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In einem Wahllokal wird die Wahlurne um 18 Uhr geöffnet und die Stimmzettel werden aus der Wahlurne geschüttet.

© imago/Rüdiger Wölk/imago/Rüdiger Wölk

Linke an der Spitze, SPD rutscht ab: Die Gewinner und Verlierer der Bundestagswahl 2025 in Berlin

Die Bundestagswahl hat in Berlin für einige Überraschungen gesorgt. Grüne und SPD erleiden deutliche Verluste, während AfD und Linke zulegen. Ein Überblick.

Stand:

Bei der Bundestagswahl in Berlin hat die Linke einen historischen Erfolg errungen. Die Partei hat ihr Ergebnis im Vergleich zur Bundestagswahl 2021 fast verdoppelt und wurde mit 19,9 Prozent der Stimmen stärkste Kraft. Die Wahlbeteiligung lag mit 80,3 Prozent über dem Wert der Wahl 2021, damals waren es 75 Prozent.

Zudem errang die Linke in den Bezirken mehrere Direktmandate. Partei-Urgestein Gregor Gysi gewann in Treptow-Köpenick deutlich vor dem zweitplatzierten AfD-Kandidaten. Er werde als dienstältester Bundestagsabgeordneter nun „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tatsächlich der Alterspräsident des neuen Bundestags“ sein, sagte Gysi vor jubelnden Anhängern.

Auch in Neukölln, Lichtenberg und in der Grünen-Hochburg Friedrichshain-Kreuzberg errang die Linke die Direktmandate. Der Neuköllner Linke-Kandidat Ferat Koçak sagte: „Wir haben hier heute verdammt nochmal Geschichte geschrieben.“ Die Linke werde für einen Mietendeckel, eine Vermögenssteuer und ein bezahlbares Leben kämpfen, sagten die Landesparteichefs Franziska Brychcy und Maximilian Schirmer.

CDU auf Platz zwei

Hinter der Linken landete auf Platz zwei die CDU mit 18,3 Prozent, die sich leicht steigerte. Der CDU-Landeschef, Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner, nannte das Ergebnis der Union im Bund trotz des Wahlsieges nicht zufriedenstellend. „Von der Debatte um die Brandmauer haben vor allem die politischen Ränder profitiert“, sagte er. „Deutschland braucht dringend neue Investitionen in die Infrastruktur sowie einen wirtschaftspolitischen Neustart. Unser Land braucht grundlegende Kursänderungen in der Sicherheits- und in der Migrationspolitik.“

So haben die Berliner Wahlkreise gewählt

Die Karte zeigt die Ergebnisse für die Berliner Wahlkreise bei der Bundestagswahl 2025.

Daten: Landeswahlleiter Berlin, Stand 14.03.25, 10:25

Monika Grütters (CDU), die nicht erneut zur Wahl antrat, sagte über das Ergebnis ihrer Partei im Bund: „Bei mir herrscht eine gewisse Ernüchterung und auch ein bisschen Ratlosigkeit.“ Ein Grund sei das Thema Migration. „Es ist uns durch die Attentate aufgezwungen worden“, sagt sie. Der frühere Justizsenator und langjährige Abgeordnete Thomas Heilmann, der nicht erneut kandidierte, kritisierte Merz. Die „Fokussierung auf Migration war sicher falsch“, sagte er.

Die Grünen und die SPD erlitten deutliche Einbußen. Die Grünen haben fünf Prozentpunkte verloren und landeten auf Platz drei mit 16,8 Prozent. Die AfD hat mit 15,2 Prozent ihr bislang bestes Ergebnis in Berlin geholt.

SPD erleidet dramatische Verluste

Die Sozialdemokraten erlitten dramatische Verluste: Die Partei verlor sieben Prozentpunkte im Vergleich zu 2021 und landete mit nur noch 15,1 Prozent der Stimmen auf dem fünften Platz. Das BSW holte in Berlin ein besseres Ergebnis als auf Bundesebene: 6,6 Prozent. Die FDP erhielt nur 3,8 Prozent der Stimmen. 

Die CDU gewann die Direktmandate in drei Wahlkreisen: in Reinickendorf, Steglitz-Zehlendorf und Charlottenburg-Wilmersdorf. In Marzahn-Hellersdorf lag Mario Czaja, der als Kritiker des Kurses von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz gilt, am Abend lange vorn. Am Ende unterlag er Gottfried Curio. Damit gewann die AfD erstmals ein Direktmandat bei einer Bundestagswahl in Berlin.

„Der Osten ist ganz offensichtlich ein deutliches Frühwarnsystem für das gesamte politische System in Deutschland“, sagte Czaja. „Man sieht hier ganz deutlich, dass wenn die Parteien der Mitte streiten, anstatt gemeinsam Lösungen zu finden, dann gerät das ganze politische System ins Kippen.“

Die Grünen gewannen die Direktmandate in Pankow, Mitte und Tempelhof-Schöneberg. Lediglich in Spandau führte die SPD bei der Erststimme für das Direktmandat. Berlins früherer Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) unterlag in Charlottenburg-Wilmersdorf.

Ergebnisse der Parteien

Amtliches Endergebnis im Vergleich zu den Wahlergebnissen von 2021

Union
28,5%
+4,4
AfD
20,8%
+10,4
SPD
16,4%
−9,3
Grüne
11,6%
−3,1
Linke
8,8%
+3,9
BSW
4,98%
+4,98
FDP
4,3%
−7,1
'21
2025
Sonst.
4,6%
−4,2
Daten: Bundeswahlleiterin, Stand 14.03.25, 10:25

Weil Müller nicht über die Landesliste abgesichert ist, verliert er sein Mandat im Bundestag. Müller rechnete mit seinem im Bundesvergleich linken SPD-Landesverband ab. „Die Berliner SPD-Funktionäre genügen sich oft selbst und bestärken einander in ihren eigenen Positionen.“

Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) sagte: „Die SPD muss wieder eine Volkspartei werden, die eine bürgernahe und pragmatische Politik der Mitte macht.“ Mit Blick auf die AfD, die zweitstärkste Partei im Bund geworden sei, sagte sie: „Haltung alleine reicht nicht, um dieser Entwicklung genug entgegenzusetzen. Die SPD muss die Probleme lösen.“

Eine Demonstration vor der CDU-Zentrale in Berlin war am Abend deutlich kleiner als erwartet – laut Polizei kamen 75 Teilnehmer, angemeldet waren 750. Bei Protesten nahe der AfD-Bundesgeschäftsstelle gab es drei Festnahmen.

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