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Ungarischer Premier Viktor Orbán: Es könnte ein langer Gipfel werden.

© IMAGO/ANP/IMAGO/JONAS ROOSENS

Orbán gegen alle: Der EU-Gipfel, auf dem es völlig eskaliert

Wird die EU die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine eröffnen? Das sollte auf diesem Treffen der Staats- und Regierungschefs eigentlich beschlossen werden. Doch Ungarn stellt sich quer.

EU-Gipfel, bei denen es hoch hergeht – und davon gibt es viele – laufen normalerweise folgendermaßen ab: Die Staats- und Regierungschefs diskutieren bis nachts um zwei und beschließen dann ein Formulierungskompromiss, der eigentlich keine Einigung ist, aber als solche verkauft wird. Oder sie brechen den Gipfel um diese Zeit ergebnislos ab und diskutieren am nächsten Morgen in offizieller Runde weiter.

Oder die Fronten sind von vornherein derart verhärtet, dass das offizielle Treffen der EU-Führungsspitze mit Verspätung beginnt, weil es vorher Schlichtungsversuche auf ganz hoher Ebene gibt. Bei dem derzeit in Brüssel stattfindenden Gipfel war das der Fall.

Der Grund ist der ungarische Premier Viktor Orbán und seine Blockadehaltung in der Ukraine-Politik. Der Gipfel zum Jahresende sollte eigentlich ein historischer sein: der, auf dem der Staatenverbund beschließt, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine zu beginnen. Dieser Beschluss muss einstimmig getroffen werden. Und alle Mitgliedstaaten sind dafür – außer: Ungarn.

Somit laufen bereits seit langem die Überzeugungsarbeiten, auch in Form von Geld: Am Mittwochabend gab die EU-Kommission wegen Rechtsstaatlichkeitsmängeln eingefrorene zehn Milliarden Euro wieder frei.

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„Unsere Position ist klar und wir werden sie nicht aufgeben“, ließ Orbán dennoch zum Auftakt des Gipfels verlauten und veröffentlichte in den sozialen Netzwerken ein Video von seinem Statement, unterlegt mit dramatischer Musik und Schnittbildern des Gipfels.

Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas sagte zum Auftakt des Gipfels, sie sehr nicht sehr optimistisch. Sie warnte, dass die Staats- und Regierungschefs notfalls „bis Weihnachten“ reden werden. 

Wir sitzen nicht hier, um Orbán etwas anzubieten.

Mark Rutte, niederländischer Premierminister

Der niederländische Premier Mark Rutte sagte, es ergebe sich tatsächlich das Bild von 26 Mitgliedstaaten gegen einen einzelnen. „Aber wir sitzen nicht hier, um Orbán etwas anzubieten.“ Journalisten im Justus-Lipsius-Gebäude des Rates in Brüssel stellen sich bereits auf einen mehrtägigen Gipfel ein.

Es geht bei dem Streit nicht nur um Beitrittsverhandlungen, sondern auch um Finanzhilfen für die Ukraine in Höhe von 50 Milliarden Euro in den kommenden vier Jahren, um das Kriegsland vor einem wirtschaftlichen Zusammenbruch zu bewahren.

Dafür gebe es keine Eile, sagte Orbán diesbezüglich vor dem Gipfel. Er zeigte sich allenfalls bereit, Gelder außerhalb des EU-Haushalts bereitzustellen, was Ungarn allerdings zu nichts verpflichten würde. Die übrigen Mitgliedsländer lehnen dies ab, weil die EU dann nicht mehr geschlossen gegenüber Russland auftreten würde.

Ungarns Veto spielt Russland in die Hände

Der Preis für Orbáns Veto ist hoch. „Jetzt ist nicht die Zeit für halbe Sachen“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymr Selenskyj, der per Video dem Gipfel zugeschaltet wurde. Russlands Präsident Wladimir Putin werde ein solches Zögern gegen Europa verwenden. 

„Mit Orbán sitzt auch Putin am Gipfel-Tisch. Damit untergräbt er nicht nur das Ansehen der EU, sondern riskiert auch verheerende Folgen für die Ukraine“, sagte Jens Geier, Vorsitzender der SPD im Europaparlament.

Der belgische Politiker Philippe Lamberts, Leiter der europäischen Grünen-Gruppe im EU-Parlament, warnte: „Wir können nicht zulassen, dass die Zukunft Europas von einem Möchtegern-Diktator diktiert wird. Wenn der Rat in diesem entscheidenden Moment nicht handelt, dann hat die Europäische Union ihre eigene Lähmung gewählt.“

Bei dem zweitägigen Gipfel will die EU zudem eine Lösung im festgefahrenen Streit um weitere Milliarden für die Migration und Zukunftstechnologien suchen. Im letzten Entwurf für den EU-Haushaltsrahmen bis 2027 standen noch insgesamt 9,6 Milliarden Euro zusätzlich etwa für den Außengrenzschutz und Migrationspartnerschaften mit Drittländern.

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