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Konnte sich nur schwer verständlich machen: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei einer Veranstaltung mit der örtlichen Bundestagsabgeordneten Wiebke Papenbrock (SPD) in Neuruppin.

© dpa/Carsten Koall

Update

Lautstarke Proteste in Neuruppin: Scholz verspricht weitere Entlastungen – und wird niedergebrüllt

Der Bundeskanzler reiste am Mittwoch für eine Veranstaltung nach Brandenburg. Protestierende riefen „Volksverräter“ und „Hau ab“. Scholz war kaum zu verstehen.

Es ging um die hohe Inflation, steigende Energiepreise und den Schulbetrieb in einem Winter mit Gasmangellage: Begleitet von lauten Protesten hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Mittwochabend einer Bürgerversammlung in der brandenburgischen Stadt Neuruppin gestellt. Auf dem Schulplatz suchte er mit der Bundestagsabgeordneten Wiebke Papenbrock (SPD) das Gespräch mit Bürgerinnen und Bürgern.

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In den vergangenen Tagen war über die Möglichkeit von Massenprotesten im Herbst gegen die Regierungspolitik spekuliert worden. Unter anderem die Linke will Demonstranten organisieren. Auch die Rechte mobilisiert.

In Neuruppin hatten sowohl die AfD als auch die Linke zu Gegendemonstrationen aufgerufen. Von Massen konnte allerdings keine Rede sein – schätzungsweise kamen etwa 300 Protestierende an den Rand des abgesperrten Veranstaltungsgeländes. Die meisten schienen AfD-Anhänger zu sein. Protestierende riefen „Volksverräter“, „Lügner“ und „Hau ab“. Der SPD-Politiker zog seinen Auftritt trotzdem durch, obwohl er angesichts des Pfeifkonzerts und der Sprechchöre kaum zu verstehen war.

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Die Polizei nannte zunächst keine Teilnehmerzahl. Nach Angaben einer Polizeisprecherin gab es eine Anzeige wegen Widerstands, weil eine Person den abgesperrten Bereich nicht verlassen wollte. Personalien seien festgestellt worden. Verstöße gegen das Versammlungsgesetz würden geprüft.

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Scholz redete über eine Lautsprecheranlage gegen den Lärm an. Dabei versprach er erneut ein neues Entlastungspaket. Die bisherigen Beschlüsse der Ampel-Koalition brächten den Bürgern 30 Milliarden Euro, und noch nicht alles davon sei angekommen, sagte der SPD-Politiker. Klar sei aber: „Da muss noch mehr passieren.“ Darüber werde die Regierung „in den nächsten Tagen“ entscheiden.

Scholz: Schulbetrieb im Winter trotz Gasmangel gesichert

Scholz versprach auf eine entsprechende Frage bei dem Bürgerdialog auch ein dauerhaft „stabiles Rentenniveau“. Es gehe um eine langfristige Sicherung, „so dass man sich darauf verlassen kann, dass das eine Perspektive ist“, auch für heute 17-Jährige.

Auf die Frage eines Sechstklässlers sagte Scholz zu, dass trotz Gasmangels der Schulbetrieb im Winter einschließlich Aktivitäten in Turnhallen gesichert würden. „Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass wir das hinkriegen.“ Die ab Oktober geltende Gasumlage verteidigte der Kanzler.

Interessierte Zuhörer, aber auch viele Demonstranten kamen zum Schulplatz in Neuruppin, als Kanzler Scholz dort am Mittwochabend auftrat.
Interessierte Zuhörer, aber auch viele Demonstranten kamen zum Schulplatz in Neuruppin.

© dpa/Carsten Koall

Auch das Handeln der Regierung nach dem russischen Angriff auf die Ukraine rechtfertigte Scholz. Er äußerte zudem „ernsthafte Sorge“ über die Lage am ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja. Die Bundesregierung werde weiter darauf hinwirken, eine dramatische Situation vor Ort abzuwenden, sagte der SPD-Politiker. Es sei „eine ganz, ganz gefährliche Entwicklung, die da stattfinden kann“.

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Das größte Atomkraftwerk Europas ist von russischen Truppen besetzt und wurde in den vergangenen Tagen mehrfach beschossen. Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig dafür verantwortlich.

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Das raue politische Klima wurde auch durch eine weitere Frage eines Bürgers deutlich. „Wenn die Menschen wieder auf die Straße gehen, werden Sie den Schießbefehl erteilen?“, fragte der Mann. „Wird die Polizei, die jetzt hier steht, gegen die Bevölkerung eingesetzt? Wir haben erlebt, wie haarscharf es hier war. Die Frage ist ernst gemeint.“

Scholz wies das entschieden zurück. „Niemand in diesem Land hat vor, dass auf Demonstranten geschossen wird, und wer solche Schauermärchen verbreitet, ist ein schlimmer Propagandist, wenn ich das einmal ganz deutlich sagen darf.“

Demonstranten fordern Lindner-Rücktritt vor FDP-Zentrale

Proteste gab es am Mittwoch auch gegen den Bundesfinanzminister Christian Lindner. Dutzende Demonstranten forderten vor der FDP-Geschäftsstelle in Berlin-Mitte seinen Rücktritt. Unter dem Motto „Lindner raus. Umverteilung jetzt.“ versammelten sich am frühen Abend mehrere Dutzend Menschen, die dem FDP-Politiker eine ungerechte Politik vorwerfen.

Sehen im Finanzminister den "Porscheminister": Demonstranten am Mittwochabend vor der FDP-Zentrale in Berlin.
Sehen im Finanzminister den „Porscheminister“: Demonstranten am Mittwochabend vor der FDP-Zentrale in Berlin.

© dpa/Paul Zinken

„Wir wissen, das Problem ist weitaus größer als Christian Lindner, doch in diesem Moment ist er ein Riesenproblem“, schrieben die Veranstalter im Vorfeld der Versammlung auf Facebook. Laut einem Sprecher der Polizei verlief die Demonstration friedlich, Angaben über die Teilnehmerzahl machte er zunächst nicht.

Schilder mit Aufschriften wie „Wir können uns keinen Porscheminister leisten“ nahmen dabei Bezug auf Schlagzeilen aus der jüngeren Vergangenheit über einen angeblich sehr engen inhaltlichen Austausch zwischen Porsche-Chef Oliver Blume und Lindner. Aber auch Themen wie das Neun-Euro-Ticket, Finanzhilfen für Bedürftige und die Forderung nach einer Übergewinnsteuer für Unternehmen, die von der Energiekrise profitieren, fanden sich auf den Schildern der Demonstranten. Auch die Linke war mit einem Banner vertreten. (Tsp, dpa)

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