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Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin und Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Hessen

© Reuters/Fabrizio Bensch

Update

„Wollen mich mit Dreck bewerfen“: Innenministerin Faeser reagiert auf Vorwürfe zum Ex-BIS-Chef

Die Innenministerin bleibt der Sondersitzung des Bundestagsausschusses zum Rauswurf von BSI-Chef Schönbohm fern. Die Union ist empört – und Faeser äußert sich schließlich doch noch.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat den Vorwurf zurückgewiesen, Informationen des Verfassungsschutzes bei der Abberufung Arne Schönbohms als Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) genutzt zu haben. „Es gab von mir keinerlei nachrichtendienstliche Abfragen“, sagte Faeser am Donnerstag. Sie warf den Unionsabgeordneten vor, wegen der anstehenden Hessen-Wahl alles zu tun, „um mich mit Dreck zu bewerfen“.

Faeser forderte die Bundestagsabgeordneten von CDU/CSU auf, mit dem „Theaterdonner“ aufzuhören. Die Cybersicherheit sei ihr wichtig, sagte Faeser mit Blick auf das BSI. Sie habe das Bundesamt „angesichts der aktuellen Bedrohung gestärkt“ und werde das auch weiter tun. „Dafür war eine Neuaufstellung an der Spitze notwendig“, sagte die Ministerin. Nun stehe mit Claudia Plattner eine „international hervorragend renommierte IT-Sicherheitsexpertin“ an der Spitze der Behörde.

Faeser will „keinen Klamauk“ mitmachen

„Dabei sind keine nachrichtendienstliche Maßnahmen gegen Schönbohm eingesetzt worden, diese Behauptung ist völliger Unsinn“, betonte Faeser. In ihrer Rede zum Haushalt des Bundesinnenministeriums ging die Ministerin nicht darauf ein, warum sie diese Woche zweimal bei einer Sitzung des Innenausschusses gefehlt hatte, in der es um die Affäre um Schönbohm ging.

Im Interview mit der Bild-Zeitung erklärte sie später, dass sie „keinen Klamauk“ mitmache. „Die Union weiß ganz genau: Die Fragen sind längst beantwortet. Weil ich Spitzenkandidatin in Hessen bin, will sie jetzt mit Dreck werfen.“

Auch zu den Vorwürfen, sie hätte um weitere Informationen zu Schönbohm gebeten, bezog sie Stellung: „Bei einer Vorprüfung, ob ein Disziplinarverfahren eingeleitet wird, werden alle belastenden und entlastenden Umstände sorgfältig geprüft. Um diese Prüfung hatte Herr Schönbohm selbst gebeten. Dafür wird auch nach vorhandenen Erkenntnissen der Behörden gefragt.“

Der Vermerk „Brauche mehr Infos“, der in einem internen Mail zu lesen war, sei aus ihrer Sicht ebenfalls nicht problematisch: „Das mache ich häufig, wenn ich mehr Informationen zu einem Vorgang haben möchte. Gerade heute erst zum Beispiel zum Einsatz von Polizeikräften im Ausland im Rahmen einer UN-Mission.“

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Die Unionsfraktion hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) für ihr Fehlen bei der kurzfristig anberaumten Sitzung des Bundestags-Innenausschusses in der Causa Schönbohm ein weiteres Mal scharf kritisiert. „Sie hat sich dieser Gelegenheit heute erneut entzogen“, sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Alexander Throm (CDU), nach der Sitzung am Donnerstag.

Es zeige, dass die Ministerin zu keinem Zeitpunkt vorgehabt habe, dem Ausschuss Rede und Antwort zu stellen. Dies nähere den Verdacht, dass sie etwas zu verbergen habe. „Das ist bei einem so ernstzunehmenden Verdacht, nämlich den Verfassungsschutz für bestimmte Zwecke zu instrumentalisieren, schlicht nicht akzeptabel“, sagte Throm. Die Unionsfraktion gerate so an ihre Grenzen, „mit normalen parlamentarischen Mitteln hier Aufklärung von der Ministerin zu erlangen“.

Das Umfeld Faesers hatte dem Tagesspiegel vor der Sitzung mitgeteilt, das Ministerium werde am Donnerstag im Innenausschuss „wie üblich von einer Parlamentarischen Staatssekretärin vertreten“. Die Fragen seien „am Dienstag erneut umfassend erörtert und beantwortet worden“. Die Ministerin konzentriere sich auf die Beratung des Etats des Innenressorts im Plenum des Bundestages.

Faeser hatte Arne Schönbohm im vergangenen Jahr als Chef des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) abgesetzt. Faeser reagierte mit dem Rauswurf Schönbohms auf eine Darstellung des Unterhaltungskünstlers Jan Böhmerman im ZDF, der dem Behördenchef mittelbar Kontakte zum russischen Geheimdienst unterstellt hatte. Schönbohm leitet seit Januar die Bundesakademie für öffentliche Verwaltung (BAköV). Für die Absetzung als BSI-Chef verlangt Schönbohm Schadenersatz.

Die SPD wies die Vorwürfe der Union, dass angeblich der Inlandsgeheimdienst gegen Schönbohm instrumentalisiert worden sei, vor der Rede von Faeser ebenfalls zurück. Es sei „ungeheuerlich“, dass der Vorwurf erneut in den Raum gestellt werde, sagte SPD-Innenpolitiker Sebastian Hartmann. Dies sei in der Sitzung noch einmal dargelegt worden.

Man sei damit konfrontiert, „dass die Bundesinnenministerin eine Entscheidung getroffen hat, den Präsidenten aufgrund von mangelndem Vertrauen abzurufen, auf eine andere gleichwertige Stelle zu setzen, und ein Prozess geführt wird um die Fürsorgepflicht, die man möglicherweise verletzt haben könnte“.

CDU-Chef Merz spottet über Faeser

Bereits in der Generaldebatte im Bundestag am Mittwoch hatte Oppositionsführer Friedrich Merz (CDU) Faeser vorgeworfen, bei einer für Dienstag angesetzten Sitzung des Innenausschusses gefehlt zu haben. „Danke, dass Sie hier sind heute Morgen, Frau Faeser“, sagte Merz spöttisch: „Nachdem Sie sich gestern krankgemeldet haben und in Wiesbaden dpa-Interviews gegeben haben.“

Faesers Ministerium verwies am Mittwoch auf „einen wichtigen Arzttermin infolge ihrer überstandenen Corona-Infektion“ im Heimatort der Ministerin in Hessen: „Weil sie aus diesem Grund gestern früh nicht in Berlin sein konnte, war sie im Deutschen Bundestag entschuldigt.“

Die Vorwürfe mit Blick auf Faesers fehlende Präsenz im Ausschuss sind auch insofern pikant, als die Innenministerin derzeit als Spitzenkandidatin der hessischen SPD zur Landtagswahl am 8. Oktober antritt. Faeser befindet sich also mitten im Wahlkampf und will unter anderem mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auftreten.

Faeser will in Hessen Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) ablösen, der mit den Grünen koaliert. In alle Umfragen aber liegt die CDU meilenweit vor der SPD. In dieser Woche warb Faeser für die Bildung einer Ampel-Koalition in Hessen. (mit dpa)

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