zum Hauptinhalt
Betten stehen in einem Raum als Unterkunft für Geflüchtete im Ankunftszentrum Tegel.

© dpa/Carsten Koall

Update

Platz für mehr als 6000 Geflüchtete: Berlin plant 16 neue Container-Unterkünfte – Kritik aus Bezirken

In fast allen Bezirken sollen neue Flüchtlingsunterkünfte entstehen. Der Senat kalkuliert mit Kosten von mehr als 200 Millionen Euro. Der Streit um Schulangebote ist geschlichtet.

| Update:

Der Berliner Senat hat 16 neue Containerstandorte für die Unterbringung von Geflüchteten beschlossen. „Das gibt uns ein Stück weit Luft zum Atmen, aber die Gesamtherausforderung wird bleiben“, sagte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) im Anschluss an die Senatssitzung am Dienstag. „Die Ankunftszahlen steigen wieder. Das überrascht uns nicht, davon sind wir ehrlicherweise immer ausgegangen“, sagte Wegner.  

Die Container-Anlagen sollen in verschiedenen Bezirken zwischen 2025 und 2026 errichtet werden und Platz für 6130 Menschen bieten. „Wir haben hier eine Grundlage, um die Herausforderungen, die uns erwarten, anzugehen“, sagte Integrationssenatorin Cansel Kiziltepe (SPD). Sie betonte, dass alle Entscheidungen zu dem Themenkomplex einstimmig gefällt worden seien. Im Vorhinein hatte es insbesondere zwischen der Integrations- und der Bildungsverwaltung Meinungsverschiedenheiten gegeben.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Mit den 16 Containerstandorten werden zwei verschiedene Kategorien von Unterkünften entstehen. Manche der Containerunterkünfte werden als eine Art Wohnheim mit Gemeinschaftsküche und geteilten Sanitäranlagen geplant. An anderen Standorten sollen kleine Appartements mit je einer Küche für zwei Zimmer errichtet werden. Die Unterkünfte können ein- bis dreigeschossig sein.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen. Diese finden Sie ganz unten auf unserer Seite im Footer, sodass Sie Ihre Einstellungen jederzeit verwalten oder widerrufen können.

Die Kosten für den Bau und die Miete werden derzeit auf rund 208,5 Millionen Euro kalkuliert. Viele der Containerunterkünfte sollen für mindestens drei Jahre genutzt werden, maximal jedoch bis 2030, wie zum Beispiel in der Fürstenwalder Allee. Mehrere Standorte könnten aber auch unbefristet bestehen, wie etwa der Bau in der Klützer Straße in Lichtenberg oder der Eldenaer Straße 33 in Pankow.

Weitere Standorte sind das Areal der Alexander Barracks in Spandau, ein Bauplatz in Tegel Nord und ein Parkplatz in Neukölln am Sangerhauser Weg.

Einigung im Streit um Schulplätze

Um die Standorte zu finden, gab es Gespräche zwischen dem Koordinator für Flüchtlingsangelegenheiten, Albrecht Broemme, sowie den Bezirksbürgermeistern, dem Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) und der Berliner Immobilienmanagement GmbH. Die Bezirke seien bereits frühzeitig über die Liste der Standorte informiert worden, hieß es.

Mit Blick auf die Bereitstellung der Schulplätze hat sich der Senat geeinigt. Zuvor hatte es Streit über die Zuständigkeit zwischen der Sozial- und der Bildungsverwaltung gegeben. Die Sozialverwaltung wollte nicht für die Schaffung von Schulräumen in den Unterkünften zuständig sein, die Bildungsverwaltung setzte sich für Unterrichtsangebote in den Unterkünften ein.

Nun sieht die unter der Vermittlung des Finanzsenators Stefan Evers (CDU) gefundene Einigung vor: Sollten keine Schulplätze in der Nähe frei sein, werden Unterrichtsräume in oder an den Containerstandorten geschaffen. Das ist ein Paradigmenwechsel. Außer in Tegel wurden geflüchtete Kinder bislang immer auf bestehende Schulstandorte aufgeteilt. Wegen des Schulplatzmangels war dies aber in den vergangenen Monaten nicht immer möglich.

