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Der Großteil der Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz, den der CDU-Politiker Alexander Throm aus dem EU-Asylrecht streichen lassen will, stammt aus Syrien.

© Swen Pförtner/dpaPförtner

„Flüchtlingskonvention nicht mehr übererfüllen“: CDU-Politiker Throm will EU-Asylrecht einschränken

Die Union fordert von der Ampelregierung eine Kehrtwende in der Migrationspolitik. In ihrem Forderungskatalog ist der sehr viel weitergehende Vorschlag von Alexander Throm noch gar nicht enthalten.

Herr Throm, das Kabinett hat ein Gesetzespaket für schnellere Abschiebungen auf den Weg gebracht. Zugleich bietet der Kanzler Friedrich Merz an, in fortgesetzten Gesprächen "zu weiteren Vereinbarungen" zu kommen. Läuft die aktuelle Migrationsdebatte jetzt ganz im Interesse der Union?
Das Kabinett hat beschlossen, was die Union teils schon vor vier Jahren vorgeschlagen hat, aber damals in der Koalition mit der SPD nicht zu machen war. Besser spät als nie, kann ich da nur sagen. Mehr Abschiebungen sind aber nur ein kleiner Teil dessen, was jetzt zu tun wäre. Ich sehe bisher keinerlei konkrete Vorschläge des Kanzlers, wie wir die Zahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlinge substanziell reduzieren können. Ohne ein Zugehen auf die Forderungen der Union in dieser Frage wird es keinen "Deutschlandpakt Migration" geben.

Welche der 26 Punkte aus dem Forderungskatalog der Union sind Ihnen am wichtigsten, damit Sie von einem erkennbaren Kurswechsel sprechen und zustimmen können?
Die Maghrebstaaten müssen zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Das Aufnahmeprogramm aus Afghanistan, das über unsere Ortskräfte hinausgeht, muss enden, der Familiennachzug bei subsidiär Schutzberechtigten eingeschränkt, der Anreiz hoher Sozialleistungen beseitigt werden. Die immer weitergehende Ausdehnung von Bleiberechten für Ausreisepflichtige stellt einen zusätzlichen "Pull-Faktor" dar und muss zurückgenommen werden – etwa das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht. Stattdessen muss jetzt alles getan werden, um die Zahlen schnell runter zu bekommen.

Sehen Sie bei der Ampel den Willen dazu? Auch der Kanzler hat sie als "zu hoch" bezeichnet.
Ich sehe die Bereitschaft nicht einmal in der Partei des Kanzlers, wo die Jusos und der linke Flügel längst noch nicht die Zeichen der Zeit erkannt haben. Von den Grünen will ich in dieser Frage gar nicht reden. Die Ampel verschanzt sich in der Migrationspolitik hinter der auf den Weg gebrachten Reform des EU-Asylsystems, die aber eine Scheinlösung darstellt.

Alexander Throm während einer Rede Anfang des Jahres im Bundestag - der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion sieht die Genfer Flüchtlingskonvention im europäischen Recht als übererfüllt an.

© Imago/Political-Moments

Warum? Die Bundesregierung hat immerhin zu einem Konsens der Mitgliedstaaten beigetragen, der jahrelang unmöglich schien.
Es ist durchaus ein Schritt in die richtige Richtung, wenn Flüchtlinge tatsächlich an den Außengrenzen registriert und nicht mehr in den EU-Staat ihrer Wahl, insbesondere Deutschland, durchgewunken werden. Die Zahlen werden wir damit aber nicht reduzieren. Wir müssen den Kreis derjenigen verkleinern, die in Europa Schutz erhalten und dafür an die Regelungen im europäischen Asylrecht heran.

