfüllter Unterkünfte nicht.

Auch unter Rot-Grün-Rot gab es einen Winterabschiebestopp – aber auf Druck von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) nicht für Straftäter.

Im vergangenen Winter sind 157 strafrechtlich verurteilte Personen abgeschoben worden. 39 waren aus Moldau und 21 aus Georgien, also Ländern, für die die Anerkennungsquote von Asylbewerbern seit Jahren unter einem Prozent liegt.

Abschiebestopps sind durch das Bundesaufenthaltsgesetz geregelt. Das kennt zwar keine Jahreszeiten, ermöglicht der jeweiligen obersten Landesbehörde, aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen Deutschlands „die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate“ auszusetzen.

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