Sechs neue Leichtbauhallen für Tegel

An einigen Standorten steht schon jetzt fest, dass Beschulung direkt vor Ort stattfinden soll: Bei den Unterkünften am Askanierring 70-108a, in der Cordesstraße 2-9, in der Darßer Straße 153 sowie in Tegel Nord und an der Fürstenwalder Allee 356 sollen Räumlichkeiten für Beschulung und Betreuungsangebote direkt auf dem Gelände der Unterkunft oder in der Nähe bereitgestellt werden. Die Schulangebote müssten aber immer an eine reguläre Schule angebunden sein, sagte Kiziltepe. Das habe man beschlossen, „weil Integration am besten in gemischten Klassen im Regelsystem funktioniert“, sagte Kitziltepe.

Senatschef Wegner bekräftigte: „Für mich ist wichtig, dass wir es nicht zulassen, dass in dieser Stadt Kinder sind, die kein Bildungsangebot haben.“ Senatorin Kiziltepe stellte klar, dass die Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter in der Verantwortung der Bildungsverwaltung liege.

Um weiter für Entlastung zu sorgen, hat der Senat am Dienstag auch die Verlängerung der Großunterkunft für Geflüchtete auf dem ehemaligen Flughafengelände Tegel bis Ende 2025 beschlossen.

Zudem soll die Unterkunft noch ausgebaut werden: An einer Freifläche am angrenzenden Kurt-Schumacher-Damm sollen sechs weitere Leichtbauhallen aufgestellt werden und so 1000 weitere Plätze entstehen. Dies sei kein ausdrücklicher Wunsch des Senats gewesen, sagte Wegner. „Aber wir müssen uns den Realitäten anpassen. Deswegen müssen wir auf den Standort Tegel weiter bauen“, sagte er.

Mit Blick auf die Kosten zur Versorgung Geflüchteter appellierte der Regierende erneut an die Bundesregierung. „Hier erwarten wir schon – und da sind wir uns mit den anderen Bundesländern einig – dass der Bund die Länder nicht alleinlässt.“ Der Bund müsse sich stärker einbringen. Auch Sozialsenatorin Kiziltepe plädierte erneut für ein „atmendes System“, bei dem die Länder vom Bund je nach Anzahl der ankommenden Geflüchteten Mittel bekommen.

Deutliche Kritik war am Dienstag aus den Bezirken zu hören. Diese seien frühzeitig in die Standortsuche eingebunden gewesen, hatte es bei der Senatspressekonferenz geheißen. Doch das Bezirksamt Reinickendorf teilte mit, man habe von den zwei geplanten Containerstandorten aus der Presse erfahren. „Dies ist speziell für den Bereich des ehemaligen Borsiggeländes erneut ein unabgestimmtes, noch nicht einmal im Vorfeld mit den Bezirken kommuniziertes Vorpreschen der Landesebene in Sachen Flüchtlingsunterbringung“, sagte Bezirksbürgermeisterin Emine Demirbüken-Wegner (CDU).

Zwar habe die Senatsverwaltung Ende Februar gewisse Standorte abgefragt. „Wir haben daraufhin zum 14.3. mitgeteilt, dass wir den Standort Am Borsigturm ablehnen“, sagte sie dem Tagesspiegel. Doch zur finalen Entscheidung des Senats habe es anders als vereinbart keine Kommunikation mehr gegeben. „Das ist nicht mehr kollegial“, sagte Demirbüken-Wegner. Ähnlich äußerte sich Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Martin Schaefer (CDU). Das Bezirksamt Lichtenberg habe die jetzt festgelegten Standorte schon im Vorfeld mit Verweis auf die fehlende Infrastruktur und weitere Bedenken abgelehnt, hieß es in einer Mitteilung.

Die Bezirke, die bereits am meisten leisten, werden zusätzlich belastet.

Martin Schaefer (CDU), Bezirksbürgermeister Lichtenberg, über die neuen Container-Unterkünfte

„Die Bezirke, die bereits am meisten leisten, werden zusätzlich belastet“, erklärte er der Deutschen Presse-Agentur. Allein in seinem Bezirk sollen vier neue Container-Anlagen entstehen. „Wir wurden zwar informiert, dass diese Standorte in der Prüfung seien. Aber alle vier Standorte sind für Unterkünfte nicht geeignet“, so Schäfer. „Ohne Schulen, Kitas, Hebammen, Ärzte und soziale, integrative Angebote kann das Zusammenleben nicht gelingen. Das fördert nur die radikalen Kräfte und schadet dem sozialen Zusammenhalt.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false