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Am Donnerstag treffen Björn Höcke (l.) und Mario Voigt im TV aufeinander.

© Montage: Tagesspiegel | imago images (2)

Klug oder fahrlässig?: Warum CDU-Mann Voigt ins TV-Duell mit Björn Höcke geht

Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mario Voigt und AfD-Landeschef Björn Höcke treten am Donnerstag im Fernsehen gegeneinander an. Mancher sieht in dem Rede-Duell ein immenses Risiko für die CDU. 

Es wird ein Fernsehduell der etwas anderen Art, eine Premiere, wenn am Donnerstagabend Thüringens CDU-Fraktionsvorsitzender Mario Voigt und AfD-Landeschef Björn Höcke im Studio von „Welt TV“ Platz nehmen werden. Die direkte Auseinandersetzung zwischen dem Spitzenkandidaten einer demokratischen Partei und dem der AfD, die in Thüringen gesichert rechtsextrem ist – das hat es so oder so ähnlich noch nie gegeben.

Sollte der rhetorische geschickte Rechtsextremist Höcke dabei am Ende als Sieger vom Platz gehen? Mancher sieht diese Gefahr für die CDU. Vertreter der SPD etwa sind entsetzt, dass die CDU sich auf das Duell einlässt. Wie blicken Wissenschaftler und andere Politiker auf das Duell? Ein Überblick.

TV-Duell mit Höcke: Was ist geplant?

In Thüringen wird am 1. September der Landtag neu gewählt. Am Donnerstagabend, zur besten Sendezeit, will „Welt TV“ das Duell senden. Voigt kündigt immer wieder an, er wolle die negativen Folgen herausstellen, die ein möglicher Wahlsieg der AfD für Thüringen haben würde.

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Der CDU-Mann verweist gern darauf, dass Thüringens AfD den Austritt Deutschlands aus der Europäischen Union befürwortet – wohl wissend, dass Thüringen einen solchen Schritt nicht herbeiführen kann. Voigt also will darstellen, was ein „Dexit“ für negative Folgen für Thüringen hätte.

Voigt will Höcke schlagen, seine eigene Bekanntheit und Beliebtheit ausbauen. Die CDU, muss man wissen, sitzt seit 2014 in Thüringen in der Opposition, neben der AfD. Von 1990 bis 2014 hatte sie den Regierungschef gestellt, an diese Zeit will Voigt anknüpfen, Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und dessen Minderheitsregierung ablösen.

Mehrfach nahm Voigt an anderen Fernsehformaten wie „hart aber fair“ im ZDF teil, um sich für den Schlagabtausch mit Höcke zu wappnen.

Wissenschaftler: Duell könnte Ansehen der AfD nutzen

Der Politikwissenschaftler Jürgen Maier von der Technischen Universität Kaiserslautern-Landau, der sich in zahlreichen Publikationen mit der Wirkung von TV-Duellen beschäftigt hat, erwartet einen offensiven Mario Voigt. „Wer die Absicht hat, seinen Gegner zu stellen, so wie angekündigt, muss zwangsläufig angreifen“, sagte Maier dem Tagesspiegel.

Der Angriff sei jedoch das Instrument des Herausforderers, damit würde Höcke gegenüber Voigt als der Staatsmann wirken. Das sei für die CDU eine ungünstige Ausgangslage.

Die Qualität der Debatte hinge stark von der Leistung des Moderatorenteams ab. „Im besten Fall lernen Zuschauer etwas über Politik“, sagt Maier. Aber er sieht die Gefahr, dass alle Beteiligten Sympathiegewinne verzeichneten. Das lege die Forschung nahe. „Das Ansehen der Politiker steigt nicht nur im eigenen Lager, sondern auch bei unentschlossenen Wählern“, sagt Maier. Also: Mehr Zuspruch für die AfD.

Hier könnte ein erheblicher Imageschaden für Voigt und die CDU entstehen.

Jürgen Maier, Politikwissenschaftler

Mit dem Format werden die AfD in den Kreis der System-unterstützenden Parteien aufgenommen werde, sagt Maier: „Je nachdem, wie das Duell verläuft, könnte hier ein erheblicher Imageschaden für Voigt und die CDU entstehen. Es war ein Fehler, sich darauf einzulassen“. Er rät dem CDU-Mann, immer wieder auf die vom Verfassungsschutz festgestellte Haltung Höckes und der AfD zur Demokratie hinzuweisen.

Christoph Heubner, Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees, wirft den Teilnehmern des TV-Duells Geschichtsvergessenheit vor.

© AFP

Christoph Heubner stößt sich an einem anderen Aspekt der Veranstaltung. Der geschäftsführende Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees kritisiert: „Der Auftritt findet am 11. April statt, dem Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Buchenwald. Für Überlebende ist dieses Spektakel ein Missbrauch dieses Gedenktages.“

Mit der Terminwahl habe man Betroffene verletzt, sagt Heubner. Er wirft allen Beteiligten „Geschichts- und Gedankenlosigkeit“ vor. Zudem befürchtet Heubner, dass Höcke sich vor dem Fernsehpublikum „genüsslich über die Naivität der Altparteien und die Naivität der ‚Lügenpresse‘ mokieren wird“.

Thüringer SPD zieht TV-Duell ins Lächerliche

Der Thüringer SPD-Vorsitzende Georg Maier lehnt das Duell generell ab, kritisiert Voigt dafür, dass er mit Höcke im Fernsehen diskutieren will. „Mit Nazis redet man nicht“, sagte der thüringische Innenminister.

Er habe Voigt nahegelegt, das Duell abzusagen, „aber sein Drang nach Popularität lässt bei ihm jeglichen Anstand über Bord gehen.“ Seine Partei versucht, Stimmung gegen die Sendung zu machen. „Guck lieber ,Wolf of Wallstreet’ statt Wolf im Schafspelz“, heißt es in einer Kampagne der Thüringer SPD.

Innerhalb der CDU ist Voigts Entscheidung für den TV-Auftritt umstritten. Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), sagte, er würde der AfD „keine Plattform geben wollen, abseits von dem, was ihr parlamentarisch zusteht“.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Thorsten Frei, hält seinen Parteikollegen Voigt für „mutig“, wie er dem Tagesspiegel sagte: „Wir haben es in den letzten Jahren mit Nicht-Beachtung der AfD versucht. Die Strategie war nicht erfolgreich.“

Vielmehr habe die AfD ihre Wahlergebnisse vielerorts sogar verdoppelt. Die Gefahr, „Höckes abstrusen Ideen“ ein Podium zu geben, müsse man in Kauf nehmen, so Frei. Die Rechten hätten längst ihren eigenen Resonanzraum in den Sozialen Medien geschaffen.

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