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Eine Polizeiobermeisterin kontrolliert bei einer Verkehrskontrolle in Sachsen ein Fahrzeug.

© dpa/Sebastian Kahnert

Update

„Vergleichbar mit 0,2 Promille“: Droht Führerscheinentzug, wenn man bekifft Auto fährt?

Das Cannabis-Gesetz stellt Autofahrer vor allerhand Fragen. Zum Beispiel: Welcher THC-Grenzwert gilt? Welche Strafen drohen bei Verstößen?

Seit dem 1. April gilt ein neues Cannabis-Gesetz, das den Besitz und privaten Anbau von Cannabis in Maßen erlaubt. Was Kiffer bundesweit seit vielen Jahren herbeigesehnt haben, stellt die Behörden und Justiz vor gewaltige Herausforderungen und neue Problemstellungen.

Auch im Verkehrssektor wirft die Legalisierung allerhand Fragen auf: Darf man jetzt bekifft hinter das Steuer? Welcher THC-Grenzwert gilt? Und ist bei einem Verstoß gleich der Führerschein weg?

Darf man bekifft hinter das Steuer?

Der gesunde Menschenverstand sagt, dass es eine schlechte Idee ist, sich unter Cannabis-Einfluss hinter ein Steuer oder einen Lenker zu begeben. Aber was sagt das Gesetz? Hier kommt es darauf an, ob die Fahrtüchtigkeit und die Straßenverkehrssicherheit nach dem Cannabis-Konsum weiterhin gewährleistet sind. Entscheidend ist der THC-Gehalt im Blut.

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Cannabis hinterm Steuer: Wie hoch ist der THC-Grenzwert?

Das Verkehrsministerium (BMDV) hat dazu Ende März einen Grenzwert vorgeschlagen, der von einer Expertengruppe aus Sachkundigen ermittelt wurde. Der Vorschlag sieht einen Grenzwert von 3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum vor. Diese Größenordnung erscheint niedrig, wie es auch die Experten selbst einräumen. Der vorgeschlagene Grenzwert sei „ein konservativer Ansatz“ und „vom Risiko vergleichbar mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille“, heißt es in einer Mitteilung des Verkehrsministeriums.

Ein Testkit der Marke „DrugWipe 6 S“, mit dem Verkehrsteilnehmer auf Cannabis, Amphetamine, XTC, Ketamine, Kokain und Opiate getestet werden können.
Ein Testkit der Marke „DrugWipe 6 S“, mit dem Verkehrsteilnehmer auf Cannabis, Amphetamine, XTC, Ketamine, Kokain und Opiate getestet werden können.

© dpa/Soeren Stache

Ob die Vorschläge der Experten dann aber tatsächlich im Straßenverkehrsgesetz verankert werden, bestimmt der Gesetzgeber. Bis zu einer gesetzlichen Anpassung gilt weiterhin der aktuelle Grenzwert von 1,0 Nanogramm THC pro Milliliter Blutserum. Dieser Wert sei jedoch so niedrig, dass er nur einen generellen Cannabiskonsum nachweise und nichts über die Fahrtüchtigkeit aussage, schreibt der ADAC unter Berufung auf Expertinnen und Experten.

Führerschein weg wegen Cannabis-Konsum?

Wer unter der Wirkung von THC ein Kraftfahrzeug führt, begeht dem Bundesverkehrsministerium zufolge eine Ordnungswidrigkeit.

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Eine Sprecherin des Ministeriums erklärte dem Tagesspiegel, dass eine Überschreitung des zulässigen THC-Grenzwertes „mit einer Geldbuße von bis zu 3000 Euro und einem Fahrverbot bis zu 3 Monaten“ geahndet werden kann. Zusätzlich kommen zwei Punkte in Flensburg hinzu.

Was bisher bei Verkehrskontrollen galt

Wie auch beim Alkohol gilt bei Cannabis gleichermaßen: Eine Abhängigkeit kann zum Entzug der Fahrerlaubnis führen. Bisher war die Lage laut der auf Verkehrsrecht spezialisierten Anwältin Stefanie Wagenblast so: Wer regelmäßig kiffte, galt „als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs“, schrieb Wagenblast im September 2022 in einem Rechtsratgeber zum Cannabis-Konsum. Das galt auch unabhängig davon, ob man unter Drogeneinfluss hinter dem Steuer saß.

Entscheidend war demnach Folgendes: Sobald die Führerscheinstelle einer Person bei einer Verkehrskontrolle einen „regelmäßigen“ Cannabis-Konsum nachweisen konnte, galt diese automatisch als ungeeignet zum Fahren. Der regelmäßige Konsum konnte bei einer Polizeikontrolle folgendermaßen festgestellt werden:

  • Im Blut oder Urin wurde eine erhöhte Konzentration des Abbauproduktes THC-COOH nachgewiesen.
  • Die kontrollierte Person machte Angaben zu ihrem Konsumverhalten.

Letzterer Punkt war wichtig. Denn sobald man bei einer Verkehrskontrolle auf die Frage „Wie oft konsumieren Sie denn Cannabis?“ mit einem „Nur ab und zu“ antwortete, lieferte man der Behörde bereits „ein Argument für den Entzug der Fahrerlaubnis“, so die Verkehrsrechtsanwältin.

Entsprechend riet die Rechtsexpertin dazu, bei einer Kontrolle keinerlei Angaben zum Konsumverhalten zu machen und vom Schweigerecht Gebrauch zu machen. „Verweigern Sie die Aussage und die Abgabe von Urin. Zu einer Urinkontrolle sind Sie nicht verpflichtet, auch wenn die Polizei zur Abgabe drängen sollte“, schrieb die Anwältin.

Allerdings konnte die Fahrerlaubnisbehörde auch im Nachhinein ein ärztliches Gutachten anordnen – sogar noch Monate nach der Verkehrskontrolle. Eine daraus folgende Blutabnahme durch einen Arzt konnte man nicht verweigern.

Was nun im Gesetz steht

Aber: Seit 1. April 2024 ist ein neues Gesetz in Kraft. Die Fahrerlaubnis ist nun nur noch zu verneinen oder zu entziehen, wenn eine Cannabisabhängigkeit oder ein Cannabismissbrauch vorliegt. Regelmäßiger oder gelegentlicher Konsum sind keine Kategorien mehr, wie Rechtsanwältin Simone Fischer gegenüber dem „Tagesspiegel“ bestätigte. Wir haben beim Verkehrsministerium nachgefragt, welche Kriterien Cannabisabhängigkeit oder -missbrauch genau definieren.

Studien belegen, dass bei regelmäßigem Cannabis-Konsum auch noch bis zu 77 Tage nach dem letzten Genuss Cannabinoide (Substanzen der Hanfpflanze) im Urin nachgewiesen werden können (Quelle: Ellis GM Jr. et al. 1985).

Korrekturhinweis: Der Artikel wurde am 4. April im Abschnitt zu den Verkehrskontrollen geändert. Zuvor wurde nicht deutlich, dass die dort zitierte Einschätzung der Verkehrsanwältin vor der Gesetzesänderung vom 1. April 2024 vorgenommen wurde.

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