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Neulich im Bundestag: Friedrich Merz hat in der Fraktion auch viele derjenigen von sich überzeugt, die gerne jemand anderen im CDU-Chefsessel gesehen hätten - auch Jens Spahn.

© IMAGO/dts Nachrichtenagentur/IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Spahn sieht CDU-Chef als Kanzlerkandidat : Friedrich Merz hat Oberwasser, sich aber noch nicht freigeschwommen

Ausgerechnet der frühere Widersacher Jens Spahn stärkt Friedrich Merz auf dem Weg zur Unionskanzlerkandidatur den Rücken. Entschieden ist das Rennen damit aber noch lange nicht.

Ein Kommentar von Christopher Ziedler

Eigentlich hat Jens Spahn nur an ein ungeschriebenes Unionsgesetz erinnert: Wagt sich niemand aus der Deckung und fordert Friedrich Merz heraus, hat der „CDU-Chef das erste Zugriffsrecht“ auf die Kanzlerkandidatur. Der frühere Gesundheitsminister ist auch nicht der erste Christdemokrat, der die Union mit Merz „auf einem sehr guten Weg“ sieht. Der loyale Parlamentsgeschäftsführer Thorsten Frei sprach sich bereits für seinen Unionsfraktionschef aus.

Freilich steckt eine Menge mehr hinter Spahns Manöver - nicht nur, dass er als einer der Stellvertreter von Merz in Fraktion und Partei auf dessen Ticket die besten Chancen hat, wieder die vermisste Regierungsverantwortung zu tragen.

Dass ausgerechnet Spahn, 2018 und 2020 noch Widersacher von Merz im Kampf um den Parteivorsitz, ihm nun so zur Seite springt, zeigt auch: Dem Politikrückkehrer aus dem Sauerland ist mit einem kooperativen Führungsstil gerade in der Bundestagsfraktion gelungen, auch eine Reihe von Akteuren einzubinden, die ihn ursprünglich nicht unterstützt haben.

Die Gunst der Stunde?

Sie versuchen die Gunst der Stunde zu nutzen. Merz hat erfolgreich das Deutschland-Pakt-Angebot von SPD-Kanzler Olaf Scholz so umgedeutet, dass er nun mit Merz über Maßnahmen zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen verhandeln will. Die Union steht nach den jüngsten Landtagswahlen in Umfragen so gut da wie lange nicht mehr.

In Bayern wurde der potenzielle CSU-Rivale Markus Söder zurechtgestutzt. Und obwohl in Hessen mit Boris Rhein ein CDU-Mann mit einer bewusst anderen Tonlage als Merz triumphierte, hatte der den Laden so im Griff, dass erst gar keine Führungsdebatte losbrach.

Das Grummeln ist nicht weg

Verschwunden sind das Grummeln und das ungute Gefühl aber nicht - auch wenn das längst nicht mehr so offen gesagt wird wie nach seinem Sommerinterview zur kommunalen Zusammenarbeit mit der AfD. Hinter vorgehaltener Hand regen sich immer noch viele auf über seine wenig staatsmännische Dünnhäutigkeit und verbale Unkontrolliertheit. Während die Bundestagsfraktion inzwischen mit gewissen Einschränkungen als seine Machtbasis gelten darf, sind die CDU-Landesfürsten noch lang nicht überzeugt.

Wie sie nach den Wahlen des kommenden Jahres die Lage bewerten, wird entscheidend dafür sein, ob Friedrich Merz für die Union in die nächste Bundestagswahl ziehen darf. Besonders kommt es dabei auf NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst an. Der CDU-Bundesvorsitzende hat gerade Oberwasser. Endgültig freigeschwommen hat er sich aber noch lange nicht.

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