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Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) im Abgeordnetenhaus.

© imago/Emmanuele Contini / IMAGO/Emmanuele Contini

Wegen desaströser Zustände in Berlin: Rotes Kreuz bietet an, Krankentransporte zu koordinieren

Im Streit zwischen Innensenatorin Iris Spranger (SPD) und Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) bietet das DRK an, eine Ad-hoc-Leitstelle aufzubauen.

Im Berliner Gesundheitswesen wird der von Innensenatorin Iris Spranger einberufene Krisengipfel zu den Krankentransporten begrüßt – zumal der Streit zwischen der SPD-Politikerin und Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) die Fachwelt zunehmend irritierte.

Spranger hatte im Zuständigkeitsgerangel mit Gote deren Idee zurückgewiesen, eine der Gesundheitsverwaltung zugeordnete „integrierte Leitstelle“ zu schaffen. Zu dieser Stelle hätte demnach auch die Spranger unterstehende Feuerwehr gehören sollen, was die Innensenatorin mit Blick auf Gotes Vorpreschen knapp kommentierte: „Es reicht.“

Auch unter Medizinern wird die Polit-Fehde thematisiert. Die Notärzte der Feuerwehr-Rettungswagen, die wegen der Vielzahl der 112-Anrufe überlastet sind, als auch die Mediziner in Praxen, Heimen und Kliniken, zu denen die oft hochbetagten Patienten mit den Krankentransporten kommen, fordern Klarheit.

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„Es muss endlich Schluss mit der Ungewissheit und der unklaren Zuständigkeit sein“, sagte Ärztekammer-Präsident Peter Bobbert dem Tagesspiegel. Der aktuelle Zustand sei „ein echtes Armutszeugnis für die Stadt“, der Senat müsse umgehend die Verantwortlichkeit klären. „Eine Institution muss nun die Koordination in die Hand nehmen.“

Wochenlanger Streit zwischen den Senatorinnen

Spranger will sich nächste Woche mit Vertretern der Gesundheitsverwaltung, der Feuerwehr, den Krankenversicherungen, der Kassenärztlichen Vereinigung, die für die ambulante Versorgung zuständig ist, sowie den Krankentransporteuren und dem Deutschen Rote Kreuz treffen.

Das Rote Kreuz hatte angeboten, angesichts der Not eine Ad-hoc-Leitstelle aufzubauen – Senatorin Gote kommentierte den Vorschlag nicht. Das DRK koordinierte zuletzt erfolgreich die Aufnahme der nach Berlin geflohenen Ukrainer. Zuvor hatte es mit dem Arbeiter-Samariter-Bund, der Lebens-Rettungs-Gesellschaft, den Johannitern und Maltesern die Corona-Impfzentren der Stadt organisiert.

„Ein Krisengipfel ist der richtige Weg, um die bekannten Probleme zu lösen. Unser Angebot steht, mit anderen Hilfsorganisationen gemeinsam könnten wir eine Leitstelle für die Krankentransporte aufbauen“, sagte ein DRK-Sprecher. „Wir wären bereit.“

Gote machte im wochenlangen Streit mit Spranger zunächst klar, dass aus ihrer Sicht auch Transporte von Kranken, die keine Notfälle sind, zum Rettungswesen der Innenverwaltung zählen. Dem widersprach Spranger heftig, auch die Senatskanzlei teilte mit: Die Gesundheitsverwaltung sei zuständig, nicht Inneres. Schließlich lenkte Gote ein. Und ließ mitteilen, man sei bereit, „Rettungsdienste und Krankentransporte mitsamt den bei der Feuerwehr und der Innenverwaltung bestehenden personellen und finanziellen Ressourcen“ in die Zuständigkeit der Gesundheitsverwaltung zu übernehmen, um „eine integrierte Leitstelle“ zu entwickeln.

Kassenärzte vermitteln keine Krankentransprte mehr

Die Innenverwaltung bewerte den überraschenden Vorschlag der Grünen-Politikerin entsprechend. Die „Multifunktionalität“ der Einsatzkräfte sei gerade darauf ausgelegt, sagte ein Sprecher Sprangers, „sowohl im Rettungsdienst als auch bei der Brandbekämpfung tätig zu sein“. Eine Trennung der einheitlichen Struktur ist „organisatorisch, finanziell und personell nicht umsetzbar und zielführend. Es wären dann für ein und denselben Beschäftigten zwei Aufsichten zuständig, die gegenläufige Interessen verfolgen würden.“

Zuletzt war innerhalb der Feuerwehr über die „Spaltung“ zwischen Brandbekämpfung und Rettungsdienst diskutiert worden, die man in der Innenverwaltung nicht befeuern wolle. „Ziel ist gerade eine Stärkung der Berliner Feuerwehr und nicht eine weitere Diskussion zur Spaltung“, sagte der Sprecher. „Die Beschäftigten sollen sich zu einer einheitlichen Berliner Feuerwehr bekennen können.“

Fachleute der Verwaltungen und der Hilfsorganisationen sagten am Dienstag in ähnlichem Tenor: Selbst wenn das Ziel ernst gemeint sei, alle Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr, privaten Krankentransporteuren und dem Bereitschaftsdienst der Kassenärzte über eine Leitstelle zu koordinieren, bräuchte es dafür Monate, wenn nicht Jahre. So kurz vor der Wahl wirke der Vorschlag willkürlich.

Auslöser der aktuellen Eskalation war die Entschlossenheit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Die hatte im Dezember angekündigt, keine Krankentransporte mehr über ihren Bereitschaftsdienst zu organisieren – rechtlich zuständig, sagen Fachleute, sei die KV nicht. Und auch die Feuerwehr übernimmt seit Montag nur Krankentransporte, wenn das entsprechende Unternehmen darlegt, dass es die geplante Tour nicht durchführen kann, es sich also um eine Notlage handelt. So sieht es das Rettungsdienstgesetz vor.

Die Zahl der von der KV vermittelten Krankentransporte stieg zuletzt, circa 70 solcher Touren werden pro Tag in Berlin absolviert. Die Transportfirmen werden meist von den Kassen der beförderten Senioren bezahlt. Aus den Unternehmen ist zu hören, dass die Kosten inzwischen höher seien, als die knappen Honorare der Kassen.

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