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Der ehemalige US-Präsident Donald Trump.

© Chandan Khanna/AFP

Update

Faktencheck vor der Jury-Sitzung am Montag: Trumps Lügen und Deepfake-Bilder versus Realität

Droht einem Ex-Präsidenten erstmals in der Geschichte der USA eine Verhaftung und eine Gefängnisstrafe? Ein klärender Blick auf Täuschungsmanöver und die wirkliche Lage.

| Update:

Muss sich erstmals in der Geschichte der USA ein Ex-Präsident nach Ende der Amtszeit einem Strafprozess stellen? Am Montag soll in New York erneut die Jury beraten, die über eine Anklage gegen Donald Trump wegen der Umstände der Schweigegeldzahlung an die Pornodarstellerin Stephanie Clifford entscheidet.

Die zweite Frage: Wird es im Fall einer Anklage zu Massenprotesten von Trump-Anhängern kommen? Und womöglich gar zu gewaltsamen Szenen?

Eine Ahnung, was alles geschehen könnte, gaben in den vergangenen Tagen explosive Bilder, die in den sozialen Netzwerken viral gingen: Polizisten nehmen Donald Trump in der Innenstadt von Washington fest. Es kommt zu Gerangel und wütenden Protesten.

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Millionen Menschen haben die Szenen gesehen. Sie haben aufgewühlt reagiert und die Bilder geteilt. Sie wirkten glaubwürdig. Trump hatte seit Tagen vor einer ihm angeblich drohenden Festnahme gewarnt.

Die gab es jedoch gar nicht. Die angeblichen Bildbeweise sind „deepfake“. Sie zeigen, wie Künstliche Intelligenz uns bereits heute ein falsches und doch täuschend echt aussehendes Bild von der Wirklichkeit vermitteln kann.

Ihr Urheber ist Eliot Higgins. Kein Trump-Anhänger, sondern Gründer von Bellingcat, eines investigativen Open-Source-Portals. Er möchte demonstrieren, wie leicht es ist, Menschen in die Irre zu führen.

Auf die Idee kam Higgins, als Trump die Falschnachricht verbreitete, ihm drohe eine Verhaftung. Der Ex-Präsident stellte sich mal wieder selbst in den Mittelpunkt. Nicht nur die News der amerikanischen Medien drehen sich seit Tagen um seine Person, sondern auch die internationalen Schlagzeilen.

Wie erreicht Trump dieses außergewöhnliche Maß an Aufmerksamkeit? Er ist ein Meister der selbstbezogenen Kommunikation. Er nimmt es mit den Fakten nicht so genau.

Und er gibt Sachverhalten, die auf den ersten Blick ein schlechtes Licht auf ihn werfen – hier: eine potenzielle Anklage –, einen emotionalen Dreh, der ihm bei einem Teil des Publikums Empathie verschafft. Denn er stellt sich als die verfolgte Unschuld dar.

Anlass für einen Faktencheck: Was kommt wirklich auf Trump zu?


Droht Trump eine Verhaftung?

Nein. Verhaftung ist ohnehin der falsche Begriff. Treffender wäre: Festnahme. Trump behauptete am Samstag vor acht Tagen, es gebe einen Termin für seine angebliche Festnahme: Dienstag, 21. März.

Das war gelogen. Die Beratungen der Jury, ob er angeklagt werden soll, dauerten an. Selbst eine Anklage zieht nicht automatisch eine Festnahme nach sich. Trumps Anwälte haben mitgeteilt, dass er dann von sich aus bei der Justiz erscheinen werde. Noch ein Grund weniger für eine Festnahme.

Der Vorwurf: Trump habe 2006 eine Affäre mit Stephanie Clifford gehabt, die als Pornodarstellerin unter dem Namen Stormy Daniels bekannt ist. Kurz zuvor hatte seine Frau Melania Sohn Barron zur Welt gebracht. Damit das moralisch fragwürdige Verhalten im Präsidentschaftswahlkampf 2016 nicht ans Licht kommt, habe Trump ihr mithilfe seines Anwalts Michael Cohen 130.000 Dollar Schweigegeld gezahlt.

130.000
Dollar Schweigegeld an eine Pornodarstellerin für eine Affäre, die es laut Donald Trump gar nicht gab.

So weit ist der Sachverhalt strafrechtlich nicht von Belang. Im Übrigen bestreitet Trump, dass er eine Affäre mit Stephanie Clifford hatte. Der springende Punkt für eine mögliche Anklage: Trump soll die Summe aus Wahlkampfmitteln bezahlt haben. Das wäre eine gesetzeswidrige Zweckentfremdung.


Könnte Trump ins Gefängnis kommen?

Voraussichtlich nicht. Jedenfalls nicht wegen einer Schweigegeldzahlung aus der Wahlkampfkasse. Trump könnte behaupten, er habe davon nichts gewusst.

Demonstranten in New York fordern die Festnahme von Donald Trump.
Demonstranten in New York fordern die Festnahme von Donald Trump.

© AFP/Getty Images/Spencer Platt

Oder sagen, die Zahlung aus Wahlkampfmitteln sei nicht gezielt und absichtsvoll geschehen, sondern ein Versehen. Das wäre ein minder schwerer Rechtsbruch, der wohl nur eine Geldstrafe nach sich ziehen würde, sofern Trump überhaupt für schuldig befunden wird.


Was macht den Fall so brisant?

Trump wäre der erste US-Präsident, der nach Ende der Amtszeit in einem Strafverfahren angeklagt wird. Auch diesen Sachverhalt dreht er um: Eine solche potenzielle Premiere habe nichts mit seinen Taten zu tun. Sie belege im Gegenteil, dass er ein Opfer parteipolitischer Justiz sei. Er werde anders behandelt als seine Vorgänger.

Diese Argumentation ist ein Zirkelschluss: Sie lässt die Möglichkeit außer Betracht, dass Trump schwerer wiegende Verstöße gegen US-Recht begangen hat als seine Vorgänger.

Er hat es nicht nur mit dem Verfahren wegen Zweckentfremdung von Wahlkampfgeldern zu tun. Ihm drohen weitere Anklagen wegen gravierenderer Rechtsbrüche: Bilanzfälschung, Anstiftung zur Wahlfälschung, Aufruf zum Umsturz.


Was bezweckt Trump mit dem falschen Narrativ?

Trump verfolgt zwei Ziele. Erstens möchte er die Resonanz auf seine Botschaften bei seinen Unterstützern und potenziellen Wählern testen. Er kandidiert 2024 erneut für das Präsidentenamt. Informationen, wie viele Menschen seine jeweiligen Tweets und Posts in sozialen Netzwerken teilen, helfen ihm, die besten Wege zur Mobilisierung zu finden.

Zweitens enthält die empörte Warnung vor seiner angeblichen Festnahme eine Drohung an die Justiz: Überlegt gut, was Ermittlungen oder gar Anklagen gegen mich auslösen können. Sie provozieren angeblich einen Aufstand der Straße wie beim Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021. Der sollte verhindern, dass der Kongress die Wahl Joe Bidens zum Präsidenten zertifiziert. Nun ist das Ziel, eine Anklage zu verhindern.

Die Bilder, wie das aussehen könnte, kursieren bereits in den USA und wecken Emotionen. Obwohl es die behauptete Festnahme gar nicht gegeben hat.

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