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Omid Nouripour und Ricarda Lang, die neuen Parteivorsitzenden von Buendnis90 / Die Grünen in Berlin. Foto: bildgehege Omid Nouripour und Ricarda Lang

© imago images/Bildgehege

Asylstreit bei den Grünen: Auf dem Parteitag am Wochenende droht ein Bruch in der Partei

Das Entsetzen bei den Grünen nach dem Asylkompromiss ist groß. Die uneinige Spitze versucht, die Partei zu einen. Doch Rufe nach einem Sonderparteitag werden lauter.

Es ist eine Gratwanderung, die Omid Nouripour und Ricarda Lang versuchen. Eigentlich müssen die beiden Grünen-Vorsitzenden die Partei einen, doch sie sind sich selbst nicht einig. Die EU-Asylverschärfungen, denen die Ampel zugestimmt hat, spalten die Partei.

Viele Grüne sind entsetzt, sehen Grundwerte verletzt. Beim kleinen Parteitag der Grünen am Wochenende in Bad Vilbel, der eigentlich Rückenwind für den hessischen Wahlkampf bringen sollte, droht der Bruch.

Um das zu verhindern, haben Lang und Nouripour nochmals einen neuen Leitantrag zum Thema Asyl verfasst. Darin setzen sich nun vorsichtig von dem Kompromiss ab, dem Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) im Ampel-Kabinett zugestimmt hatte.

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Das wiederum hatte die Grünen-Politikerin in der sogenannten Sechserrunde ihrer Partei abgestimmt, in der auch Vizekanzler Robert Habeck sowie die Fraktionsvorsitzenden Britta Haßellmann und Katharina Dröge sowie eben Nouripour und Lang sitzen. 

Ein Formelkompromiss wird das Problem in dieser schwierigen Frage nicht lösen.

Der Grünen-Abgeordnete Anton Hofreiter kritisiert den Antrag der Parteispitze.

Doch nun distanzieren sich die beiden Parteichefs vom eigenen Beschluss: „Das vorliegende Ergebnis ist von den Positionen unserer Partei weit entfernt“, heißt es in dem überarbeiteten Antrag.

Man bewerte das Ergebnis der EU-Innenminister unterschiedlich, heißt es weiter, denn tatsächlich hatten Lang und Dröge, die dem linken Parteiflügel angehören, das Vorhaben abgelehnt. Ein außergewöhnlicher Vorgang, den manche in der Partei als Führungsversagen bezeichnen.

Inzwischen scheint aber auch die Realo-Seite um Omid Nouripour die Einigung kritischer zu sehen: Bemängelt wird in dem Antragstext, dass der EU-Kompromiss „keinen verpflichtenden Verteilmechanismus und keine grundsätzliche Ausnahme für Familien mit Kindern in diesen Grenzverfahren“ vorsehe. Es handle sich daher nicht um einen „historischen Erfolg“, wie Innenministerin Nancy Faeser (SPD) die Einigung bezeichnet hatte.

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Die Grünen-Spitze setzt nun auf Nachbesserungen im parlamentarischen Verfahren auf EU-Ebene: „Im weiteren Verfahren im Trilog zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission setzen wir uns daher für Verbesserungen ein, etwa für den besseren Schutz von Familien mit Kindern und verpflichtende Verteilung.“

Linker Parteiflügel fordert Konsequenzen

Doch damit scheint sich die Partei nicht zufriedenzugeben. „Ein Formelkompromiss wird das Problem in dieser schwierigen Frage nicht lösen“, sagte der Vorsitzende des Europaausschusses, Anton Hofreiter.

Man müsse jetzt ernsthaft daran arbeiten, das gemeinsame europäische Asylsystem substanziell zu verändern. „Hier geht es nicht um einen Oppositionsantrag, sondern ein Gesetz, das das Leben von Tausenden Menschen betrifft“, sagte Hofreiter dem Tagesspiegel.

Vor allem der linke Parteiflügel fordert jedoch Konsequenzen. „Zur Asylreform in dieser Form Ja zu sagen, war ein Fehler. Das sollten eigentlich alle, die bei uns dafür verantwortlich waren, mittlerweile auch so sehen“, sagte der Europaabgeordnete Erik Marquardt dem „Stern“. Es brauche einen Sonderparteitag, wenn man sich in Bad Vilbel nicht eindeutig gegen die EU-Asylreform positioniere.

Mit dieser Forderung ist Marquardt längst nicht mehr alleine, erste Kreisverbände organisieren ein solches Verfahren. Sollte es zu einem Sonderparteitag kommen, würde die Basis über den Kurs der Partei abstimmen. Auf dem kleinen Parteitag am Wochenende hingegen werden vor allem Funktionäre erwartet.

Doch vor allem an der Basis ist die Kritik laut: „Ist das die Partei von Annalena oder ist das die Partei für Menschenrechte?“, fragt Svenja Borgschulte, Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft Migration und Flucht. Die Parteispitze dürfe die Zustimmung Baerbocks nicht nachträglich legitimieren. Mit anderen Grünen will Borgschulte in Bad Vilbel Änderungsanträge einbringen.

Die Ausweitung der sicheren Drittstaaten müsse verhindert werden, ebenso die Inhaftierung von Menschen an Außengrenzen. „Die Partei muss sich auf ihre Werte besinnen“, sagt Borgschulte. „Dann braucht es auch nicht zwingend einen Sonderparteitag.“

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