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In Südafrika befindet sich die größte Rhinozerosfarm der Welt. Jetzt soll sie versteigert werden.

© Foto: Mark Lewis/brand eins

Sieht so der Artenschutz der Zukunft aus?: Die größte Nashorn-Farm geht unter den Hammer

In Südafrika wird kommende Woche die größte Nashorn-Farm der Welt versteigert. Das Projekt, das inzwischen mehr Nashörner beheimatet als der Kruger-Nationalpark, ist umstritten.

Golf war gestern. Heute hat sich unter Südafrikas Millionären ein neues Hobby etabliert: Das Züchten von Wildtieren. Für Büffel, Nashorn und Löwe geben die Superreichen schon mal ein Jahresgehalt aus.

Auch für den heutigen Präsidenten Cyril Ramaphosa hagelte es 2012 Kritik, als er in dem armutsgeplagten Land bei einer Versteigerung 1,8 Millionen Euro auf eine Büffelkuh mit Kalb bot – obwohl er den Zuschlag knapp verpasste. Eine nun bevorstehende Auktion könnte all das in den Schatten stellen.

Platinum Rhino liegt in der südafrikanischen Provinz Nordwest, zwischen Johannesburg und der Grenze zu Botswana. Die Farm ist etwa so groß wie 12.000 Fußballfelder.

16.000
Breitmaulnashörner sind in ganz Afrika noch übrig.

Doch hier werden keine Kartoffeln oder Kühen vermehrt – sondern Nashörner. Jedes Jahr kommen 200 neue Breitmaulnashörner hinzu. Inzwischen sind es über 2.000 und damit mehr als im Kruger-Nationalpark.

Versteigerung zur Rettung der Farm stößt auf Kritik

Am 26. April soll das größte Nashorn-Zuchtprojekt der Welt bei einer Online-Versteigerung einen neuen Besitzer finden. Startpreis: 10 Millionen US-Dollar.

Allerdings ist die Großwildfarm umstritten, denn den Besitzern wird Profittreiberei auf Kosten einer Tierart vorgeworfen, deren Population Wilderer im letzten Jahrzehnt auf einen Bruchteil ihrer einstigen Größe schmälerten.

In ganz Afrika streifen nur noch 16.000 Breitmaulnashörner durch die Savanne; noch schlechter steht es um ihre Verwandten, die Spitzmaulnashörner.

John Hume will sie retten. Der 81-jährige Südafrikaner soll Berichten zufolge ein Vermögen in der Hotellerie gemacht und immer schon eine Schwäche für Nashörner gehabt haben. Vor 14 Jahren begann er mit der Rhino-Zucht. Inzwischen ist daraus ein kleiner Wildpark entwachsen.

Horn am asiatischen Schwarzmarkt beliebt

Die Mitbietenden setzen ihr Geld nicht nur auf eine Nashornherde und das Land, sondern zusätzlich auf Werkstätten, eine Tankstelle, Hubschrauberlandeplätze, eine Aufzuchtstation für verwaiste Nashornbabys, 50 Häuser für Angestellte, Gazellen und andere Tiere.

Horn wird trotz des strengen internationalen Verbots illegal gehandelt.
Horn wird trotz des strengen internationalen Verbots illegal gehandelt.

© Foto: Vu Hoai Nam Dang

Und nicht zuletzt auf Hochsicherheitsvorkehrungen samt rund um die Uhr bemanntem Control Room. Die braucht es, um Wilddiebe fernzuhalten. Denn am asiatischen Schwarzmarkt sind die Hörner eine begehrte Ware: Einen Hangover soll das zerriebene Horn kurieren.

Außerdem die Potenz steigern und Krebs heilen, besagt der Volksmund. Das führte dazu, dass Rhino-Horn mit 57.000 Euro pro Kilo zeitweise mehr wert war als Gold oder Kokain. Der internationale Handel bleibt streng verboten.

