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Ein Schirm für die Schirmherrin: Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) und der Sprecher der AG der Freien Schulen, Andreas Wegener.

© Sabrina Gewecke

Update

Finanznot der Freien Schulen : Berlins Bildungssenatorin verspricht bessere Förderung

Die Freien Schulen leiden unter Geldnot. Bildungssenatorin Günther-Wünsch setzt sich für einen Energiekostenzuschuss ein. Der Rest braucht Zeit.

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Eine Zahl sagt mehr als alle Worte zu der Frage, warum Berlin die Freien Schulen – auch – braucht: „Es fehlen 26.000 Schulplätze“, nannte Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) am Montag die neue Hausnummer in Sachen „Berliner Schulplatzmangel“. Die Raumnot ist somit nochmal um 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr gewachsen.

Die Senatorin war zum Wochenbeginn aber nicht wegen der Raumnot in die Evangelische Schule Mitte gekommen, sondern wegen der Finanznot, wenn auch beides in gewisser Weise zusammengehört. Denn die Freien Schulen sind derart vom Geldmangel betroffen, dass sie – selbst wenn sie wollten – gar nicht in der Lage wären, die dringend benötigten Schulplätze zu schaffen.

Wie sie aus dieser Not herausfinden könnten, darum ging es bei dem Besuch der Senatorin, zu dem die Arbeitsgemeinschaft der Freien Schulen (AGFS) aus Anlass des Tags der Freien Schulen (s. Infokasten) eingeladen hatte.

Inflation und weniger Zuschüsse

Zur AGFS gehören 130 Schulen, die allesamt wissen wollen, wie es weitergeht mit der Unterstützung durch das Land. Denn diese Unterstützung ist zu einem Unsicherheitsfaktor geworden: Gerade erst sind die Landeszuschüsse wieder gesunken. Angesichts der Inflation und der Personalknappheit seien etliche Freie Schulen am Limit, sagte Frank Olie, der für die Evangelische Schulstiftung spricht.

Nun ruht die Hoffnung auf der neuen Koalition, denn CDU und SPD haben vereinbart, die Freien Schulen künftig besser zu fördern: Neue Schulen sollen nicht mehr bis zu fünf Jahre auf Landesgelder warten müssen, sondern nur noch zwei. Zudem sollen die Freien Schulen zusätzliches Geld vom Land bekommen, wenn Eltern finanziell nicht in der Lage sind, einen eigenen Monatsbeitrag zu leisten: Die Freien Schulen wollen nach eigenem Bekunden in sozialer und sonderpädagogischer Hinsicht inklusiver werden. Dazu brauchen sie aber eben mehr Geld.

Der große Wurf – nicht vor 2026

Dieses Vorhaben braucht aber Zeit, denn im Doppelhaushalt 2024/25 sind die entsprechenden Posten noch nicht abgesichert. Senatorin Günther-Wünsch warb für diese Geduldsprobe um Verständnis: Bevor das Schulgesetz nicht entsprechend geändert sei, könne dafür kein Geld im aktuellen Haushalt blockiert werden.

Dennoch kam die Christdemokratin nicht mit leeren Händen. Sie verhandele mit dem Finanzsenator aktuell darüber, ob die Freien Schulen abermals wie 2022 einen Energiekostenzuschuss bekommen können, gab sie bekannt.

Zudem will Günther-Wünsch erreichen, dass die Freien Schulen künftig früher als bisher von höheren Tarifabschlüssen im öffentlichen Dienst profitieren. Bisher ist es nämlich so, dass sich höhere Abschlüsse unter Umständen erst ein Jahr später in den Zuschüssen für die Freien Schulen niederschlagen. Grund ist eine ungünstige Stichtagsregelung.

Die Freien Schulen sind aber darauf angewiesen, möglichst früh an Einkommenssteigerungen im öffentlichen Dienst teilzuhaben, weil sich ihre Landeszuschüsse ausschließlich an diesen Personalkosten orientieren.

Mit anderen Worten: Sie bekommen weder Gelder für ihre Gebäude noch für ihre Verwaltung, sondern nur für ihr Personal. Aber auch die Personalkosten werden nicht zu 100 Prozent übernommen, sondern nur zu 93 Prozent. Unterm Strich bedeutet das, dass sie etwa ein Drittel ihrer Kosten durch Elternbeiträge oder aus eigenen Mitteln aufbringen müssen.

Angesichts der Tatsache, dass sich vor 2026 nicht Grundlegendes ändern kann, werden jetzt verschiedene Varianten erwogen, wie die finanzielle Lage vorher verbessert werden kann. Für die Waldorfschulen forderte Julian Scholl, dass die Freien Schulen bei der Schulbauoffensive des Landes und am Nachhaltigkeitsprogramm beteiligt werden: „Wir könnten weitere Schulplätze schaffen. Aber Bauen ist teuer und kompliziert“, warb Scholl um Verständnis dafür, dass die Freien Schulen Unterstützung benötigen.

Roland Kern vom Dachverband der Kinder- und Schülerläden (Daks) machte den Vorschlag, die Freien Schulen analog zu den Freien Kitas zu finanzieren: Bei den Kitas orientieren sich die Zuschüsse an den Vollkosten, es werden also alle Ausgaben anteilig berücksichtigt und nicht nur die Personalausgaben.

Die AGFS erinnerte am Montag auch daran, was der Anlass für ihre Gründung war: Im Zeichen der Berliner Sparpolitik unter dem Regierenden „Arm-aber-sexy“-Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) waren 2003 die Landeszuschüsse von 97 auf 93 Prozent der öffentlichen Personalkosten zurückgefahren worden. Während die Sparbeschlüsse in allen anderen Bereichen der Politik zurückgefahren wurden, blieben sie bei den Freien Schulen bestehen. Der Grund: Die Wowereit-SPD wollte sie klein halten, um die Konkurrenz für die öffentlichen Schulen einzudämmen.

1200
Geflüchtete wurden von den Freien Schulen aufgenommen.

Bis heute thematisiert die SPD im Umgang mit den Freien Schulen die Sorge, dass sie die soziale Entmischung fördern, weil sie vor allem bildungsnahe und einkommensstärkere Familien ansprächen. Die Schulen halten dem entgegen, dass diese Entmischung ja gerade von der SPD mitverursacht sei, weil sie es in den 27 Jahren ihrer Verantwortung für den Schulbereich nicht geschafft hat, die Finanzierung der Schulen so umzustellen, dass mehr Inklusivität finanzierbar ist.

Weniger Unterstützung für die Inklusion

So berichtete Kerstin Hagedorn, die Leiterin der Evangelischen Schule Mitte, anlässlich des Besuchs der Senatorin, dass sie für die Beschulung von Kindern mit geistigem Förderbedarf und Autisten nur halb so viele Lehrerstunden erhalte wie eine staatliche Schulen. Ihre Schule habe dennoch sieben dieser Kinder aufgenommen.

Einen erster Schritt in Richtung einer neuartigen Finanzierung in Richtung mehr Inklusivität gibt es allerdings: Für die Beschulung von Geflüchteten zahlt das Land seit dem Ukraine-Krieg eine Art Schulgeld in Höhe von 100 Euro. In der Folge waren die Freien Schulen bereit und in der Lage, 1200 Geflüchtete aufzunehmen. Das seien 15 Prozent dieser Schülergruppe, betonte Günther-Wünsch, mithin überproportional viele, weil die Freien Schulen insgesamt nur elf Prozent der Berliner Kinder und Jugendlichen beschulen.

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