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Anton Hofreiter, Bundestagsabgeordneter von Bündnis 90/Die Grünen, spricht bei der Sitzung des Bundestags (Archivbild vom 20.10.2022).

© dpa/Kay Nietfeld

Update

Nach Blockade im US-Senat: SPD und Grüne wollen Schuldenbremse für Ukraine-Hilfe aussetzen

Der Ukraine droht nach der republikanischen Blockade im US-Senat das Geld zur Verteidigung auszugehen. Die Ampel streitet deshalb wieder einmal über die Schuldenbremse.

| Update:

SPD und Grüne drängen nach der Blockade eines Milliarden-Pakets für die Ukraine durch die Republikaner im US-Senat auf eine Aussetzung der Schuldenbremse.

„Deutschland und die europäischen Länder müssen jetzt dafür sorgen, dass die Ukraine die nötigen Mittel und Waffen erhält, um den russischen Angriffskrieg abzuwehren“, sagte Grünen-Politiker Anton Hofreiter dem Tagesspiegel.

Der Vorsitzende des Europaauschusses im Bundestag machte deutlich, dass dies im höchsten Interesse der europäischen Friedensordnung sei. Für die europäischen Staaten sei dies stemmbar, wenn sie es nur wollten, sagte Hofreiter: „Angesichts der wachsenden Aggression Russlands und des Rückzugs der USA wird das am Ende bedeuten, dass wir die Schuldenbremse aussetzen werden. Daran kann kein Weg vorbeiführen“, sagte Hofreiter weiter.

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Unterstützung erhält Hofreiter von seiner Parteifreundin Deborah Düring: „Sicherheit gibt es nicht zum Nulltarif“, sagte die außenpolitische Sprecherin der Fraktion dem Tagesspiegel. Die Ukraine verdiene uneingeschränkte Unterstützung. „Deswegen sollten wir die Schuldenbremse aussetzen, denn sie birgt ein Sicherheitsrisiko“, sagte Düring und warnte davor, dass die Stategie von Russlands Präsident Wladimir Putin aufgehe, wenn die Untersützung für die Ukraine nachlasse.

Unterstützung für die Forderung der Grünen kommt aus der SPD. „Wir brauchen jetzt einen raschen Kurswechsel“, sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, dem Tagesspiegel. Er schlägt in Anlehnung an den Corona-Wiederaufbau-Fonds einen neuen EU-Fonds vor, „der die Ukraine anhaltend militärisch unterstützt und den Wiederaufbau finanziert“. „In dieser existenziellen Bedrohung wäre die abermalige Schuldenaufnahme der EU gerechtfertigt“, sagte der SPD-Politiker.

Alternativ hält Roth eine Kompensation der US-Hilfen durch eine europäische Allianz unter Führung Deutschlands aus nationalen Mitteln für möglich. „Das wird sehr viel zusätzliches Geld kosten. Aber das muss es uns wert sein“, sagte er dem Tagesspiegel. „Mit der strikten Einhaltung der deutschen Schuldenbremse ist das nicht zu vereinbaren“, so Roth.

US-Republikaner blockieren Ukrainehilfen seit Monaten

Die oppositionellen US-Republikaner blockieren schon seit Monaten eine Freigabe weiterer Milliardenhilfen für die Ukraine. Am Mittwoch scheiterte im Senat ein Gesetzespaket, das rund 60 Milliarden Dollar (56 Milliarden Euro) an neuen Hilfen für Kiew umfasste, obwohl sich die Demokraten auf einen Kompromiss in der Migrationspolitik einlassen wollten.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte nach seinem Besuch bei US-Präsident Joe Biden in Washington am Freitag erneut an den Kongress appelliert, neue Hilfen für die Ukraine zu beschließen und vor massiven Folgen gewarnt, sollte die US-Hilfe für die Ukraine versiegen.

Eigentlich hatten sich die Ampel-Spitzen bei ihren Haushaltsverhandlungen im Dezember darauf verständigt, die Schuldenbremse auszusetzen, wenn sich die Situation in der Ukraine grundlegend verändert. Nach wochenlangen Verhandlungen mit Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Scholz eine erneute Aussetzung in Aussicht gestellt.

Angesichts der dramatischen Sicherheitslage, muss man im Rahmen des Haushalts eben Prioritäten setzen.

FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann will nicht an der Schuldenbremse rütteln.

„Sollte sich die Situation durch Russlands Krieg gegen die Ukraine verschärfen, etwa weil die Lage an der Front sich verschlechtert, weil andere Unterstützer ihre Ukraine-Hilfe zurückfahren oder weil die Bedrohung für Deutschland und Europa weiter zunimmt, werden wir darauf reagieren müssen“, sagte Scholz damals und verwies darauf, man wolle dann dem Bundestag den sogennannten Überschreitensbeschluss vorschlagen, um erneut die Notlage für ein Aussetzen der Schuldenbremse zu erklären.

CDU hält Erhöhung des Sondervermögens für denkbar

Doch in der FDP sieht man den Punkt offensichtlich nicht gekommen: „Warum sollten wir das tun? Angesichts der dramatischen Sicherheitslage muss man im Rahmen des Haushalts eben Prioritäten setzen“, sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), dem Tagesspiegel.

Die Spitzenkandidaten der Liberalen bei der Europawahl machte aber deutlich, dass sie eine Unterstützung der Ukraine für absolut notwendig halte. „Die Sicherheit zu gewährleisten, ist die Nummer eins. Ohne Sicherheit ist nämlich alles andere nichts.“

Auch der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter, der gerade in der Ukraine war, hält wenig von einem Aussetzen der Schuldenbremse. „Es ist verwunderlich und zeigt nicht von strategischer Weitsicht, dass die Ampel erst jetzt Überlegungen anstellt, wie haushälterisch auf die kriegerische Lage in Europa eingegangen wird“, sagte er dem Tagesspiegel.

Kiesewetter zeigte sich jedoch offen dafür, das Sondervermögen für die Bundeswehr zu erhöhen, dafür müsste aber die Zweckbindung für Sicherheit und Verteidigung sichergestellt sein. „Ferner braucht Deutschland eine Umpriorisierung auch bei kluger strategischer Kommunikation gegenüber der Bevölkerung, indem endlich reiner Wein eingeschenkt wird. Auch Deutschland ist Kriegsziel und wir sind bereits angegriffen. Dementsprechend sollten wir auch den Bundeshaushalt ausrichten“, sagte Kiesewetter und warb für Umpriorisierungen im Haushalt.

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