Die Versteigerung diene dem Artenschutz

Den Betreibern der Zucht gehe es um Artenschutz. „Traditionell finanziert sich dieser durch Spenden und Tourismuseinnahmen, aber diese Quellen reichen nicht aus, um Wildtiere und deren Lebensraum vollständig zu bewahren“, erzählt Tammy Hume.

10
Millionen US-Dollar sind der Startpreis für die Versteigerung der Nashorn-Zucht.

Dies habe auch ihr Schwiegervater feststellen müssen: Er habe angesichts eines fehlenden nachhaltigen Finanzierungsmodells sein Privatvermögen in das Zuchtprojekt gesteckt.

Allerdings werfen Umweltschützer Hume andere Motive vor. Wie dem Großteil der Rhinozerosse in Reservaten, wurden auch seine Tiere in der Vergangenheit regelmäßig enthornt – eine schmerzlose und weit verbreitete Methode, sie vor Wilderern zu schützen. Zugleich aber ist Hume einer der lautstärksten Befürworter für eine Legalisierung des Handels.

2017 war es ihm gelungen, das Verbot zumindest in Südafrika für einige Tage aufzuheben. Artenschützer tobten. Jetzt beschwichtigt Tammy Hume: „Es ging niemals darum, das Horn für Gewinn zu horten. Es ging darum, Nashörner vor dem Aussterben zu bewahren und dabei nach Wegen zu suchen, es (finanziell) nachhaltig zu machen.“

60
Prozent von Südafrikas Nashörnern befinden sich in Privatbesitz.

Das Zuchtprojekt, das nun unter den Hammer geht, beherbergt etwa 13 Prozent der weltweit noch lebenden Breitmaulnashörner. „Beachtlich“, findet sogar der WWF. Doch die Umweltschutzorganisation sieht ein anderes Problem: „Dieses besteht zunehmend nicht aus einem Mangel an Nashörnern, sondern aus einem Mangel an Schutzgebieten mit einem sicheren, geeigneten Lebensraum für freilebende Populationen.“

Heute befinden sich etwa 60 Prozent von Südafrikas Nashörnern in den Händen von Privatbesitzern. Die geben Untersuchung zufolge das Dreifache für deren Schutz aus wie die zuständigen Regierungsbehörden; sie investieren in Wärmebildüberwachung, Hundestaffeln und Helikopter.

Das zeigt sich auch in der Statistik: Im vergangenen Jahr töteten Wilderer 350 Nashörner in Südafrikas National- und Regionalparks, nur 86 in Privatbesitz.

Die Legalisierung des Horn-Handels ist umstritten

Auch die südafrikanische Ökologin Hayley Clements bevorzugt Arterhalt in freier Wildbahn. „Doch wenn eine Spezies in ihrem natürlichen Ökosystem gefährdet ist, wie Nashörner es sind, müssen wir nach zusätzlichen Optionen suchen, um sie vor dem Aussterben zu bewahren. Ranches wie jene von John Hume sind eine Möglichkeit.“

Was den Hornhandel angeht, hätten laut der Forscherin sowohl Gegner als auch Befürworter „vernünftige Argumente“. So habe der Handel mit lebenden Nashörnern schon vor 50 Jahren geholfen, die Tiere vor dem Verschwinden zu retten. Manche erhoffen sich einen ähnlichen Effekt, sollten ihre Hörner eines Tages - auf legale Weise - den Markt überschwemmen.

Zu dem Thema forschen auch Vu Hoai Nam Dang und seine Kollegen an der Universität Kopenhagen. Sie befragten jüngst mehrere Hundert Horn-Konsumenten in Vietnam zu deren Vorlieben.

Die „besorgniserregende“ Erkenntnis: Auch Konsumenten bevorzugten Horn aus freier Wildbahn, da es dem Aberglauben nach besser wirke als jenes von gezüchteten Tieren. Selbst wenn der Handel legalisiert wird, könnte es künftig also einen parallelen Schwarzmarkt geben.

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