zum Hauptinhalt
Am Freitag beginnen die Sondierungsgespräche der CDU mit SPD und Grünen. Für die CDU steht viel auf dem Spiel.

© dpa/Monika Skolimowska

Senats-Spitze oder Gang in die Opposition?: Für die Berliner CDU beginnt das harte Ringen um die Macht

Heute beginnen die Sondierungsgespräche der CDU mit SPD und Grünen. Welchen politischen Preis ist die Union bereit zu zahlen, um endlich in die Regierung zu kommen?

Die Zeit, sich nach der Wahl zu sammeln, ist für Berlins Parteien vorbei. Am Freitag beginnen die ersten Sondierungsgespräche – und damit die entscheidende Phase um die Frage, wer künftig Berlin regiert. Für die Berliner CDU steht von Beginn an viel auf dem Spiel.

Landet die Wahlsiegerin in der Opposition, oder führt das starke Wahlergebnis die CDU in die langersehnte Regierungsführung? Entscheiden darüber dürfte nicht zuletzt, wie weit die konservative Kraft im Parlament bereit ist, für den Griff nach der Macht in die Mitte zu rücken.

Als mit Abstand stärkste Partei bei der Wahl hat die CDU in den vergangenen Tagen SPD und Grüne zu den ersten Sondierungsrunden eingeladen. Um 10 Uhr am Freitag treffen sich zunächst die Spitzen von CDU und SPD auf dem Euref-Campus in Schöneberg. Nachmittags steht die Runde mit den Grünen an.

Das sind die Teilnehmer der Sondierungen

Auf Unionsseite nehmen neben Spitzenkandidat Kai Wegner und Generalsekretär Stefan Evers die stellvertretenden Landesvorsitzenden Manja Schreiner und Frank Balzer sowie die Abgeordneten Cornelia Seibeld und Katharina Günther-Wünsch teil.

Für die Grünen werden Spitzenkandidatin Bettina Jarasch, die beiden Landesvorsitzenden Susanne Mertens und Philmon Ghirmai, die Fraktionschefs Silke Gebel und Werner Graf sowie der parlamentarische Geschäftsführer Sebastian Walter die Gespräche führen.

Die SPD entsendet neben Spitzenkandidatin Franziska Giffey und ihrem Co-Landeschef Raed Saleh die weiteren Mitglieder des geschäftsführenden Landesvorstands, Cansel Kiziltepe, Ina Czyborra, Kian Niroomand, Rona Tietje und Michael Biel.

Heikle Gespräche für die CDU

Insbesondere für die CDU werden es heikle Gespräche. Die Partei war am vergangenen Sonntag mit 28,2 Prozent der Stimmen so erfolgreich wie seit mehr als 20 Jahren nicht. CDU-Kandidaten gewannen eine deutliche Mehrheit der Direktmandate. SPD und Grüne wurden von der Union hingegen weit abgehängt. Auch dank vieler Protestwähler, die sich keine Fortsetzung von Rot-Grün-Rot wünschen.

„Wir gehen offen in die Sondierungsgespräche mit den beiden zweitplatzierten Parteien. Unser klares Ziel ist es, eine stabile Berlin-Koalition zu bilden, die vertrauensvoll zusammenarbeitet und gemeinsam dafür sorgt, dass Berlin wieder funktioniert“, sagte Kai Wegner dem Tagesspiegel.

Ob Wegner künftig mit seiner Partei den Senat anführt, bleibt dennoch ungewiss. Die Partei strotzt dank des Wahlergebnisses vor Stärke. Umso größer ist die Sorge, am Ende trotz der hervorragenden Ausgangslage wieder mit leeren Händen dazustehen.

Die Präferenz der Grünen für eine Fortsetzung des rot-grün-roten Bündnisses ist eindeutig. Auch in der SPD würden viele lieber weiter mit Grünen und Linken regieren, als Junior-Partner in einer schwarz-roten Koalition zu werden. Wie weit ist die CDU bereit, den beiden potenziellen Partnern entgegenzukommen – auf die Gefahr hin, dafür eigene Positionen aufgeben zu müssen?

Inhaltlich läge ein Bündnis mit der SPD näher

Betrachtet man nur die Programme, läge ein Bündnis mit der SPD näher. Die inhaltlichen Überschneidungen, etwa bei der inneren Sicherheit oder der Verkehrspolitik, sind deutlich größer. Dennoch haben einige Unionspolitiker bei der Vorstellung ungute Gefühle. Mancher zweifelt an der Verlässlichkeit der Sozialdemokraten als Partner angesichts der ungeklärten Lage in der Partei. „Keiner weiß, wie die SPD gerade tickt“, bringt es ein Abgeordneter auf den Punkt.

Also doch eher Schwarz-Grün? Bei vielen Themen liegen die Parteien weit auseinander. Dennoch erkennen einige CDU-Politiker darin einen gewissen Reiz. Das Bündnis stünde schon insofern für Veränderung, als es mehr als 20 Jahre SPD-Regierung beenden würde. Eine Verwaltungsreform ließe sich wohl ohne allzu große Probleme umsetzen.

Spricht man dieser Tage mit Unionspolitikern, verweisen einige auch auf die Wahlkarte der Direktmandate. Im Stadtzentrum dominieren dabei die Grünen, umringt von einem großen, schwarzen Ring am Stadtrand. Eine Koalition würde die dominierenden Strömungen in allen Stadtteilen abbilden.

Auch Wegner selbst benutzt dieses Bild: „Die Karte der Wahlergebnisse zeigt es deutlich: Berlin braucht eine Regierung, die die Stadt wieder zusammenführt. Innen- und Außenstadt, Jung und Alt, Fahrradfahrer und Autofahrer müssen wieder miteinander versöhnt werden.“

Rote Linien bei den Grünen

Nur um welchen Preis? Grüne-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch machte in dieser Woche nochmals klar, wo für sie die roten Linien verlaufen. „Ohne die Fortführung der umweltfreundlichen Mobilitätswende können wir keine Koalition schmieden“, sagte im Interview mit der „Zeit“.

Viele Wähler sind radikalisiert worden in ihrer Antipathie gegenüber den Grünen. Der Weg für uns ist größer als noch vor fünf Wochen.

Ein CDU-Politiker

Auch eine soziale Mietenpolitik mit klaren Regeln für die Wohnungswirtschaft gehöre für sie dazu. Ebenso wie eine progressive Gesellschaftspolitik, die Diskriminierung konsequent bekämpfe. „Das sind drei große Themenblöcke, bei denen wir sehr weit auseinander liegen. Und ich bin sehr gespannt, was die CDU uns hier anzubieten hat.“

Ist Wegner zu solchen Zugeständnissen bereit und führt seine Partei in die Mitte? Falls ja, dürfte er viele in der CDU damit verprellen. Mit den konservativen Politikern Cornelia Seibeld und Frank Balzer sitzen zudem zwei Gegner von Schwarz-Grün mit am Sondierungstisch.

Beim Thema Enteignungen scheinen die Hürden derzeit kaum überwindbar. Beide Seiten sehen in der Frage der Vergesellschaftung von Wohnkonzernen den größten inhaltlichen Brocken auf dem Weg zu Schwarz-Grün. 

Nicht zuletzt der sehr aggressiv geführte Wahlkampf dürfte unter den Wählern die Lager noch weiter voneinander entfernt haben. „Viele Wähler sind radikalisiert worden in ihrer Antipathie gegenüber den Grünen. Der Weg für uns ist größer als noch vor fünf Wochen“, sagt ein CDU-Politiker. „Das wird unfassbar schwer.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
false
showPaywallPiano:
false