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Benjamin Netanjahu lehnt eine Zweistaatenlösung ab.

© dpa/Menahem Kahana

Netanjahus Fünf-Punkte-Plan für Gaza: Ideologie schlägt tragfähiges politisches Konzept

Geiseln heimholen, volle Sicherheitskontrolle, lokale Verwaltungsbeamte – das stellt sich Israels Regierung unter Gazas Zukunft vor. Nach einem Plan klingt das nicht, sondern nach Agenda.

Ein Kommentar von Christian Böhme

Eine Seite. Mehr war es wohl nicht, was Benjamin Netanjahu seinem Kriegskabinett als Plan für eine Zukunft des Gazastreifens jetzt vorgestellt haben soll. Eine Seite, das wirkt nicht gerade so, als habe sich jemand richtig tiefgründige Gedanken gemacht, was auf den Krieg gegen die Hamas einmal folgen soll. Vermutlich ist das auch gar nicht gewollt.

Dabei wäre das politisch dringend geboten. Wie will der jüdische Staat sich vor Terror und Gewalt dauerhaft schützen, ohne ein möglichst tragfähiges, weil nachhaltiges Konzept zu haben, das nicht allein auf militärischer Abschreckung beruht?

Doch von einer substanziellen Antwort, die auch den Bedenken der Verbündeten Rechnung trägt, scheinen der Regierungschef und seine in Teilen rechtsextreme Ministerriege weit entfernt.

Eher hat es den Anschein, dass es zuvorderst um radikale Ideologie, Machtdemonstrationen und Faktenschaffen geht. Vermutlich in der Annahme, die Gelegenheit sei dafür günstig. Mit Vernunft hat das wenig zu tun.

Konzessionen an die national-religiösen Hardliner im Kabinett

Netanjahus vage formulierte Punkte machen das deutlich. Sie reichen von der Rückführung aller israelischen Geiseln, tot oder lebendig, voller Sicherheitskontrolle über den gesamten Gazastreifen durch das Militär über die Schließung des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA bis zur Verwaltung des Küstenstreifens durch „lokale Beamte“.

Es ist die Wiederholung seiner häufig kund getanen Vorstellungen. Aber das macht seinen Punkte-Plan nicht besser, schon gar nicht nachhaltiger. Vielmehr wirkt er wie eine Konzession an die national-religiösen Hardliner um sich herum, die ihr Siedlungsprojekt vorantreiben wollen.

Kann Israel seine Sicherheit dauerhaft allein militärisch sichern?
Kann Israel seine Sicherheit dauerhaft allein militärisch sichern?

© AFP/JACK GUEZ

Was hat es zum Beispiel mit der militärischen Kontrolle Gazas und den „lokalen“ Verwaltern auf sich? Keine Frage, Israel muss sich nach dem schlimmsten Massaker in seiner Geschichte durch die Hamas vor einer Wiederholung des 7. Oktobers schützen.

Läuft es letztendlich auf eine Wieder-Besetzung des Gazastreifens hinaus?

Aber kann massive militärische Präsenz allein für Sicherheit sorgen? Ist es nicht vielmehr so, dass einer möglichen Wieder-Besetzung des Gazastreifens der Weg geebnet werden soll? Das allerdings würde den Hass auf Israel nur noch befeuern.

Ähnliches gilt für die lokalen Kräfte, die mit dem Segen Israels das Gebiet verwalten sollen. Sie dürften als Handlanger „der Zionisten“ von der palästinensischen Bevölkerung abgelehnt werden. Wie sollen sie unter diesen Voraussetzungen Ruhe und Ordnung gewährleisten können? Das kann nicht funktionieren.

Und was werden die Amerikaner sagen? Sie drängen schon lange auf ein schlüssiges politisches Konzept, einschließlich einer Zweistaatenlösung. Davon findet sich in Netanjahus Fünf-Punkte-Plan nichts.

Wie auch! Einen eigenen Palästinenserstaat lehnt er kategorisch ab. Nur: Anders wird Stabilität und damit Sicherheit für Israel nicht zu haben sein. Es braucht einen Plan, der diesen Namen verdient.

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