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Das Erdbeben in der türkisch-syrischen Grenzregion hat mehrere Millionen Menschen getroffen.

© dpa/Khalil Hamra

Trotz jahrelanger Feindschaft: Syrien soll humanitäre Hilfe aus Israel bekommen

Die israelische Regierung sendet Hilfe in die vom Erdbeben betroffenen Regionen. Das befeindete Syrien soll Medikamente, Decken und Zelte bekommen – auch Rettungsteams sind im Gespräch.

Außergewöhnliche Situationen erfordern außergewöhnliche Maßnahmen: Diesem Prinzip folgt offenbar Israels Regierung im Hinblick auf die Erdbebenkatastrophe in Nahost.

Das Land hat nicht nur Rettungsteams und humanitäre Hilfe an die stark betroffene Türkei geschickt, sondern will auch seinem nördlichen Nachbarn Syrien helfen – obwohl die beiden Staaten sich offiziell im Kriegszustand befinden und daher keinerlei diplomatische Beziehungen unterhalten. Die Berichte dazu sind allerdings teilweise widersprüchlich.

Am Montag hieß es in Israel, die syrische Führung habe den Nachbarn selbst um Unterstützung gebeten. „Ein diplomatischer Offizieller“ habe die Bitte übermittelt, sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, ohne ins Detail zu gehen.

Netanjahu antwortet auf vermeintliches Hilfegesuch

Er habe anschließend Anweisungen erteilt, der Bitte nachzukommen. „Diese Dinge werden bald umgesetzt“, fügte er hinzu. Ein israelischer Fernsehsender wiederum berichtete, Russland habe die syrische Anfrage an die israelische Regierung weitergeleitet.

Die Arbeit der Rettungsteams ist aufgrund ständiger Nachbeben und beschädigter Straßen erschwert.

© dpa/Ahmet Akpolat

Noch am selben Tag jedoch ließ die Regierung in Damaskus syrischen Medien zufolge die Berichte zurückweisen. Ungenannte offizielle Quellen bezeichneten Netanjahus Verlautbarungen gar als „Propaganda-Kampagne“.

Überraschend kam das nicht: Selbst wenn die Führung des syrischen Präsidenten Bashar Al Assad Israel hinter den Kulissen tatsächlich um Hilfe gebeten haben sollte, läge es nicht in ihrem Interesse, dies öffentlich zu machen – zu schlecht ist das Image des langjährigen Feindes, nicht nur in Syrien, sondern auch in den meisten arabischen Nachbarländern.

Die Rettungsteams arbeiten an verschiedenen Orten rund um die Uhr.

Nadav Markman, Israels stellvertretender Botschafter in der Türkei

Allerdings gibt es auch in Israel bislang nur wenige Informationen zu möglichen Hilfen für Syrien. Regierungskreise ließen Anfang der Woche immerhin verlauten, dass Israel Medikamente, Decken und Zelte schicken werde.

Es wäre nicht das erste Mal, dass Israel den Menschen im Nachbarland humanitäre Hilfe anbietet: Zwischen 2016 und 2018 ließ die israelische Armee Opfer des syrischen Bürgerkrieges über die nördliche Grenze zur Behandlung in israelischen Krankenhäusern einreisen. Die Aktion lief unter dem Titel „Operation gute Nachbarschaft“.

In der Türkei sind Teams seit Montag im Einsatz

Am Montag schickte Israel derweil das erste Hilfsteam in die Türkei. In den darauffolgenden Tagen folgten weitere Helfer: 150 Mitglieder der Such- und Rettungseinheit der israelischen Armee (IDF) sowie am Mittwoch 230 zusätzliche Helfer, darunter Sanitäter und Ärzte der IDF sowie Vertreter der Verteidigungs- und Gesundheitsministerien. Das Team soll im Süden der Türkei ein Feldlazarett errichten und Überlebende der Katastrophe medizinisch versorgen.

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Das Verhältnis zwischen Israel und der Türkei war jahrelang äußerst angespannt, hat sich aber in den vergangenen Monaten wieder etwas erwärmt. Zum ersten Mal seit mehreren Jahren hat Israel im Herbst wieder eine Botschafterin nach Ankara geschickt, Irit Lillian. Am Dienstag postete sie auf Twitter ein Video von einem israelischen Hilfsteam bei einem nächtlichen Einsatz vor einem gewaltigen Trümmerhaufen. „So stolz auf euch, Engel“, schrieb sie dazu.

In einem von den IDF veröffentlichten Video berichtet der Kommandeur des Such- und Rettungsteams, Major Matan Schneider, von einer nächtlichen Operation im Süden des Landes.

Anwohner hätten die Soldaten zu den Trümmern eines zerstörten Gebäudes geführt, aus denen sie glaubten, Stimmen zu hören. In einer viereinhalbstündigen Operation bargen die Soldaten eine 23-jährige Frau aus der Ruine, „gesund und sicher“, berichtet Schneider, „nur mit einem gebrochenen Becken. Sie wurde gerettet und zu ihrem Verlobten gebracht“.

Am Mittwoch meldete Israels stellvertretender Botschafter in der Türkei, Nadav Markman, die Helfer hätten vier weitere Menschen aus den Trümmern gerettet, darunter auch Kinder. Die Teams, meldete Markman, „arbeiten an verschiedenen Orten rund um die Uhr“.

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