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Großer Jubel in Taipeh: Taiwans neuer Präsident William Lai mit seiner Stellvertreterin Hsiao Bi-khim.

© AFP/ALASTAIR PIKE

William Lai neuer Präsident: Es ist Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, Taiwan weiter zu unterstützen

Taiwan hat einen neuen Präsidenten, vor dem Peking im Vorfeld gewarnt hat. Es ist Zeit, Verantwortung zu übernehmen – in China und in Deutschland.

Ein Kommentar von Viktoria Bräuner

Klarere Worte hätte Taiwans neuer Präsident William Lai nach seinem Wahlsieg nicht finden können: „Wir werden weiter Seite an Seite mit den Demokratien dieser Welt gehen“. Als Präsident habe er die verantwortungsvolle Aufgabe, „Frieden und Stabilität in der Taiwanstraße zu sichern“, sagte der 64 Jahre alte Politiker am Samstagabend.

Bei den Beziehungen zu China setzt er auf Dialog statt Konfrontation. Von Pekings militärischen Drohungen werde sich sein Land aber nicht einschüchtern lassen.

China reagierte empört, wie erwartet. Im chinesischen Narrativ ist die kleine Insel Teil der Volksrepublik, obwohl die Kommunisten sie nie regiert haben und sie seit 1949 de facto unabhängig ist. Taiwan gehöre zu China, erklärte ein Sprecher des Pekinger Amts für Taiwan-Angelegenheiten direkt nach der Wahl. „Die DPP könne nicht die öffentliche Meinung der Menschen auf der Insel vertreten.“

71
Prozent betrug die Wahlbeteiligung in Taiwan.

Was für ein Unsinn: Bereits wenige Stunden nach Schließung der Wahllokale hatte William Lai die notwendigen Stimmen für den Sieg zusammen. Damit hat sich die DPP erstmals in der Geschichte Taiwans eine dritte Amtszeit in Folge gesichert.

Nach zwei Amtszeiten konnte Tsai Ing-wen kein weiteres Mal für die DPP kandidieren.

© REUTERS/ANN WANG

Einen Dämpfer bekam Lai durchaus – seine Partei verlor die Mehrheit im Parlament. Damit wird das Regieren schwieriger als zuvor. Doch all das zeigt: Taiwans demokratisches System funktioniert bestens. Die Wahlbeteiligung lag bei 71 Prozent. Versuche durch China, die Wähler zu beeinflussen und die Stimmung gegen Lai zu drehen, sind gescheitert. Zum Glück.

Wenn also chinesische Parteikader behaupten, die DPP könne Taiwan nicht vertreten, ist das nicht mehr als plumpe Propaganda – sie selbst werden nie eine demokratische Wahl erlebt, geschweige denn sich daran beteiligt haben. Wie sollten sie sie deuten können?

Enttäuschung bei Unterstützern der größten Oppositionspartei, der KMT.

© REUTERS/CARLOS GARCIA RAWLINS

Während sich die Kommunistische Partei seit Jahrzehnten an die Macht klammert und seit Xi Jinpings Aufstieg zum Parteichef 2012 einen immer totalitären Kurs einschlägt, lief es in Taiwan anders: Es kämpfte sich in den 80er Jahren heraus aus der Diktatur und gilt heute neben Japan und Südkorea als das freieste Land Asiens. Genau deshalb hat es die Unterstützung der westlichen Wertegemeinschaft verdient.

Washington und Tokio gratulierten William Lai zu seinem Sieg. Die EU schickte Glückwünsche an alle taiwanischen Wähler. Zugleich äußerte Brüssel die Sorge „über die wachsenden Spannungen in der Straße von Taiwan“ und betonte, „jeden einseitigen Versuch, den Status quo zu ändern“ abzulehnen.

Der Präsidentschaftskandidat der TPP spricht am Wahlabend zu seinen Unterstützern. Gemeinsam mit der KMT hat die Partei die Mehrheit im Parlament.

© AFP/I-HWA CHENG

Recht so! Denn erst in seiner Neujahrsansprache hatte Staatsführer Xi Jinping den Anschluss der Insel als „historisch unvermeidlich“ bezeichnet und so indirekt mit Krieg gedroht.

Auch das Auswärtige Amt in Berlin scheint die wachsende Gefahr durch Chinas imperialistischen Kurs endlich verstanden zu haben. Noch bei der vergangenen Wahl 2020 hatte das Ministerium auf ein schriftliches Statement verzichtet – aus Furcht, Peking zu vergrätzen.

Nun schlägt das Amt unter Außenministerin Annalena Baerbock einen anderen Ton an. „Die freien und friedlichen Wahlen in Taiwan haben erneut gezeigt, wie stark die Demokratie in Taiwan verwurzelt ist“.

An beide Seiten appelliert Berlin, „ihre Bemühungen zur Wiederaufnahme eines Dialogs weiter vorantreiben.“ Letzteres richtet sich klar an die chinesische Führung, die 2016 jegliche Kommunikationskanäle zu Taiwan abgebrochen hatte.

„Wir hoffen“, so sagte Wiliam Lai am Samstag, „dass China versteht, dass für beide Seiten nur Frieden Vorteile hat – denn auch China trägt Verantwortung.“ Nun ist es Aufgabe der internationalen Gemeinschaft, Taiwan weiter zu unterstützen und in Peking diese Verantwortung einzufordern.

Zugleich müssen die Beziehungen ausgebaut und sogar über militärische Unterstützung zur Abschreckung sollte nachgedacht werden. Die USA machen das bereits. Das allein ist die Sprache, die Xi Jinping versteht.

An dem Tag, an dem er glaubt, Taiwan schnell und ohne großen Widerstand einnehmen zu können, wird er es tun. Unsere Aufgabe ist es, das zu verhindern. Denn ein Krieg hätte nicht nur für die 23,5 Millionen Taiwaner schreckliche Folgen – sondern für die ganze Welt.

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