zum Hauptinhalt
Boris Palmer (Grüne), Oberbürgermeister der Stadt Tübingen (Archivbild)

© dpa/Sebastian Gollnow

„Oder es drohen Leistungsstreichungen“: Palmer ruft Scholz zu Kurswechsel in der Migrationspolitik auf

Der Grünen-Politiker verlangt in einem Brief an den Kanzler, weniger Geflüchtete in die Kommunen zu schicken. Gleichzeitig solle das Angebot zur Integration ausgebaut werden.

Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer hat einen Appell an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) gerichtet. „Entweder gelingt es, die Migration zu strukturieren und zu steuern und somit die Zugangszahlen an Geflüchteten in den Kommunen wieder deutlich zu reduzieren, oder es drohen Leistungsstreichungen“, heißt es in dem Brief, der der „Süddeutschen Zeitung“ vorliegt.

Gemeinsam mit Mitunterzeichner Jens Marco Scherf, Landrat im bayerischen Miltenberg, mahnt Palmer eine Korrektur der bisherigen Migrationspolitik der Bundesregierung an – reguläre Migration müsse reduziert werden. Ein ähnlicher Aufruf der neu formierten Gruppe „Vert Realo“ Mitte Februar war weitestgehend verhallt.

Der umstrittene Grünen-Politiker Palmer und und sein Parteikollege Scherf sehen dem Schreiben zufolge vor allem drohende Engpässe bei der Unterbringung von Flüchtlingen. In Tübingen seien von 1500 geförderten Wohnungen derzeit 450 an Geflüchtete vermietet.

„Die vorrangige Unterbringung der Geflüchteten hat damit bereits eine kritische Größe erreicht, die zu spürbaren Verdrängungseffekten besonders in unteren Einkommensgruppen führt“, zitiert die „SZ“ aus dem Schreiben.

Palmer und Scherf, der ebenfalls als Kritiker des Grünen-Kurses in der Migrationspolitik gilt, schlagen deshalb vor, den Zugang von Geflüchteten zum Arbeitsmarkt zu beschleunigen. Die Rechnung ist einfach: Migranten mit einem Einkommen könnten geförderte Wohnungen schneller wieder freigeben.

Mehr Plätze in Intergrations- und Sprachkursen

Geflüchtete, die allerdings nicht schutzbedürftig seien, sollten erst gar nicht auf die Kommunen verteilt werden. Sie sollen „in den Aufnahmeeinrichtungen des Bundes und der Länder verbleiben“, zitiert die „SZ“ aus dem Brief. Zudem sollte diese Personengruppe „nur Sachleistungen beziehen dürfen“.

Um die Integration zu fördern, schlagen Palmer und Scherf vor, eine „ausreichende Zahl von Plätzen“ in Integrations- und Sprachkursen anzubieten. Mehrmonatige Wartezeiten nennen sie in ihrem Appell an Bundeskanzler Scholz „unverantwortlich“.

Der gesetzliche Anspruch auf Kitaplätze für Kinder von Geflüchteten soll zudem für maximal ein Jahr ausgesetzt werden. Für die Kinder sollen stattdessen Spielgruppen angeboten werden. Alle Geflüchteten im Alter zwischen 18 und 23 Jahren sollen Berufsintegrationsklassen besuchen. Schulen sollen Vorbereitungsklassen anbieten.

Palmer und Scherf sehen den Bund und die Länder in der Verantwortung, die Kosten für die Maßnahmen zu tragen. Sie müssten den Kommunen die Ausgaben ein zu eins erstatten. Nur so könne verhindert werden, dass es zu „sozialen Verwerfungen“ komme. (Tsp)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false