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Klimarettung via Riesenfonds: Robert Habeck, Olaf Scholz und Christian Lindner nach der Unterzeichnung des Koalitionsvertrags im Dezember 2021.

© dpa/Potothek/Florian Gärtner

Großer Fonds mit geringer Wirkung?: Mega-Nebenhaushalt als Wollmilchsau

Die Ampel hat den sogenannten Klima- und Transformationsfonds als wichtiges Finanzierungsinstrument ausgestaltet. Aber ist er wirklich gut aufgestellt? Oder gibt es Risiken?

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Die Ampel mag sich nach außen über einen Sparhaushalt streiten. Aber nebenbei hat sie sich richtig viel Geld zur Seite gelegt. Denn neben dem Bundeshaushalt führt sie ihre Sondervermögen, auch Nebenhaushalte genannt. Der für die Bundeswehr ist recht bekannt – und einfach zu verstehen, weil präzise definiert: Es geht um die Finanzierung großer Wehrausgaben über mehrere Jahre, 100 Milliarden Euro liegen in dem Fonds.

Der KTF ist weniger bekannt. Hinter dem Kürzel verbirgt sich der Klima- und Transformationsfonds. Der war schon 2011 eingerichtet worden, damals noch als Energie- und Klimafonds (EKF), um Ausgabenprogramme in diesem Bereich zu bündeln. Er hatte lange ein eher überschaubares Volumen.

Die Ampel jedoch hat daraus ein großes Ding gemacht und den umgetauften Fonds mit erheblich mehr Mitteln ausgestattet – aber auch sehr vielen Aufgaben. 60 Milliarden Euro auf einen Schlag gab es gleich bei Amtsantritt im Dezember 2021 über die Weiterbuchung von nicht genutzten Kreditermächtigungen für Corona-Programme aus Groko-Zeiten.

Mehr als 100 Milliarden Euro können derzeit über den KTF bewegt werden. Die Verpflichtungsermächtigungen bis ins Jahr 2024 summieren sich auf 128 Milliarden Euro. Wobei die tatsächlichen Ausgaben sich nach dem aktuellen Wirtschaftsplan für 2023 auf etwa 36 Milliarden Euro belaufen sollen. Das „Ist“ im Jahr davor betrug 28 Milliarden.

Was die Ampel für 2024 konkret plant, ist noch unklar. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) arbeitet derzeit am neuen Wirtschaftsplan, der in den nächsten drei Wochen fertiggestellt werden soll.

Neuerdings wird der Nebenetat zu einer Art eierlegenden Wollmilchsau der Koalition umfunktioniert, da er immer mehr Zwecken dienen soll. Weiterhin sind zwar Ausgaben für Klimapolitik im Mittelpunkt, aber die Umwidmung mit dem Begriff „Transformation“ erweitert den Spielraum. Als sich die Regierung unlängst darauf verständigte, der Bahn 45 Milliarden Euro für Investitionen zu geben, wurden 15 Milliarden davon über einen Zeitraum von zwei Jahren im KTF gebucht – im regulären Etat war das Geld nicht aufzubringen.

Milliarden für Intel

Und als sich die Ampel entschloss, dem US-Halbleiterriesen Intel für sein Magdeburger Werk noch einen Schluck mehr an Subventionen zu gönnen, wurde das als Transformationsausgabe deklariert und ein Posten von drei Milliarden Euro im KTF eingerichtet. Plus etwa vier Milliarden für die weitere Förderung von Mikroelektronik.

„Die Halbleiterproduktion hat eine hohe Relevanz für klimaneutrale Technologien und ist damit für eine erfolgreiche Transformation der deutschen Wirtschaft hin zur Klimaneutralität von großer Bedeutung“, heißt es im Etatentwurf 2024 zur Begründung. In jedem Fall macht das in den Einzeletats, vor allem im Wirtschaftsministerium, Mittel frei für andere Zwecke.

Förderung für Heizungsumbau

Auch die Förderung für neue Heizungen in privaten Häusern, unlängst mit dem Gebäudeenergiegesetz beschlossen, soll über den KTF laufen. Von zehn Milliarden Euro ist zum Auftakt die Rede. Hier allerdings knüpft die Ampel an bisherigen Maßnahmen mit derselben Stoßrichtung an: die energetische Gebäudesanierung vor allem und die Verbesserung der Energieeffizienz.

