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Sahra Wagenknecht.

© Martin Schutt/dpa-Zentralbild/dpa

Kundgebung von Wagenknecht und Schwarzer: „Die Demonstration dürfte regen Zulauf von Rechtsextremen bekommen“

Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und Frauenrechtlerin Alice Schwarzer mobilisieren am Brandenburger Tor zu einem „Aufstand für den Frieden“. Die Demo könnte auch Rechtsextreme anlocken.

| Update:

Jürgen Elsässer träumt schon lange vom großen Zusammenschluss von ganz rechts und ganz links.

Vor einer Woche stand der Chefredakteur des extrem rechten „Compact“-Magazins bei einer Demo während der Münchner Sicherheitskonferenz auf der Bühne und rief: „Einen Finger kann man brechen. Aber fünf Finger sind eine Faust. Wir brauchen die Querfront für den Frieden.“ Neben Linken und Rechten denkt er dabei an das Milieu der Querdenker-Bewegung.

An diesem Samstag bietet sich nun für viele Rechte eine willkommene Gelegenheit. Die bekannte Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer mobilisieren am Brandenburger Tor in Berlin zu einem „Aufstand für den Frieden“.

Die Veranstaltung hat im Vorfeld für Aufregung gesorgt, weil sich Wagenknecht nicht klar von rechts außen abgrenzt.

Auf unserer Kundgebung ist jeder willkommen, der ehrlichen Herzens für Frieden und für Verhandlungen demonstrieren möchte.

Sahra Wagenknecht

Wagenknecht sagt zwar, rechtsextreme Flaggen und Symbole seien nicht geduldet. Sie sagt aber auch: „Auf unserer Kundgebung ist jeder willkommen, der ehrlichen Herzens für Frieden und für Verhandlungen demonstrieren möchte.“

Ihr Ehemann Oskar Lafontaine antwortete auf die Frage, ob auch AfD-Politiker an der Demonstration teilnehmen könnten, es gebe keine „Gesinnungsprüfung“.

Wagenknecht und Schwarzer hatten ein „Manifest für den Frieden“ verfasst, das mittlerweile mehr als 600.000 Menschen unterschrieben haben. Darin warnen sie vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs und fordern Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, Waffenlieferungen zu stoppen. Auch AfD-Chef Tino Chrupalla hatte unterschrieben.

AfD-Spitze will nicht zur Demo kommen

Nun stellt sich die Frage: Wer schließt sich der Demonstration an diesem Samstag an? Entsteht hier eine Querfront?

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Die AfD-Spitze hat mittlerweile klargestellt, dass sie nicht vor Ort sein wird. Doch es wird damit gerechnet, dass zahlreiche AfD-Funktionäre und bekannte Figuren der extremen Rechten bei der Kundgebung auflaufen werden. Sie wollen die Veranstaltung für sich kapern.

Der Protestforscher Alexander Leistner von der Uni Leipzig beobachtet die Entwicklung aufmerksam. Auch er sagt: Akteure wie Elsässer versuchten schon länger, eine Querfront zu bilden. Elsässer hatte kürzlich Wagenknecht auf dem Cover seines Magazins gezeigt mit der Schlagzeile „Die beste Kanzlerin – Eine Kandidatin für Links und Rechts“.

„Schon im Herbst bei den Energieprotesten suggerierten Teile der extremen Rechten, man rufe gemeinsam mit der Linken den Wutwinter aus“, sagt Leistner. „Damals war das aber noch das Muster: die Querfront als asymmetrische Fantasie der extremen Rechten.“

Die Gefahr ist, dass sich ein Prozess verstärkt, der schon länger zu sehen ist: eine Normalisierung von extrem rechten Akteuren, die Anschluss suchen zu anderen politischen Milieus.

Protestforscher Alexander Leistner

Es habe eine klare Grenzziehung von links gegeben. Das habe sich in der Kommunikation zu dem „Aufstand für den Frieden“, organisiert von Schwarzer und Wagenknecht, deutlich geändert.

Leistner hält das für problematisch. „Die Gefahr ist, dass sich ein Prozess verstärkt, der schon länger zu sehen ist: eine Normalisierung von extrem rechten Akteuren, die Anschluss suchen zu anderen politischen Milieus.“

Prominente Unterstützer distanzieren sich von Demo in Berlin

Es sei bitter, dass Schwarzer und Wagenknecht ohne Not darauf verzichteten, eine klare Grenze zu ziehen. „Die Demonstration dürfte regen Zulauf von Rechtsextremen bekommen.“

Mittlerweile haben sich mehrere prominente Unterstützer von der Demonstration distanziert, darunter die Theologin Margot Käßmann.

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Der Linken-Parteivorstand entschied sich, nicht zur Teilnahme an der Kundgebung aufzurufen, obwohl aus Wagenknechts Lager eine entsprechende Forderung gekommen war. Grund ist die fehlende Abgrenzung nach rechts. Andererseits riet der Vorstand den Parteimitgliedern auch nicht direkt vom Besuch der Demonstration ab.

Ultralinke Gruppierungen, die sich als innerparteiliche Opposition gegen die Linie des Parteivorstands verstehen, warben in einem Aufruf für eine Teilnahme an der von Wagenknecht und Schwarzer organisierten Aktion.

Den Kritikern der Demonstration warfen sie vor, sie versuchten, ein breit unterstütztes Friedensmanifest „mit dem Vorwurf der Nähe zu Faschisten zu diskreditieren“.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sagte am Freitagabend im ARD-„Brennpunkt“, dass Wagenknecht und ihre Unterstützer eine „Irreführung der Bevölkerung“ betrieben.

Zwar sei es nachvollziehbar, dass man sich Frieden wünsche. Die Politikerin wolle jedoch etwas als Frieden verkaufen, was „ein Diktator, ein imperialistischer Diktator, Europa aufzwingt“.

Ob die von rechts außen erträumte Querfront nun Wirklichkeit wird, muss sich zeigen. Das aktuell auf beiden Seiten verstärkt beobachtbare antiamerikanische Ressentiment liefere zumindest eine ideologische Gemeinsamkeit, meint Andrej Steinberg von der Amadeu-Antonio-Stiftung. Lafontaine veröffentlichte in diesen Tagen gerade ein Buch mit dem Titel „Ami, it’s time to go“.

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