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Diese Videoaufnahme zeigt General Abdourahamane Tchiani, Nigers neuen Machthaber, der nach der Absetzung des gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum im nationalen Fernsehen eine Erklärung verliest.

© AFP/Télé Sahel

Update

Nach Putsch im Niger: Nigers Putschisten erklären Verfassung für ausgesetzt – Tchiani demnach Staatsoberhaupt

Zwei Tage nach der Rebellion von Militärs im Niger hat sich der Chef der Präsidentengarde, General Abdourahamane Tchiani, als neuer starker Mann des Landes präsentiert.

| Update:

Die Putschisten in Niger haben die Verfassung für ausgesetzt erklärt. Die Institutionen des Staates seien aufgelöst, sagte Oberst Amadou Abdramane am Freitag im Fernsehen. Der Chef der Präsidentengarde, General Abdourahamane Tiani, sei nun das Staatsoberhaupt.

Tchiani hatte sich zuvor selbst zum Präsidenten des Nationalen Rats und damit zum neuen Machthaber des Landes ernannt. Er äußerte sich am Freitag im nationalen Fernsehen – zwei Tage, nachdem Offiziere der Präsidentengarde, einer Eliteeinheit des Militärs, den demokratisch gewählten Präsidenten Mohamed Bazoum in seinem Palast festgesetzt und für entmachtet erklärt hatten.

Tchiani ist General des Heeres und wurde von Bazoums Vorgänger Mahamadou Issoufou nach dessen Amtsübernahme 2011 an die Spitze der Präsidentengarde befördert.

Der Militärputsch im Niger wird international mit Sorge betrachtet

Die Streitkräfte des westafrikanischen Landes hatten sich am Donnerstag der Forderung der rebellierenden Militärs nach einem Ende der Amtszeit von Bazoum angeschlossen.

Der Militärputsch wird international mit Sorge betrachtet. Die europäischen Bemühungen um eine Stabilisierung der Sahelzone erlitten dadurch einen schweren Rückschlag. Nach Militärputschen in Mali und Burkina Faso seit 2020 war der Niger das letzte der drei Nachbarländer in der Sahelzone, das von einer demokratisch gewählten Regierung geführt wurde.

Die Bundeswehr unterhält in Niamey einen Lufttransportstützpunkt für das militärische Engagement in Westafrika, auf dem rund 100 deutsche Soldaten arbeiten. Kampfschwimmer der Deutschen Marine waren in den vergangenen Jahren an der Ausbildung nigrischer Spezialkräfte im Grenzgebiet zu Mali beteiligt. Das Programm galt als Vorzeigeobjekt.

Erst Ende 2022 hatte die EU eine Militärmission im Niger beschlossen, um den Terrorismus in der Region zu bekämpfen. Die Bundeswehr stellt für diese auf drei Jahre angelegte EU-Mission bisher nur einige wenige Soldaten, die in der Hauptstadt Niamey sind.

Für die EU ist die Lage im Niger auch bedeutend, weil es eines der wichtigsten Transitländer für afrikanische Migranten ist, die die Küsten des Mittelmeeres erreichen und von dort aus nach Europa übersetzen wollen. Deshalb hatten die EU und Niger bereits im vergangenen Sommer vereinbart, beim Thema Menschenschmuggel enger zusammenzuarbeiten.

Die Europäische Union verurteilte den Militärputsch „scharf“ und drohte damit, die finanzielle Unterstützung für das Sahel-Land auszusetzen. „Jeder Bruch der verfassungsmäßigen Ordnung wird Konsequenzen für die Zusammenarbeit zwischen der EU und Niger haben, einschließlich der sofortigen Aussetzung jeglicher Budgethilfe“, warnte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Freitag in einer Erklärung. Die Rebellion gegen Präsident Mohamed Bazoum bezeichnete Borrell als „schweren Angriff auf die Stabilität und die Demokratie“.

Die französische Regierung sieht noch Spielraum für eine Abwendung des Putsches in Niger. „Wenn ich von einem versuchten Staatsstreich spreche, dann deshalb, weil wir die Dinge nicht als endgültig betrachten“, sagte Außenministerin Catherine Colonna laut französischen Medien am Freitag am Rande der Reise von Präsident Emmanuel Macron nach Papua-Neuguinea.

Die Putschisten in dem westafrikanischen Land hätten noch Zeit, den internationalen Forderungen nach Wiedereinsetzung des gestürzten Präsidenten Mohamed Bazoum nachzukommen.

Macron sagte, er habe mit Bazoum gesprochen und arbeite mit den Staats- und Regierungschefs der Sahel-Region zusammen, um die Demokratie in Niger zu verteidigen. Dabei unterstütze er auch eine mögliche Verhängung von Sanktionen. In französischen Diplomatenkreisen wurde die Lage als weiterhin „sehr verworren“ bezeichnet.

Die Hilfsorganisation Aktion gegen den Hunger hat nach einem Putsch im westafrikanischen Niger davor gewarnt, dass die humanitäre Lage schlechter wird. „Die aktuellen politischen Entwicklungen im Niger erfolgen zu einer Zeit, in der das Land die schlimmste Krise seit einem Jahrzehnt erlebt“, sagte Helene Mutschler, die Geschäftsführerin von Aktion gegen den Hunger, am Freitag.

Dürren, Überschwemmungen und eine spät einsetzende Regenzeit verschärften die Ernährungssituation. Die Fortführung der humanitären Arbeit sei daher unerlässlich. Als Folge des Putsches habe die Organisation ihre Arbeit jedoch in Teilen des Landes vorübergehend eingestellt, so Mutschler.

Zuvor hatten bereits die Vereinten Nationen mitgeteilt, sie hätten ihre humanitäre Arbeit im Niger eingestellt. Wegen des Putsches sperrten die nigrischen Behörden den Luftraum sowie die Landesgrenzen. In einem Hinweis an die Luftfahrt („notice to airmen“) wurden Landungen im Niger bis zum 4. August für alle Flüge untersagt. (dpa, Reuters)

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