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Ein ukrainischer Polizist in Awdijiwka

© dpa/Evgeniy Maloletka

Russen wollen Stadt umzingeln: Awdijiwka droht „zum zweiten Bachmut zu werden“

Nur 50 Kilometer südwestlich von der heftig umkämpften Stadt Bachmut bahnt sich eine weitere erbitterte Schlacht an. Awdijiwka liegt seit bereits neun Jahren an der Frontlinie.

Russische Truppen versuchen „ständig“, Awdijiwka im Osten der Ukraine einzukesseln. Die Frontstadt könnte „in naher Zukunft zum zweiten Bachmut werden“, sagte Oberst Oleksii Dmytrashkivskyi, Pressesprecher der südlichen Streitkräfte, am Montag im ukrainischen Fernsehen.

Die russischen Angriffe an der Frontlinie nahe der Regionalhauptstadt Donezk seien jedoch „typisch und vorhersehbar“, sagte der Sprecher weiter. „Die russischen Streitkräfte greifen von denselben Waldanpflanzungen aus an.“

Über das Wochenende hätten die Russen zudem „die letzten Reserven eingesetzt, die sie haben“. Unklar ist, wie viel Reserven die Russen tatsächlich noch an die Front in Awdijiwka schicken können. Allein am Sonntag habe „der Feind etwa drei Kompanien verloren“, sagte Dmytrashkivskyi. Laut der Denkfabrik „GlobalSecurity.org“ besteht eine russische Kompanie aus 130 bis 150 Personen.

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Dennoch hätten die russischen Streitkräfte in den letzten drei Wochen „schleichende Geländegewinne“ rund um die Stadt erzielt, teilte das britische Verteidigungsministerium ebenfalls am Montag mit.

Russische Truppen nur wenige Kilometer entfernt

Bereits am Sonntag meldete der ukrainische Generalstab russische Angriffe nur etwa zehn Kilometer nordwestlich der Stadt. Das schreibt die US-amerikanische Denkfabrik „Institute for the Study of War“ (ISW) in ihrem täglichen Lagebericht.

Die Militäranalysten verweisen zudem auf verifizierte Aufnahmen, die russische Truppenbewegungen etwa sechs Kilometer südwestlich von Awdijiwka zeigen. Russische Militärblogger würden teilweise sogar behaupten, dass ihre Streitkräfte bereits in die Stadt vorgedrungen sind. Verifizieren lasse sich das allerdings nicht.

„Die Situation wird immer schlimmer“, sagte der Bürgermeister von Awdijiwka, Witali Barabasch, am Montag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP. Die russischen Streitkräfte würden zunehmend auch Langstreckenwaffen in der Gegend von Awdijiwka einsetzen.

Ukraine meldet russische Rückschläge

Versuche der russischen Truppen, weiter Richtung Awdijiwka vorzurücken und den Kessel um die Stadt weiter zu schließen, seien am Sonntag und Montag erfolglos geblieben, schreibt das ISW unter Berufung auf den ukrainischen Generalstab.

Ein ukrainisches Militärfahrzeug fährt durch ein nach einem Angriff zerstörtes Gebiet in der Stadt Awdijiwka im Gebiet Donezk. 
Ein ukrainisches Militärfahrzeug fährt durch ein nach einem Angriff zerstörtes Gebiet in der Stadt Awdijiwka im Gebiet Donezk. 

© AFP/ARIS MESSINIS

„Ukrainische Kräfte setzen ihre organisierte Verteidigung fort, aber ihre Versorgungswege nach Westen werden zunehmend durch den russischen Umfassungsangriff bedroht“, beschreibt das britische Verteidigungsministerium die Lage in Awdijiwka. Und vergleicht sie mit der Situation in Bachmut – etwa 50 Kilometer weiter nordöstlich.

„Der weitläufige Kokereikomplex (im Norden der Stadt) dürfte im weiteren Verlauf der Kämpfe als besonders verteidigungsfähiges Schlüsselgelände angesehen werden“, twitterte das Ministerium. Auf russischer Seite trügen Einheiten aus der selbst ernannten Volksrepublik Donezk die Hauptlast der Angriffe, die die Gegend gut kennen, heißt es aus London.

Wohl hohe Verluste unter russischen Soldaten

Mobilisierte russische Soldaten, die an diesem Frontabschnitt eingesetzt sind, würden sich bei ihren Familien über die schlechten Bedingungen beschweren, schreibt das ISW. Eine Gruppe Soldaten aus dem Gebiet Sankt Petersburg beklagt hohe Verluste, wie der Twitteraccount „wartranslated“ berichtet.

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Die Soldaten behaupten, 70 Prozent ihrer Kameraden verloren zu haben, nachdem sie den Befehl zu Erstürmung von Awdijiwka erhalten hätten. Dabei seien sie nur mit Sturmgewehren bewaffnet gewesen. „Einige wurden verwundet und einige getötet“, schreibt das unabhängige russische Nachrichtenportal „Sota“.

Die sibirische Niederlassung von „Radio Liberty“ berichtete vergangene Woche zudem über einen Freund eines mobilisierten Soldaten, dessen Bataillon bei der versuchten Erstürmung von Awdijiwka 298 seiner 300 Soldaten verloren haben soll. Ein weiterer Soldat habe seiner Familie mitgeteilt, dass er sich weigere, weiter in Awdijiwka zu kämpfen, nachdem er unvorbereitet in den Kampf geschickt worden sei.

Awdijiwka ist seit 2014 Frontstadt

Durch ihre Lage – 13 Kilometer nördlich der besetzten Großstadt Donezk – ist Awdijiwka seit Beginn der Kämpfe um den Donbass 2014 eine Frontstadt. Vor dem Beginn des Angriffskrieges hatte die Stadt etwa 32.000 Einwohner, schreibt die Statistikbehörde der Region auf ihrer Internetseite.

Ein Jahr nach dem Start der schweren Kampfhandlungen leben noch 2300 Menschen in Awdijiwka, berichtet AFP. Mittlerweile sei die Stadt weitgehend zerstört, heißt es im britischen Geheimdienstbericht.

„In den letzten drei Wochen haben wir mit Hilfe der Polizei und von Freiwilligen etwa 150 Menschen evakuiert“, sagte der Bürgermeister der AFP. „Wir hatten 47 Kinder in der Stadt, heute sind nur noch acht übrig.“ (mit Agenturen)

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