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Kai Wegner (CDU), Regierender Bürgermeister von Berlin, und Cansel Kiziltepe (SPD), Berliner Senatorin für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung, knien während einer Gedenkveranstaltung am 19. Todestages der Berlinerin Hatun Aynur Sürücü vor den niedergelegten Kränzen.

© dpa/Sebastian Christoph Gollnow

Gedenken an Hatun Sürücü in Berlin: „Dieser Mord darf niemals vergessen werden“

Vor 19 Jahren wurde Sürücü in Berlin erschossen. Bürgermeister Kai Wegner sprach sich für mehr Maßnahmen gegen Gewalt an Frauen aus. Initiativen kritisierten fehlende Gelder.

Vor 19 Jahren, am 7. Februar 2005, wurde die Neuköllnerin Hatun Aynur Sürücü in der Oberlandstraße in Tempelhof von ihrem jüngeren Bruder mit drei Kopfschüssen getötet. Sie wurde 23 Jahre alt und hinterließ einen kleinen Sohn.

„Eine junge Frau will frei und selbstbestimmt leben. Das sollte eigentlich selbstverständlich sein“, sagte Berlins Regierender Bürgermeister, Kai Wegner (CDU), bei der Gedenkveranstaltung für Hatun Sürücü am Mittwoch.

Am Gedenkstein nahe dem Tatort hatten sich mehrere Dutzend Personen aus Politik, Zivilgesellschaft und von verschiedenen Initiativen und Vereinen versammelt. Darunter waren unter anderen die Bürgermeister von Neukölln und Tempelhof, Martin Hikel (SPD) und Jörn Oltmann (Grüne), sowie Sozialsenatorin Cansel Kiziltepe (SPD).

Gewalt gegen Frauen ist nach wie vor aktuell

Die Tat habe Berlin erschüttert. „Dieser Mord darf niemals vergessen werden. Hatun Sürücü darf niemals vergessen werden“, sagte Wegner weiter. Sürücüs Wunsch, frei zu leben, sei ihr Todesurteil gewesen. Auch heute noch sei die Tat von bedrückender Aktualität: Es gebe immer noch Gewalt gegen Frauen und Mädchen, oft aus einem falschen Begriff von Ehre heraus.

Unweit des Tatortes, einer Bushaltestelle in Tempelhof, erinnert ein Gedenkstein an Sürücü.
Unweit des Tatortes, einer Bushaltestelle in Tempelhof, erinnert ein Gedenkstein an Sürücü.

© dpa/Sebastian Christoph Gollnow

„Gewalt gegen Frauen darf niemals auf Herkunft reduziert werden“, sagte Wegner weiter. Sie habe viele Facetten und werde meist dort ausgeübt, wo man sie nicht mitbekomme: in der eigenen Familie, hinter geschlossener Tür. Wegner mahnte, dass alle Menschen in ihrem Umfeld genauer hinsehen müssten, um Schicksale wie jenes von Hatun Sürücü zu verhindern. Dazu solle künftig auch eine Gesamtstrategie des Senats gegen Gewalt an Frauen beitragen, kündigte Wegner an.

Gewalt gegen Frauen darf niemals auf Herkunft reduziert werden

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner

Ähnlich äußerte sich auch Senatorin Kiziltepe. Hatun Sürücü sei zu einem Sinnbild für Zwangsheiraten und Gewalt im Namen der Ehre geworden. „Hatuns Tod war ein Femizid“, sagte Kiziltepe. Ihr Gedenken stehe auch für das Gedenken an all jene Frauen und Mädchen, die weltweit getötet werden, weil sie Frauen sind.

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Kiziltepe hob die Bedeutung von präventiven Maßnahmen hervor, die etwa im Landesaktionsplan gegen Gewalt an Frauen vorgesehen sind. Dazu zähle der Ausbau von Schutzplätzen und Beratungsangeboten. Diese würden sich auch an Menschen aus der queeren Community richten, die Opfer von Zwangsverheiratung und Gewalt würden.

„Unser Ziel ist es, dass jedes betroffene Mädchen, jede betroffene Frau die Unterstützung bekommt, die sie in ihrer individuellen Situation benötigt“, sagte Kiziltepe.

Initiativen kritisieren Sparmaßnahmen

Dass es an der Durchführung des Konzeptes allerdings hakt, sagten Vertreter des Vereines „Heroes“. Das feministische Jugendprojekt kämpft gegen genau jene Welt- und Rollenbilder, die oft hinter der Gewalt gegen Frauen und Mädchen stecken, „Unsere Arbeit ist aktuell wichtiger denn je“, sagte ein Vertreter des Projektes.

„Gleichzeitig sind wir von drastischen Kürzungen betroffen, die uns daran hindern, unsere Arbeit richtigzumachen“, sagte er in Richtung Politik. Die aktuellen Sparmaßnahmen in Land und Bezirken betreffen insbesondere die soziale Infrastruktur, darunter auch Jugendprojekte.

Die Einsparungen betreffen auch den Senat selbst. Der von Kiziltepe erwähnte Landesaktionsplan dient der Umsetzung der sogenannten Istanbul-Konvention, die Frauen vor Gewalt schützen soll. Wie der Tagesspiegel-Newsletter „Checkpoint“ berichtete, soll es am 23. Februar nun ein erstes Treffen des „Runden Tisches“ geben, bei dem Maßnahmen für 2024 und 2025 priorisiert werden.

Was bereits jetzt feststeht: An der, wie in der Konvention vorgesehenen, Koordinierungsstelle wurde gespart. Wie aus einer Anfrage der Abgeordneten Bahar Haghanipour (Grüne) und Ines Schmidt (Linke) hervorgeht, wird der Posten nach dem Weggang der Stelleninhaberin nicht nachbesetzt: „Eine Verstetigung der Beschäftigungsposition“ konnte im Haushalt nicht realisiert werden, heißt es. Insgesamt sind aktuell in der Sozialverwaltung in der Abteilung „Frauen und Gleichstellung“ 14 Stellen unbesetzt.

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