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Palästinenser fliehen zu Fuß – es gibt kein Benzin mehr – vom Norden in den Süden des Gazastreifens.

© AFP/MAHMUD HAMS

Massenflucht aus dem Norden: Kein Brot, kein Wasser, kein Benzin im Gazastreifen

Zehntausende fliehen vor Hunger und Kämpfen auch am Donnerstag zu Fuß in den Süden des Gazastreifens. Rufe nach Feuerpausen bei einer Geberkonferenz in Paris.

Der Exodus von Zehntausenden Zivilisten aus Gaza-Stadt in den Süden des Landstrichs ging am Donnerstag weiter. Am Mittwoch sollen schätzungsweise 50.000 Menschen eine von der israelischen Armee angekündigte Feuerpause genutzt haben, um zumeist zu Fuß zu fliehen.

Schon seit einer Woche waren keine Hilfsgüter mehr in den Nordteil gelangt. Am Montag hat die letzte Bäckerei im Nordteil ihren Betrieb eingestellt, weil sie kein Mehl, kein Wasser und kein Benzin für Generatoren mehr hatte.

Der gesamte Gazastreifen bekommt seit dem 11. Oktober keinen Strom und kein Benzin mehr geliefert. Nach UN-Angaben mussten mindestens 1,5 Millionen Menschen im Gazastreifen ihre Häuser verlassen und in den Südteil Gazas fliehen.

Es gibt keine Sicherheit – auch nicht im Süden

Israels Militär ruft die Bevölkerung des Nordens wegen der Militäroperationen gegen die Hamas-Kämpfer seit Wochen dazu auf, in den Süden zu flüchten. Doch die israelische Luftwaffe bombardiert auch den Südteil, wobei zahlreiche Menschen sterben. Ein israelischer Armeesprecher sagte vergangene Woche, der Bereich im Süden sei keine „sichere Zone“, aber sichererer „als jeder andere Ort in Gaza“.

Das sind Fake-Zonen.

Die Vorsitzende der Organisation Ärzte ohne Grenzen, Isabell Defourny, über die angeblichen Sicherheitszonen im Süden Gazas

Die Organisation Ärzte ohne Grenzen äußert sich kritisch zu den angeblichen Sicherheitszonen im Süden des Gazastreifens. Das seien „Fake-Zonen“, sagt die Vorsitzende der Hilfsorganisation, Isabell Defourny.

Flucht zu Fuß aus dem Norden Gazas in den Südteil des kleinen Landstrichs.

© REUTERS/MOHAMMED SALEM

Unterdessen erhöht Frankreich seine Hilfen für die palästinensische Bevölkerung von 20 Millionen auf 100 Millionen Euro in diesem Jahr. Das kündigte Präsident Emmanuel Macron auf der internationalen Geberkonferenz in Paris an. Zu dem eilig anberaumten Treffen sind einige Premiers und ansonsten Außenminister angereist. Deutschland war nur auf Ebene der Staatsminister vertreten.

Der Ministerpräsident der Palästinensischen Autonomiegebiete, Mohammed Schtajjeh, forderte internationalen Schutz für die palästinensische Bevölkerung. Israel führe keinen Krieg gegen die Hamas, sondern gegen alle Palästinenser, sagte er in Paris.

Die Nato-Verbündeten befürworten humanitäre Feuerpausen im Krieg zwischen Israel und der Hamas. Dadurch könnten Hilfslieferungen die Bevölkerung im Gazastreifen erreichen, sagt Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Berlin vor einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz.

Drastischer äußerte sich der Generalsekretär des norwegischen Flüchtlingsrates, Jan Egeland, auf der Konferenz in Paris: „Wir können keine Minute länger auf eine humanitäre Feuerpause oder die Aufhebung der Belagerung warten, die eine kollektive Strafe darstellt.“

Ein Mann öffnet eine Wasserflasche für ein Kind, das mit seiner Familie auf der Flucht vor Bomben und Hunger in den Süden des Gazastreifens ist.

© AFP/MAHMUD HAMS

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hatte am Vortag sowohl der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas als auch Israel im Gaza-Krieg Kriegsverbrechen vorgeworfen. Über die Terrorangriffe der Hamas im Süden Israels sagte Türk bei einem Besuch am Grenzübergang Rafah: „Die von bewaffneten palästinensischen Gruppen am 7. Oktober verübten Gräueltaten waren abscheulich, brutal und schockierend, sie waren Kriegsverbrechen – ebenso wie die anhaltende Geiselnahme.“

Anschließend sagte er über die Militärschläge Israels und die Abriegelung des Gazastreifens, die humanitäre Hilfe behindert: „Die kollektive Bestrafung palästinensischer Zivilisten durch Israel stellt ebenfalls ein Kriegsverbrechen dar, ebenso wie die unrechtmäßige Zwangsevakuierung von Zivilisten.“ 

Bei Razzien des israelischen Militärs in der Stadt Dschenin und einem Flüchtlingslager im besetzten Westjordanland sind nach palästinensischen Angaben am Mittwoch acht Palästinenser getötet worden. 13 weitere Palästinenser seien verletzt worden. Das israelische Militär sprach von Einsätzen zur Terrorismusbekämpfung, nannte aber keine Einzelheiten.

Das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) befürchtet ein Übergreifen der Kämpfe auf das Westjordanland. „Das Westjordanland kocht“, sagte der Generalkommissar dieser Organisation der Vereinten Nationen, Philippe Lazzarini, auf der internationalen Hilfskonferenz in Paris. Die israelische Armee und radikale Siedler haben seit dem 7. Oktober mehr als 150 Palästinenser, darunter 44 Kinder, in der Westbank getötet, teilte das UN-Flüchtlingswerk mit.

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