Weitere Schwerpunkte sind der Ausbau der E-Mobilität samt Ladeinfrastruktur, der Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft und die Förderung erneuerbarer Energien. Entsprechend groß ist die Programmvielfalt im KTF mittlerweile. Bisher aber wurde mehr gekleckert als geklotzt.

Dabei ist der Nebenhaushalt nicht nur ein Vehikel, das mit sehr viel Geld und sehr vielen Fördermaßnahmen ausgestattet ist. Es steckte von Beginn an auch viel Luft in dem großen Beutel. Bei mehreren Programmen war die Nachfrage nämlich oft geringer als das Angebot. Mittel flossen daher nicht ab, sondern quasi in die Rücklage, die weitgehend aus Kreditermächtigungen besteht. Dass Habeck unlängst andeutete, es gebe Mittel für die Heizungsförderung via KTF, hängt damit zusammen.

Kaufprämie oder Infrastruktur?

Wie effizient diese Programme sind, ist umstritten. Beispiel E-Autos: Die über EKF und KTF finanzierte Kaufprämie für E-Autos war eher ein Mitnahmeeffekt beim Erwerb teurer Wagen als eine Anschubfinanzierung für eine E-Wende am Automarkt. Die parallele Förderung der Ladeinfrastruktur hatte nicht den Effekt, ein dichteres Netz auf den Weg zu bringen. Sie wird nun erhöht, die Kaufprämie dagegen läuft aus – eine Reaktion auf eine verfehlte Förderpolitik in den vergangenen Jahren.

Finanziert wird der KTF zu einem Teil über laufende Einnahmen aus der CO₂-Bepreisung (Soll 2023: 8,6 Milliarden Euro) und Erlösen aus dem EU-Emissionshandel (7,3 Milliarden). Aber der Großteil des KTF-Volumens stammt weiterhin aus der 60-Milliarden-Transaktion. Gegen die hat die Unionsfraktion im Bundestag vor dem Bundesverfassungsgericht Klage eingereicht. Die mündliche Verhandlung war im Juni, eine Entscheidung dürfte im Herbst fallen.

Sollten die Richter das Vorgehen der Ampel als verfassungswidrig einstufen, hätte die Koalition ein massives Geldproblem im KTF. Nach dem Wirtschaftsplan 2023 ist nur knapp die Hälfte der Ausgaben durch Einnahmen aus dem Emissionshandel und dem CO₂-Preis gedeckt.

Entscheidung aus Karlsruhe

Sollten die Richter gnädig sein, könnte es auch auf eine Entscheidung hinauslaufen, die dem KTF strikte Beschränkungen auferlegt. Ähnlich wie das Sondervermögen Bundeswehr und der Wirtschaftsstabilisierungsfonds, aus dem die Energiepreisbremsen finanziert werden, müsste die Ampel dann auch den KTF gesetzlich weniger flexibel ausgestalten.

Um dem KTF mehr finanziellen Spielraum zu verschaffen, plant die Ampel, den CO₂-Preis ab dem nächsten Jahr wieder zu erhöhen. Wie hoch der Preis dann aber tatsächlich ausfällt, hat sie noch nicht entschieden. Dies sei „Gegenstand von Beratungen“, heißt es im Bundesfinanzministerium.

Die Regierung hatte wegen der hohen Energiepreise die eigentlich vorgesehene Erhöhung des CO₂-Preises im nationalen Emissionshandel ausgesetzt. Ginge sie auf den ursprünglichen Preispfad zurück, würde der Preis ab 2024 bei 45 Euro pro Tonne liegen. Das würde Mehreinnahmen in Höhe von rund 12 Milliarden Euro in den KTF spülen. Bei 35 Euro lägen die Mehreinnahmen rund 2,6 Milliarden Euro niedriger.

Nach Ansicht des Klimaökonomen Matthias Kalkuhl vom Berliner MCC-Klimainstitut läuft die Koalition derzeit finanz- wie klimapolitisch in eine falsche Richtung. Der CO₂-Preis sei zu niedrig und entfalte zu wenig Lenkungswirkung, gleichzeitig habe die Ampel zahlreiche Förderprogramme ins Leben gerufen. Zu deren Finanzierung reichen laut Kalkuhl „die Einnahmen aus dem KTF aber hinten und vorne nicht aus“.

Die Politik müsse eine grundsätzlich andere Richtung einschlagen, fordert der Ökonom: höherer CO₂-Preis, weniger Förderprogramme. „Das wäre unterm Strich günstiger und die Klimawirkung wäre höher“, so Kalkuhls Einschätzung.

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