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Bei dem Volksentscheid am 26. September 2021 hatten gut 59 Prozent der Wählerinnen und Wähler für die Vergesellschaftung von Immobilienunternehmen mit mehr als 3000 Wohnungen in Berlin gestimmt.

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Folgen aus Volksentscheid in Berlin: Rechnungshof warnt vor Risiken durch Enteignungen

Zwei Jahre nach der Abstimmung über die Vergesellschaftung von privaten Wohnungsunternehmen in Berlin wird klar: Das Land kann das Vorhaben nicht alleine stemmen.

Der Rechnungshof Berlin hat eindringlich vor gravierenden Folgen der Enteignung von Wohnungsunternehmen gewarnt und auf rechtliche Risiken hingewiesen. Eine sogenannte Vergesellschaftung sei „ohne wesentliche Folgen für das Land und die Mieter“ nur möglich, wenn die Unternehmen „weit unter dem Verkehrswert entschädigt werden“, sagte Rechnungshofspräsidentin Karin Klingen am Donnerstag bei der Vorstellung des Jahresberichts.

Selbst wenn die Unternehmen nur zu einem Viertel des Verkehrswerts der Immobilien – nämlich elf Milliarden Euro – entschädigt werden, seien Zuschüsse aus dem Haushalt oder Mieterhöhungen nötig. Der Rechtshof habe eigene Berechnungen anhand verschiedener Varianten durchgeführt, sagte Klingen. Eine detaillierte Stellungnahme werde der Rechnungshof demnächst beim Senat abgeben. Es gebe rechtliche Risiken bei der Höhe der Entschädigungssumme, sagte Klingen. In Politik und Wirtschaft wird bei Entschädigungen weit unter Verkehrswert mit langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen gerechnet.

Eine noch vom rot-grün-roten Senat eingesetzte Expertenkommission war zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Vergesellschaftung großer Immobilienkonzerne juristisch und verfassungsrechtlich möglich sei. Anlass für die Kommission war ein Volksentscheid im September 2021, bei dem 60 Prozent der Wähler für eine Enteignung großer Wohnungsunternehmen stimmten.

Der neue schwarz-rote Senat wollte nun ein Rahmengesetz entwerfen, um das zunächst vom Bundesverfassungsgericht überprüft werden sollte. Die Koalition wollte das Gesetz, das eine rechtliche Grundlage für eine mögliche Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen, aber auch von Unternehmen in anderen Wirtschaftsbereichen der Daseinsvorsorge sein sollte, bis zum Spätsommer 2024 vorlegen.

CDU und SPD wollen trotz der einjährigen Arbeit der Vergesellschaftungskommission, die einen 156-seitigen Abschlussbericht vorgelegt hat, zunächst erneut ein externes Rechtsgutachten einholen.

Die federführende Senatsfinanzverwaltung pocht auf „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“. Trotz der Ergebnisse der Expertenkommission seien „wesentliche verfassungsrechtliche Fragen zur Vergesellschaftung umstritten“ – etwa zum Umfang, zu Voraussetzungen und zu den „Maßstäben zur Bewertung von zu vergesellschaftendem Vermögen“.

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