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Hier soll einmal ein neues Stadtquartier entstehen – direkt hinter dem Roten Rathaus.

© imago/Jürgen Ritter

Pläne für historische Mitte Berlins: Opposition warnt vor Disneyland-Fassaden und Luxus-Mieten

Grüne und Linke reagieren mit deutlicher Ablehnung auf die Bebauungspläne des Senats für den Berliner Molkenmarkt. Besonders die historisierende Bebauung sehen sie kritisch.

Die Senatspläne für die Bebauung des Molkenmarktes in Berlins historischer Mitte lösen scharfe Kritik der Opposition aus. Besonders der geplante Charakter des Stadtquartiers mit deutlichen „historischen Bezügen“ wird bemängelt. „Es ist zu befürchten, dass der Senat durch Gestaltungsvorgaben einen historisierenden Wiederaufbau mit Disneyland-Altbaufassaden durchdrücken will“, sagte der Stadtentwicklungsexperte der Grünen-Fraktion, Julian Schwarze. „Stattdessen brauchen wir am Molkenmarkt bezahlbaren Wohnraum und eine ökologische und zukunftsweisende Quartiersentwicklung.“

Schwarze meint, es dürfe am Molkenmarkt keine „Wiedergeburt früherer Bebauung“ geben. Das Quartier in zentraler Lage müsse stattdessen ökologisch und zukunftsweisend errichtet werden. „Die Ausführungen des Senators zu einer kleinteiligen Bebauung mit historischen Bezügen machen misstrauisch. Schmale Häuser machen das Bauen teuer und nur für wenige Akteure attraktiv“, sagte Schwarze.

Linke-Politikerin nennt Potsdam und Frankfurt als Negativbeispiele

Ähnlich äußerte sich auch die Stadtentwicklungsexpertin der Linken-Fraktion, Katalin Gennburg. „Es wird lieber über Schnörkelfassaden diskutiert als über sozialen Wohnraum“, sagte Gennburg dem Tagesspiegel. „Leider wiederholt sich damit eine Tragödie, die wir aus Frankfurt und Potsdam kennen: Öffentliches Geld wird für historische Retortenviertel verschwendet.“ Gennburg fürchtet, dass das Quartier in dieser Form für die beiden landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften WBM und Degewo nicht finanzierbar sein könnte.

Am Molkenmarkt droht ein weiteres Luxusquartier ohne bezahlbare Wohnungen.

Julian Schwarze, Stadtentwicklungsexperte der Grünen-Fraktion

„Mit der Vorgabe des Senats über eine historische Anordnung ergibt das ein enges Korsett für das Projekt, durch das mutmaßlich die städtischen Wohnungsbaugesellschaften zum Aussteigen gezwungen werden“, sagte Gennburg. Sie warnte davor, dass dann private Immobilienfirmen übernehmen würden oder die Neubauten mit dem Bau von Eigentumswohnungen querfinanziert werden könnten. Eine ähnliche Sorge äußerte auch Grünen-Politiker Schwarze: „Am Molkenmarkt droht ein weiteres Luxusquartier ohne bezahlbare Wohnungen“, sagte er.

Wünscht sich eine historische Bebauung: Berlins Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD).

© Tagesspiegel/Lydia Hesse

Am Dienstag hatte der Berliner Senat auf Vorlage von Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) einen Rahmenplan für die Bebauung beschlossen. 450 Wohnungen sollen auf der historischen Fläche hinter dem Roten Rathaus entstehen, dazu reichlich Raum für Gewerbe, soziale Infrastruktur und Kulturräume. Die Hälfte der Wohnungen soll „mietpreisgedämpft“ sein, die Bebauung dem historischen Charakter des Ortes als Wiege Berlins gerecht werden, wie Gaebler deutlich machte. Die genaue Planung obliege aber Architekten.

Im Rahmenplan, der dem Tagesspiegel vorliegt, wird jedoch deutlich, wie sehr der Senat sich schon auf einen historisierenden Charakter festgelegt hat: So sollen die Dachflächen in den neuen Wohnblöcken sich an den Dachschrägen des benachbarten Nikolaiviertels orientieren, auch die Gebäude selbst sollen sich mit fünf bis sechs Etagen jeweils an den kleinteiligen Dimensionen aus der Vergangenheit orientieren. Die Straßen im Quartier werden zwar von Durchgangsverkehr befreit, aber grundsätzlich soll es Fahrtrassen geben, die an die historisch belegte Straßenführung dort erinnern.

Der gewünschte starke Bezug zur historischen und historisierenden Bebauung der benachbarten Gebäude im Nikolaiviertel oder der Alten Münze wird deutlich betont.

Auch der Sprecher für Stadtentwicklung der SPD, Mathias Schulz, warnt deshalb: „Historische Bezüge sind in Ordnung. Diese müssen sich aber dem bezahlbaren Wohnen unterordnen.“ Der Anteil an Wohnungen, die von den landeseigenen Wohnungsunternehmen (LWU) gebaut werden, müsse am Ende so hoch wie möglich sein. „Auf den landeseigenen Grundstücken sollten daher ausschließlich die LWU bauen.“

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