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Olaf Scholz und Ursula von der Leyen.

© Reuters/Sven Hoppe/Pool

Ein langer Weg: Europa muss endlich die Kräfte bündeln – Russlands Krieg erhöht die Dringlichkeit

Die Europäer wissen schon lange, dass sie verteidigungspolitisch enger kooperieren müssen. Jetzt ist es Russlands Angriff auf die Ukraine, der die Dinge in Bewegung bringt.

Ein Kommentar von Christopher Ziedler

Es ist, wie so oft, mehr ein Umsetzungs- denn ein Erkenntnisproblem. Lange schon wissen die Europäer, dass sie ihre Kräfte bündeln müssen, um in der künftigen Weltordnung noch ein wahrnehmbarer Faktor zu sein. Vom „geopolitischen Europa“ oder „europäischer Souveränität“ ist bei der diesjährigen Münchner Sicherheitskonferenz wieder einmal häufig die Rede gewesen.

Oft waren es Krisen – Bedrohungen von außen –, die weitere Integrationsschritte erforderlich machten. Jetzt ist es Russlands Angriff auf die Ukraine und Europas Friedensordnung, der die Dinge in Bewegung bringt – hin zu einer gemeinsam organisierten Verteidigungspolitik.

Manche Ideen liegen noch in weiter Zukunft

Die Ideen und Initiativen, die dazu in München präsentiert wurden, sind unterschiedlich realistisch. Das Angebot des französischen Präsidenten Emmanuel Macron – die EU-Staaten könnten sich unter Frankreichs Atomschirm versammeln – liegt eher noch in ferner Zukunft. Der steht nicht in direkter Konkurrenz zum von Kanzler Olaf Scholz initiierten Luftverteidigungsprojekt namens „European Sky Shield“ – und zeigt doch, dass die Vorstellungen darüber auseinandergehen, wie sehr sich der europäische Pfeiler der Nato emanzipieren soll.

Konkreter ist die intensivere Kooperation nicht nur der Militärs selbst, sondern auch bei Rüstungsprojekten. Die Lücken sind so groß, dass es neben Sondervermögen auch Effizienzgewinne durch Zusammenarbeit braucht. Auch diese Erkenntnis ist nicht neu, die vertraglichen Grundlagen dafür existieren unter dem Stichwort Pesco seit 2017 – sie müssen nur intensiver genutzt werden.

Die nationalen Interessen sind nicht verschwunden

Nationale Interessen machen die nächsten Schritte nicht zu einem Selbstläufer. Wenn EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen nun eine gemeinsame Munitionsbeschaffung vorschlägt, wird es Vorbehalte gegen deren Zentralisierung in Brüssel geben.

Innenpolitisch dürfte die Initiative vom deutschen Verteidigungsminister Boris Pistorius für einheitliche Exportkriterien viele Debatten nach sich ziehen. Denn neue Regeln, die Europas Rüstungsindustrie das Geldverdienen im Ausland erleichtern, wären weniger streng, als es die deutschen bisher sind. Der Weg von der Erkenntnis zur Umsetzung bleibt weit – trotz Zeitenwende.

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