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Eine junge Fahranfängerin fährt in einem Auto.

© imago images/Westend61

Geplante EU-Führerscheinreform: Medizinchecks für Senioren und Tempolimit für Fahranfänger gefordert

Der Vorstoß einer französischen Grünen-Politikerin stößt in Deutschland auf massive Kritik. Wissing nennt die EU-Vorschläge „empörend“, die SPD kritisiert sie als „lebensgefährlich“.

Ein Vorschlag für verschärfte EU-Führerscheinregeln hat heftige Debatten im EU-Parlament ausgelöst. Dabei geht es um einen Vorstoß der französischen Grünen-Abgeordneten Karima Delli, wonach es künftig beispielsweise für Fahranfänger ein grundsätzliches Tempolimit von 110 Kilometern pro Stunde für Autos geben soll.

Zudem will Delli, dass medizinische Tests verpflichtend werden, um die „körperliche und geistige Tauglichkeit“ von älteren Autofahrern zu gewährleisten. Bei deutschen EU-Abgeordneten stößt das auf deutliche Kritik - auch auf der Seite der Grünen.

Wie reagiert Wissing auf die EU-Vorschläge?

Bundesverkehrsminister Volker Wissing hat diese Forderungen scharf zurückgewiesen. Die Vorschläge seien „empörend“, da sie „voll zulasten der Älteren und Jüngeren im ländlichen Raum“ gingen, sagte der FDP-Politiker der „Augsburger Allgemeinen“ am Donnerstag.

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Der FDP-Politiker nannte Dellis Vorschläge einen „massiven Eingriff in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger“. Wissing betonte: „Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Gesellschaft, Mobilität heißt Teilhabe und ein selbstbestimmtes Leben“.

Wir haben bei den älteren Autofahrern keine signifikanten Unfallzahlen und damit keinen Grund für einen Generalverdacht.

 Volker Wissing, Bundesverkehrsminister

Völlig unverständlich seien Wissing zufolge auch die Vorschläge der französischen Grünen-Politikerin Delli, Nachtfahrverbote für Führerschein-Neulinge zu verhängen. „Wie kämen wir dazu, die jüngeren Autofahrer abends von der Straße zu verbannen?“, fragte Wissing. „Wie sollen sie ihren Arbeitsplatz erreichen, wenn sie etwa schichtarbeiten?“

Bereits am Mittwoch machte der Bundesverkehrsminister klar: „Klar ist, Deutschland wird den Vorschlägen in dieser Form nicht zustimmen.“ Um die Sicherheit von Fahranfängern weiter zu verbessern, setze Deutschland auf den Führerschein ab 17 Jahren und das begleitete Fahren. Die Einführung verpflichtender Gesundheitstests lehne sein Haus entschieden ab, sagte Wissing.

Bundesverkehrsminister Volker Wissing bei einer Konferenz der TU München.
Bundesverkehrsminister Volker Wissing bei einer Konferenz der TU München.

© dpa/Lennart Preiss

Geplante Reform: CDU kritisiert „Verbotsprogramm“ der EU-Grünen

„Die Vorschläge von Frau Delli sind ein einziges Verbotsprogramm. Sie wettert gegen individuelle Mobilität“, sagte der CDU-Europaabgeordnete Jens Gieseke. An dem Vorschlag kritisiert er unter anderem, dass es für Fahranfängerinnen und Fahranfänger künftig Nachtfahrverbote geben könnte und sie keine Fahrzeuge von mehr als 1,8 Tonnen lenken dürften.

Viele Transporter, die etwa bei Umzügen genutzt werden, wären damit tabu. „Als CDU und CSU tragen wir einen solchen Unsinn nicht mit“, sagte Gieseke. Der EU-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen (FDP) betonte: „Wir als Freie Demokraten werden alles daransetzen, dass diese unsinnigen Vorschläge nicht in den Gesetzestext kommen.“

Wie reagieren die deutschen Grünen auf den Vorstoß?

Gegenwind kam nicht nur von der politischen Konkurrenz. Die deutsche Grünen-Europaabgeordnete Anna Deparnay-Grunenberg kritisierte ihre Parteifreundin ebenfalls. „Wir als deutsche Grüne haben von Anfang an aus deutscher Sicht starke Bedenken angemeldet“, sagte die Verkehrspolitikerin. Es sei problematisch, Mängel bei Sicherheitsstandards und in der Klimapolitik über die Führerscheinrichtlinie beheben zu wollen.

Die genannten Ideen spiegeln nicht die Position der deutschen Grünen wider.

Die Grünen

Ein Sprecher der Grünen machte am Abend deutlich: „Die genannten Ideen spiegeln nicht die Position der deutschen Grünen wider, auch nicht der deutschen Grünen im Europäischen Parlament.“

SPD mahnt „lebensgefährliche“ Vorschläge an

Auch der verkehrspolitische Sprecher der SPD-Europaabgeordneten, Thomas Rudner, lässt kaum ein gutes Haar an den Vorschlägen seiner französischen Amtskollegin.

Es sei widersprüchlich, die Gewichtsgrenze für Pkw-Führerscheine der Klasse B auf 1,8 Tonnen zu senken, wenn aber gleichzeitig 17-Jährige einen 40-Tonner steuern dürften, weil Lkw-Fahrer fehlten. „Das ergibt überhaupt keinen Sinn und kann unter Umständen lebensgefährlich sein!“

Geplante EU-Führerscheinregeln: Wie geht es jetzt weiter?

Angaben aus dem EU-Parlament zufolge soll im Dezember im Verkehrsausschuss über die Vorstöße abgestimmt werden. Ob die französische Abgeordnete Delli eine Mehrheit für ihre Vorschläge findet, ist fraglich. Die Überarbeitung der Führerscheinvorgaben geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission vom März zurück.

Derzeit lotet das an der Gesetzgebung ebenfalls beteiligte Europaparlament seine Position zu dem Thema aus, aber auch die Regierungen der EU-Staaten müssen neuen Regeln am Ende zustimmen. Nach SPD-Angaben ist vorgesehen, dass im März final im Parlament über neue Regeln abgestimmt werden könnte. (dpa, AFP)

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