Was meinen Sie damit genau?
Das EU-Asylrecht übererfüllt die Genfer Flüchtlingskonvention. Wir gehen weit über den Ursprungsgedanken hinaus, Menschen vor einer konkreten persönlichen Bedrohung zu schützen. Wir können nicht mehr alle uneingeschränkt zu uns lassen, die aus Ländern mit allgemeinen Krisenlagen kommen. Dieser sogenannte individuelle subsidiäre Schutz ist nicht Teil der Genfer Konvention. Europa gewährt ihn per Gesetz als Individualanspruch seit den Nullerjahren. Die Lage um uns herum hat sich seither dramatisch verändert. Wir können uns die Übererfüllung der Genfer Flüchtlingskonvention schlicht nicht mehr leisten.

Wir können nicht Menschen aus allen Krisenländern dieser Welt aufnehmen.

Alexander Throm zu den Konsequenzen seines Vorschlags

Welche Auswirkungen befürchten Sie?
Zu Syrern, Afghanen oder Eritreern könnten bald weitere Flüchtlinge aus Mali, Sudan, Niger oder Burkina Faso kommen, die im Zweifel auch subsidiär schutzberechtigt wären. Das überfordert unsere Möglichkeiten. Wer aus politischen, religiösen oder sonstigen Gründen persönlich verfolgt oder bedroht ist, soll selbstverständlich weiter Schutz erhalten. Nur das sagt auch unser Grundgesetz. Aber wir können nicht Menschen aus allen Krisenländern dieser Welt aufnehmen. Hier wäre dann an Kontingente zu denken.

Welchen Anteil an der Fluchtzuwanderung machen die subsidiär Geschützten aus?
Ein Großteil derer, die beispielsweise aus Syrien oder Afghanistan kommen, genießen diesen subsidiären Schutz. In diesem Jahr haben etwa 48.971 Syrer subsidiären Schutz bekommen, dagegen wurde nur bei 93 Syrern ein Asylgrund festgestellt.

In Afghanistan herrschen wieder die Taliban. 2015 und 2016 sind die Menschen vor dem Bürgerkrieg in Syrien geflohen. Wäre es nicht zynisch, zu sagen: Da sind wir nicht mehr zuständig?
Es gehört zu den Grundsätzen des internationalen Flüchtlingsrechts, dass Schutz primär in Nachbarstaaten gewährt wird. Deshalb stehen wir auch in besonderer Verantwortung für die Ukrainerinnen und Ukrainer. Es gibt kein internationales Recht, durch viele sichere Staaten zu reisen und sich ein Zielland auszusuchen. Das hat einen guten Grund. Erstens soll die Schutzmöglichkeit gut erreichbar sein. Zweitens besteht so nach Ende einer Krise die Hoffnung auf eine schnelle Rückkehr und Teilhabe am Wiederaufbau.

Sehen Sie für diese Art von europäischer Lösung Mehrheiten in Europa?
Die allermeisten anderen EU-Staaten wollen viel mehr für eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen tun als diese Bundesregierung. Wenn überhaupt, hat sie noch Luxemburg an ihrer Seite. Es muss aber auch in diesem Bereich etwas passieren: Die Kommunen sind erschöpft. Die Schulen, der Wohnungsmarkt, unsere Sozialsysteme halten das auf Dauer nicht mehr aus. Vor allem ist die Aufnahmebereitschaft der Bevölkerung erschöpft. Das schadet all jenen, die tatsächlich unseren Schutz brauchen. Und es gefährdet nicht zuletzt unsere Demokratie, wenn wir jetzt nicht handeln.

Ist das eine Zusatzforderung für mögliche Gespräche der Union mit dem Kanzler? Oder etwas für ein Wahlprogramm der CDU?
Das ist zunächst einmal die Warnung davor, die aktuell auf der Zielgrade befindliche EU-Asylreform als grundsätzliche Lösung unseres Problems anzusehen. Und ich möchte aus Sorge um unsere Demokratie darauf aufmerksam machen, dass ausgerechnet Deutschland als europäisches Zielland Nummer 1 weitergehende Schritte in Europa verhindert. Ich nehme bisher keine Hinweise wahr, dass die Ampel in diese Richtung gehen könnte.

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