zum Hauptinhalt

Entwurf für den Umbau der Havelwerke Spandau entwickelt vom skandinavischen Büro Henning Larsen.

© Henning Larsen Architects / Henning Larsen

Häuser aus Pilzen und Holz: Nachhaltiges Bauen bedeutet experimentieren

Das Kopenhagener Büro Henning Larsen untersucht Baustoffe wie Holz, Beton und Pilze auf ihre Umweltbilanz. Eines ihrer Projekte entsteht bald in Berlin.

Pilze wachsen. Bisweilen wuchern sie regelrecht. Zumal, wenn es die falschen sind: So jedenfalls geschah es in der Architekturgalerie Aedes, wo das Kopenhagener Büro Henning Larsen eine Kolonie seiner Nutz-Pilze unter Glas angesiedelt hatte, um ihr friedliches Wachstum zur Schau zu stellen. Doch dann gesellten sich ordinäre Schimmelpilze dazu, und das Wachstum nahm eine ganz eigene Wendung.

Es sind durchaus Überraschungen zu gewärtigen, wenn man sich an neuartige, noch dazu organische Materialien macht, die das Bauen künftig umweltverträglicher machen sollen. In diesem Sinne versteht sich das 1959 gegründete Büro Larsen als Forschungseinrichtung, die alle denkbaren Materialien auf ihre Verwendbarkeit beim Bauen, aber eben auch auf ihr Umweltbilanz hin untersucht.

Alle Holzarten werden untersucht

Bei Aedes inszeniert ist unter dem Titel „Changing Our Footprint“ ein großes Labor, in dem beispielsweise alle gängigen Holzarten untersucht werden und ebenso verschiedene Zusammensetzungen von Beton.

An dem kommt die Bauwirtschaft heute noch nicht vorbei. Er kann aber durchaus mit geringeren Begleiterscheinungen negativer Art produziert werden, als das bislang gemeinhin der Fall ist. Er kann auch leichter an spezifischem Gewicht sein, ohne darum an den statischen Eigenschaften einzubüßen, die ihn zum weltweit gefragtesten Baustoff für nahezu jede denkbare Aufgabe haben werden lassen.

Selbet Beton kann mit weniger Emissionen produziert werden

Diesmal ist die auf zwei Ebenen innerhalb eines früheren Fabrikgebäudes angesiedelte Galerie Aedes einem einzigen Büro, einer einzigen Ausstellung gewidmet. Der untere Bereich bietet den Besuchern die Möglichkeit, insbesondere Holzsorten zu erkunden und zugleich auf einem daraus gezimmerten Podium Diskussionsveranstaltungen abzuhalten. Der obere Galerieraum zeigt sowohl die Forschungen des Büros an den unterschiedlichsten Materialien, als auch deren Einsatz in konkreten Bauvorhaben.

Bei der Gestaltung des Fritz-Hansen-Pavillons wurde die Kurzlebigkeit von Pavillons berücksichtigt und sichergestellt, dass jedes Bauteil wiederverwendet werden kann und keine Spuren an seinem Standort hinterlässt.

© Laura Stamer / Laura Stamer

Denn Architektur produziert das Büro durchaus. Die Bauten dienen quasi als Reallabore, wie etwa die Kirche im schwedischen Ørestad, deren Dach und Fassaden mit Schindeln aus wiederverwertetem Eichenholz verkleidet sind. Oder der Fritz Hansen Pavillon in Kopenhagen, dessen vorgefertigte Teile durch sinnreiche Verbindungen leicht demontierbar sind und auch bei anderen Projekten Verwendung finden können. Das aus Schichtholz mit großen Spannweiten errichtete Erlebniszentrum „World auf Volvo“ in Göteborg schließlich greift den schwedischen Gedanken des „Allemansrätten“, des „Rechts auf Umherstreifen“ auf, indem seine äußeren Bereiche jederzeit frei zugänglich bleiben.

In der Ausstellung „Changing our Footprint. A dialoge with Henning Larsen, Copenhagen“ können Besucher sich über umweltfreundliche Baumaterialien informieren.

© Erik-Jan Ouwerkerk / Erik-Jan Ouwerkerk

Auch in Deutschland ist Henning Larsen tätig. Für Wolfsburg ist ein Komplex mit nicht weniger als 258.000 Quadratmeter Bruttogrundfläche in Planung, der verschiedene Nutzungen bis hin zum Wohnen umfassen soll – gänzlich aus Holz, genauer aus verleimtem Brettschichtholz. Nicht nur die statischen Eigenschaften zeichnen es aus, sondern auch seine Feuerfestigkeit; von der angenehmen Raumatmosphäre ganz abgesehen.

Das auf dem Gelände der „Havelwerke“ in Berlin-Spandau vorgesehene Projekt, immerhin ein Viertel so umfangreich wie in Wolfsburg, ist ähnlicher Art, jedoch mit Erdgeschossbereichen aus Beton. Innerhalb der rasterartigen Tragstruktur sind die unterschiedlichsten Nutzungen möglich.

Der Besucher der Ausstellung, beeindruckt von so viel Experimentierfreude, lässt sich auf einem unscheinbaren Hocker nieder, der fest, aber nicht unangenehm kantig ist. Und siehe da, er ist geformt aus Myzel, dem Pilzmaterial, das in der Schau-Kiste zum Beginn des Rundgangs so üppig zu wundern begonnen hat. Wir wissen noch viel zu wenig über Pilze. Wer weiß, wie es bald sein wird, auf und in und mit ihnen zu leben.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false