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Die Kerschbrücke zwischen dem Schwarzen und dem Asowschen Meer zu Zwischenfällen.

© dpa/Uncredited

Energieinfrastruktur, Bahnverbindung, Kriegsschiffe: Russland erhöht seine Aktivitäten am Asowschen Meer

Russland plant einen Ring um das Asowsche Meer. Nicht nur soll die Energieinfrastruktur erneuert werden, auch die Transportverbindungen und die Kriegsflotte sollen ausgebaut werden.

Russland verstärkt seine Aktivitäten am und auf dem Asowschen Meer. Nachdem die russische Luftwaffe im Zuge des Angriffskrieges die Energieinfrastruktur der Ukraine im Süden und Osten des Landes massiv beschädigt hat, hat es nun mit der Wiederherstellung der Energiesysteme begonnen.

Der Plan sieht offiziellen Angaben zufolge vor, das Stromnetz in den Städten rund um das Asowsche Meer miteinander zu verbinden – sowohl in den russischen als auch in den ukrainischen Städten, die von russischen Truppen besetzt wurden. So geht es aus russischen und ukrainischen Quellen hervor.

Entstehen soll demnach ein sogenannter „Asow-Ring“. Die betroffenen Städte sind auf russischem Territorium Rostow am Don, Taganrog, und Temrjuk sowie in den besetzten ukrainischen Gebieten Kertsch, Asow, Mariupol, Melitopol, Berdjansk, Genytschesk, Skadowsk und Dschankoi.

Unlängst gab das russische Energieministerium den Abschluss der ersten Phase der Schließung des „Asow-Rings“ bekannt. In dieser Phase sollten Stromreserven innerhalb der Grenzen der eroberten ukrainischen Regionen Cherson, Saporoschje, Donezk und Luhansk geschaffen werden. Hinzu kommen die annektierte Krim, und die russischen Regionen Rostow und Krasnodar.

Künftig wollen die Russen Strom aus dem seit mehr als einem Jahr stillgelegten Kernkraftwerk Saporischschja in dieses Netz einbinden. Erwartet wird zudem der Bau neuer Gasinfrastruktur sowie Fern- und Verteilungsnetze und die Bereitstellung einer operativen Kontrolle der Energiesysteme der besetzten Gebiete der Ukraine.

Aber nicht nur in Sachen Energieinfrastruktur ist Russland am Asowschen Meer aktiv. Bekannt wurden zuletzt auch Pläne, wonach Moskau einen „Hochgeschwindigkeitsring“ um das Asowsche Meer bauen will. Es soll eine 1400 Kilometer lange Autobahn um das Gewässer geben, kündigte Russland an.

Außerdem will Russland eine Bahnstrecke installieren, die die besetzten ukrainischen Gebiete innerhalb von zwei bis drei Jahren mit der Krim verbinden soll. Nach Angaben des Beraters des Bürgermeisters von Mariupol, Petro Andrushenko, haben in den besetzten Gebieten die Vorbereitungen für den Bau der Strecke bereits begonnen. „Sie soll in Rostow am Don starten, durch Mariupol, dann Berdjansk und den Bezirk Melitopol führen und auf der Krim enden.“ Einschließlich der Krim-Brücke planen die Besatzer eine durchgehende Verbindung um die Küste des Asowschen Meeres, sagt er. „Der Bau wird nächstes Jahr beginnen.“

Derweil sei der Bau einer Eisenbahnbrücke über den Fluss Kalmius bereits auf der Zielgeraden. Laut Petro Andrushenko bedrohlich für die Ukraine. Denn: So sei es möglich, dass Ende November/Anfang Dezember die ersten Diesellokomotiven von Rostow am Don nach Wolnowach oder Mariupol fahren können. Damit lassen sich schneller Waffen, Munition und Lebensmittel transportieren.

Am Asowschen Meer spitzt sich die Lage auch deshalb weiter zu, weil Russland dort laut Verteidigungsministerium einen Marinebezirk mit Sitz in Mariupol schafft. Das heißt, dass das Militär die Region mit Schiffen der Schwarzmeerflotte und der Kaspischen Flottille der russischen Marine besetzen will. Insgesamt wird der Asow-Bezirk acht Kriegsschiffe und Kanonenboote sowie 16 Unterstützungsschiffe umfassen, berichtet das staatliche ukrainische Zentrum für nationalen Widerstand.

Experte sieht auch Gefahren für andere Länder

Mit dem Marinebezirk soll die Sicherheit der russischen Marine auf der besetzten Krim verstärkt werden. Der ukrainische Sicherheitsexperte und Menschenrechtsaktivist Pavel Lysyanskyi sieht in den Plänen der Russen den Willen, die militärische Aggression gegen die Ukraine weiter zu eskalieren. Denn sie brauchen den Marinebezirk, um die Sicherheit ihrer Flotte im Asowschen Meer zu gewährleisten, sagte er dem Tagesspiegel.

„Die Schiffe können nicht nur für die Ukraine, sondern auch für andere Länder eine Gefahr darstellen“, so der Sicherheitsexperte. Denn je stärker die Russen das Asowsche Meer kontrollieren, desto mehr landwirtschaftliche Produkte können sie sowohl aus Russland als auch aus den besetzten Gebieten der Ukraine exportieren. Das könne die wirtschaftliche Lage in der gesamten Schwarzmeerregion destabilisieren, sagt er. 

Laut Lysyanskyi geht es Russland auch darum, die Frontlinie um 250 Kilometer zu verschieben. Das habe den Grund, dass die westlichen Marschflugkörper, die der Ukraine ab Oktober zur Verfügung stehen, eine Reichweite von etwa 290 Kilometern haben werden. Das heißt, dass russische Schiffe erst in einer Entfernung von mindestens 300 bis 350 km von der Frontlinie sicher wären.

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